Mord aus kühlem Grund. Achim Kaul. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Achim Kaul
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750231757
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sprechen. Zweifel schaute sie an.

      »Dafür braucht’s keine Tontechniker, Chef, da genügt ein tiefer Zug aus einem Heliumballon.«

      »Von Ballons hab ich vorerst genug«, sagte er. Sie dachten beide an ihren letzten Fall, bei dem das Opfer aus einem Heißluftballon gestürzt worden war.

      »Es war dieselbe Stimme, aber die Ausdrucksweise war etwas anders. Bei mir war von einem Toten die Rede.«

      »Wurden Sie auf Ihrer privaten Handynummer angerufen?« Zweifel nickte. »Genau wie bei mir. Bin gespannt, ob die Kollegen rausfinden, von wo die Voicemails kamen.«

      »Das werden sie sicher. Ich bezweifle nur, ob uns das weiterhilft, oder würden Sie dafür Ihr eigenes Handy benutzen?«

      »Stimmt allerdings. Die Sache fängt schon sehr mysteriös an. Da kennt sich jemand bestens in der Therme aus und hat sich außerdem über uns informiert. Wann wurden Sie angerufen?«

      »Etwa zwanzig vor elf.«

      »Mein Anruf kam kurz vor elf. Jetzt wissen Sie, warum ich meinen Urlaub verschiebe.«

      »Wir wurden beide hierhergelockt, Melzick. Es beunruhigt mich jedes Mal, wenn ich feststellen muss, wie leicht man manipuliert werden kann.«

      »Damit ergeben sich erstmal drei einfache Fragen nach dem ›wer‹: Wer hat uns angerufen? Wer hat die Panik ausgelöst? Wer ist der Tote?«

      »Und noch eine vierte: Wer ruft Dr. Kälberer an?« Melzick grinste.

      »Dienstgradmäßig Ihr Job, Chef. Aber wenn Sie unbedingt …«, sagte sie und hatte ihr Handy schon wieder in der Hand. Sie wusste, dass Ihr Chef und Dr. Kälberer seit langem eine gegenseitige Aversion hegten und pflegten. Zweifel hob abwehrend die Hand und wählte die Nummer des Polizeiarztes.

      »Jaaa?«, erklang es gleich darauf langgezogen aus seinem Handy. Der Pathologe meldete sich nie mit seinem Namen. Das war eine seiner enervierenden Angewohnheiten. Zweifel zwang sich zu einem sachlichen Ton.

      »Wie weit sind Sie, Dr. Kälberer?«

      »Ich bin in der Gerichtsmedizin.« Lange Pause, die der Kommissar zähneknirschend aushielt. »Der Tote übrigens auch«, säuselte Dr. Kälberer. Zweifel hätte am liebsten gefragt, ob die beiden gut miteinander auskämen, verklemmte sich aber im letzten Moment seine sarkastische Ader und schwieg. »Er wurde in einer Sauna entdeckt, nicht wahr? Sie werden über die Todesursache etwas überrascht sein, mein lieber Kommissar.« Dr. Kälberer liebte diese Titulierung. Zweifel hasste sie und noch viel mehr, wie Dr. Kälberer sie aussprach. Er war fest entschlossen, auch die nun folgende Pause schweigend zu überstehen. »Er ist ertränkt worden«, sagte Dr. Kälberer schließlich. Zweifel ließ sich seine Verblüffung nicht anmerken.

      »Und wo?«, fragte er stattdessen kurz angebunden.

      »Das Wasser in seinen Lungen konnte noch nicht analysiert werden«, kam die schnippische Antwort. »Außerdem wurde er chloroformiert. Die Hämatome im Nacken und Schulterbereich deuten darauf hin, dass er vor seinem Tod wieder zu sich kam.« Darauf spielte der Arzt einen weiteren Trumpf aus. »Wollen Sie wissen, wer es ist?«

      »Wie, Sie kennen ihn?«, rutschte es Zweifel heraus.

      »Nun ja, zu fünfzig Prozent würd’ ich mal behaupten«, kam es gedehnt.

      »Was soll das heißen, Kollege?« Zweifel wusste, dass der andere diese Bezeichnung als respektlose Herabsetzung ansah.

      »Es ist Moritz Kronberger«, sagte dieser schroff, »oder Florian Kronberger.«

      »Was denn nun? Können Sie sich nicht klarer ausdrücken?«

      »Ach, Sie kennen die Kronberger-Zwillinge nicht? Das ist schade, mein lieber Kommissar.« Zweifel schwieg verdutzt. Der Name kam ihm bekannt vor. Gerade als es ihm einfiel, hörte er Dr. Kälberer sagen: »Kronberger. Sie wissen schon. Der Industrielle. Dem die Therme gehört und noch so Einiges. Na ja – Sie werden ihn ja kennenlernen, wenn Sie ihm die Neuigkeit überbringen.« Damit legte er auf. Zweifel holte tief Luft und schaute Melzick an.

      »Ich glaube, wir haben ein Problem«, sagte er leise. Melzick wartete geduldig auf eine Erläuterung. Der Kommissar rieb sich heftig mit der linken Hand über seinen kahlen Schädel.

      »Chef …?«

      »Kommen Sie, wir müssen erst nochmal mit Schilling reden.« Er war schon zur Tür hinaus. Sie folgte ihm.

      »Vielleicht geht es mich ja nichts an, wo ich doch eigentlich im Urlaub bin, aber …«, versuchte sie es nochmal.

      »Ach ja – es ist einer von den Kronberger-Zwillingen.«

      »Mit dem Kronberger hat Schilling doch vorhin telefoniert.«

      »So ist es.«

      »Und die Todesursache?«

      »Er ist ertränkt worden.«

      »Na, da wird sein Vater aber nach Luft schnappen.« Sie eilten die Treppe hinauf, als Schilling ihnen entgegenkam.

      5. Kapitel

      Moritz Kronberger schlief. Im sicheren Gefühl, bisher keinen Fehler gemacht zu haben, und der Situation adäquat begegnet zu sein, wie sein Vater sich ausgedrückt haben würde, hatte ihn, nach vier Stunden konzentrierten Atmens, die Erschöpfung übermannt. Damit hatte man gerechnet. Die Klebebänder, mit denen er gefesselt war, wurden überprüft. Sie waren unversehrt. Er hatte keinerlei Versuche unternommen, sie loszuwerden. Atmung und Puls wiesen keine Besonderheiten auf. Man schnitt ihm den rechten Ärmel seines teuren Hemdes ganz oben ab und maß seinen Blutdruck. Auch der war im grünen Bereich. Der Gefangene war in einem guten Zustand. Sie waren zufrieden. Sein Zustand würde sich noch ändern. Wie geplant.

      Schilling blieb abrupt stehen, als er Zweifel und Melzick auf der Treppe sah.

      »Na endlich, Kommissar. Wollten Sie nicht die Innereien der Therme kennenlernen, wie Sie sich auszudrücken belieben?« Zweifel war mit zwei großen Schritten neben ihm.

      »Zunächst einmal interessiert mich der Kopf des Ganzen.«

      »Der steht vor Ihnen«, sagte Schilling und warf sich in die Brust.

      »Der Kommissar meint den ganz großen Kopf«, sagte Melzick. Schillings Stirn rötete sich.

      »Sie meinen Herrn Kronberger? Ich sagte Ihnen bereits, dass er gerade im …«

      »… Ausland weilt und vielleicht morgen hier ankommt, ich weiß«, unterbrach ihn Zweifel. »Kennen Sie seine Söhne?« Schilling blickte verwirrt zwischen beiden hin und her.

      »Seine Söhne? Nein, nein nicht persönlich, nur dem Namen nach.«

      »Gesehen haben Sie sie also noch nicht? Auch nicht auf Fotos oder Videos?«

      »Ist das denn so wichtig?« Zweifel nickte. »Von mir aus Herr Kommissar. Ich gestehe, ich weiß nicht wie die beiden aussehen. Genügt das?«

      »Das ist tatsächlich eine wichtige Aussage, Herr Schilling. Immerhin sind Sie einem der beiden heute schon begegnet. Beinahe jedenfalls.«

      »Sie sprechen in Rätseln. Macht Ihnen wohl Spaß.«

      »Blond, knapp dreißig Jahre alt, unbekleidet, ruhiges Wesen« Schilling nahm seine Brille ab, drehte sich nach allen Seiten um und setzte sie wieder auf. Auf seiner Stirn hatten sich Schweißtröpfchen gebildet.

      »Wollen Sie damit sagen, dass …«

      »Der Tote in Ihrer Sauna ist einer der Kronberger-Zwillinge. Dr. Kälberer, unser Polizeiarzt, hat das bestätigt. Er weiß nur nicht, welcher von beiden es ist. Das wundert mich allerdings nicht. Herr Kronberger wird sich da leichter tun.«

      »Sie haben eine wirklich fragwürdige Art, sich auszudrücken, Herr Kommissar.« Zweifel wusste, dass Schilling in diesem Fall Recht hatte und zog es vor, ihm ausnahmsweise nicht zu widersprechen.

      »Herr