„Ich glaube ich werden mich nur wilden Vergnügungen hingeben“, meinte ich nachdenklich, woraufhin Tchai in tiefes Gelächter ausbrach.
„Das glaube ich dir sofort. Vielleicht triffst du im Turm der Drachen ja mal einen netten Verehrer.“
„Tchai ich freue mich nicht wirklich auf diese Reise. Es wird alles anders werden und das Einzige was ich weiß ist, das ich Saii-ron beschützen muss.“
Eine Zeit lang verfolgte jeder von uns seine eigenen Gedanken. Ich wusste das es Tchai, auch wenn er es nicht so offen zeigte, ebenfalls schwerfiel von hier weg zu gehen. Wir hatten uns an unser Leben so, wie es war gewöhnt. Ich war nie blauäugig der Zukunft gegenüber gestanden und irgendwann wäre der Moment so oder so gekommen das ich mein Amt hätte antreten müssen.
Aber musste es doch so schnell sein?
„Kennst du Dawn und Jasahra?“, fragte ich schließlich leise.
Nach Shinn musste ich ihn nicht fragen, denn es war offensichtlich, das die beiden sich zuvor schon über den Weg gelaufen waren.
Ich lehnte mich an Tchais Schulter und wartete auf seine Antwort.
„Ich kenne die Beiden nicht persönlich. Krischan hat mir einmal von Dawn erzählt. Er ist dem Kristallrat ergeben und handelt stets in dessen Auftrag. Von Jasahra kann ich dir nichts erzählen. Ich kann bei beiden keine genauen Absichten erkennen, was vielleicht an den Ringen liegen könnte die meine Sinne täuschen. Wir müssen uns auf Krischans Wort verlassen. Er kennt die Leute vom Turm der Drachen besser als ich.“
Tchai hatte Recht, ich musste auf Krischan vertrauen der wusste, was das Beste war. Meine Neugier ließ mir keine Ruhe. Immer wieder musste ich an Shinns und Tchais Begegnung denken und die Frage brannte mir auf der Zunge und ließ sich nicht zurückhalten.
„Und Shinn?“, fragte ich schließlich und warf ihm einen kurzen Seitenblick zu.
Ich merkte, wie sich Tchais Muskeln anspannten und er zu einer Erklärung ansetzte.
„Er ist ein Magier der höchsten Kaste. Ich habe ihn schon sehr lange nicht mehr gesehen. Einen Tag bevor ich verbannt wurde haben sich unsere Wege das letzte Mal gekreuzt. Warum er mit den Leuten des Turms der Drachen reist, kann ich dir nicht sagen. Vielleicht ist er der Abgesandte des Magiers aus dem Kristallrat.“
Tchais Antwort stellte mich nicht ganz zufrieden. Es musste noch mehr zwischen den Beiden geben. Dafür war die Spannung zwischen ihnen viel zu greifbar.
„In welcher Verbindung standet ihr denn genau zueinander?“
„Layra es ist egal, in welcher Verbindung wir standen. Es ist schon viel zu lange her um es überhaupt zu erwähnen. Er ist ein alter Freund! Manchmal mehr und manchmal weniger“, knirschte Tchai durch zusammen gebissene Zähne.
„Nach all der Zeit sehen wir uns jetzt wieder und du bezeichnest mich als Freund? Ich würde unsere Verbindung zueinander enger sehen! Sehr viel enger!“, entgegnete Shinn, der mit verschränkten Armen genau vor uns stand.
Tchai schoss in die Höhe und auch ich erhob mich schnell.
„Shinn du verdammter …! Nimm diesen verfluchten Ring ab oder ich werde es tun. Mit deinem Finger daran!“, fauchte Tchai drohend und baute sich vor ihm auf.
Der silberne Drachensmaragdring an Shinns linker Hand leuchtete hell im Mondlicht. Shinn lächelte ihn provozierend an, während die Luft um Tchai sich zusammenzuballen schien. Er würde sich doch nicht ausgerechnet jetzt in einen Drachen verwandeln!
„Nimm ihn dir ruhig Tchai. Von mir aus auch meinen Finger. Die anderen beiden Ringe sind mir wichtiger, wie du bestimmt weist!“
Tchai tat einen weiteren wütenden Schritt auf Shinn zu, bis sich fast ihre Nasenspitzen berührten. Eines musste ich dem Magier lassen, er wusste, wie man Tchai reizen konnte.
Ich ergriff entschlossen Tchais Arm und zog ihn etwas zu mir zurück.
„Egal was ihr zwei miteinander zu klären habt. Bitte tut es nicht jetzt und nicht hier.“
Shinn zog eine Augenbraue in die Höhe und verbeugte sich leicht vor mir.
„Wie ihr wünscht Hohepriesterin. Ich wollte euch nur holen kommen, denn Krischan und die Anderen verlangen nach eurer Anwesenheit“, entgegnete er schmeichelnd.
Ich sah Tchai fragend an, doch er zuckte nur mit den Schultern und schüttelte leicht den Kopf. Für das Erste hatte ich die Beiden daran hindern können sich gegenseitig umzubringen. Ich bezweifelte jedoch, dass ich immer rechtzeitig da sein würde um den unausweichlichen Streit der Zwei zu schlichten.
Tchai ergriff meine Hand und gemeinsam gingen wir wieder zurück ins Innere der Hütte.
Krischan und Dawn unterhielten sich wie zwei alte Freunde, während Jasahra auf ihren Stuhl hockte und sichtlich gelangweilt ihren Becher zwischen den Händen drehte. Die Weinkaraffe war bis auf einen kleinen Rest geleert. Ich nahm sie mir und verschwand in die Küche, um sie erneut zu füllen.
„Wie es aussieht, ist sie etwas schüchtern.“
Die Worte drangen gedämpft zu mir und ich merkte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Dawn hatte Unrecht. Ich war nicht schüchtern, ich war nur nicht daran gewohnt Fremde bei uns zu haben.
Mit gefüllter Karaffe und vorgetäuschten Lächeln kehrte ich wieder an den Tisch zurück. Mir war bewusst, dass alle Augen auf mich gerichtet waren und ich stelle den Weinkrug vielleicht mit etwas zu viel Schwung auf den Tisch.
„Layra Liebes, Dawn und ich haben uns geeinigt das es das Beste ist, wenn du schon morgen mit ihnen aufbrichst. Es ist sehr wichtig, das Saii-ron zum Turm der Drachen gebracht wird. Nach Dawns Berichten wird die Reise nicht einfach werden und es ist sicherer die längere Route zum Turm der Drachen zu nehmen“, erklärte mir Krischan, als ich mich zu ihnen setzte.
Ich schrie innerlich auf. So schnell wollten sie schon wieder aufbrechen. Ich dachte, ich hätte noch etwas mehr Zeit, um mich darauf vorzubereiten.
„Ich werde mich, auf das verlassen was du für das Richtige hältst“, entgegnete ich tonlos und schenkte mir Wein nach.
Krischan merkte, das ich nicht begeistert darüber war morgen schon aufzubrechen, doch er schwieg. Jasahra gähnte ungeniert und trank ihren Becher in einem Zug aus.
„Nun wir sollten uns dann alle zur Ruhe begeben, denn der kommende Tag wird anstrengend werden. Vor allem, wenn man solch eine Reise nicht gewohnt ist“, meinte Dawn.
„Na endlich! Ich dachte schon, die Nacht endet, ohne etwas Vergnügen gehabt zu haben“, rief Tchai und stand schwungvoll auf.
Ich warf Tchai einen bösen Blick zu. Ihn schien es anscheinend nicht zu stören, das wir morgen unser Zuhause verließen.
„Prinzesschen wir sehen uns morgen und sei bis dahin brav“, er zwinkerte mir zu und ich streckte ihm die Zunge heraus.
Tchai konnte unmöglich sein. Der Blick mit dem Shinn ihn ansah, sprach Bände. Zorn und Unglauben wechselten sich auf Shinns Gesichtszügen ab und ich meinte auch eine Spur von Eifersucht darauf zu entdecken. Ich wettete, er wusste, das Tchai zu einer seiner Frauen aufbrach. Es war immerhin kein Geheimnis, das Drachenwandler ein sehr herumtriebiges Volk waren.
Shinn erhob sich mit verdrießlichem Gesichtsausdruck und verschwand ohne ein weiteres Wort in einem der angrenzenden Räume. Sein Verhalten war mehr als sonderbar.
Auf unserer gemeinsamen Reise konnte ich ihn vielleicht nach seiner und Tchais Vergangenheit fragen. Vielleicht war er gesprächiger als Tchai.
Tchai blickte ihm mit einem triumphierenden Lächeln hinterher.
„Musste das sein Tchai?“, fragte Krischan.
Tchai schnaubte genervt, klopfte Krischan auf die Schulter und hauchte mir einen Kuss auf die Wange.
„Wir sehen uns morgen“, verabschiedete er sich