Vae Victis. György Kristián Szitás. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: György Kristián Szitás
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748590743
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brauchte ein paar Minuten, bis er alles beisammen hatte, während der Hund seinen Kopf in Ysmays Schoss vergrub, als wollte auch er sie trösten. Dann stand plötzlich Amdegh in der Türe, drängte Jotan zur Seite und brummte:

      „Waren wir uns nicht darüber einig, dass ich während unserer Reise als Koch fungiere?“

      Jotan lachte und überließ dem Handwerker die Arbeit.

      Die beiden Frauen ließ Jotan mit dem Hund und Amdegh im Haus zurück und suchte Anwell auf.

      +++

      Anwell hatte, nachdem der Schwager Ysmays aus dem Dorf gerannt war, sofort ein paar Krieger bewaffnet hinter ihm hergeschickt, damit dieser Brudermord gesühnt wurde. Aber der Schwager war nirgends zu finden.

      Jotan sah den jungen Häuptling an: „Was hast Du nun vor zu tun?“

      „Naja, ich werde diesen Kerl finden und dann wird er die Verantwortung für den Mord an seinem Bruder tragen müssen,“ kam bestimmt die Antwort.

      „Wie mächtig ist seine Familie in Deinem Stamm?“

      „Ysmays Mann war einer meiner besten Krieger, ebenso wie sein Vater. Gafner, Ysmays Schwager, hat in erster Linie das Talent sich in Schwierigkeiten zu bringen, ist aber ein guter Waldläufer und Jäger. Seine Brüder sind ehrliche Krieger, Handwerker oder Hirten. Einer davon ist unser Schmied.“

      „Was würde passieren, wenn sich herausstellt, dass er die Wahrheit gesagt hätte – in Bezug auf Ysmay und mich?“

      „Naja, die Schwagerehe ist bei uns eigentlich unüblich, wird in manchen Familien aber praktiziert, wenn die Frau zustimmt, besonders, wenn sie nicht aus dem Dorf stammt. Es geht ja darum, dass die Frau in jedem Fall versorgt ist. Aber Ysmay würde nicht mit jedem Mann ins Bett steigen. Wenn sie bei Dir war, dann, weil sie ihr Herz an Dich verloren hat. Du solltest ihr Herz nicht brechen, indem Du einfach verschwindest.“

      Jotan dachte einen Moment nach, bevor er antwortete:

      „Wir werden Deinen Leuten heute helfen, damit wir Gafner finden und er vor Gericht gestellt wird, bleiben über Nacht noch hier und ziehen dann morgen weiter. Sobald ich kann, werde ich zurückkehren und Ysmay bitten, meine Frau zu werden. Je nach dem wie ihre Antwort ausfällt, würde ich dann auch hierbleiben. Würdest Du damit leben können?“

      Anwell strahlte: „Das wäre wahrscheinlich für Alle die beste Lösung! Nur Gafner ist noch unverheiratet, die anderen Schwäger haben bereits eine mehrköpfige Familie und müssten Ysmay dann auch noch miternähren. Obwohl ihre Herden dann ja ihrem jeweiligen Mann zufallen würden.“

      Anwell wollte noch weiter erklären, aber Jotan hob den Finger:

      „Gut! Dann ist es also beschlossen! Sofern Ysmay damit einverstanden ist.“

      Die Männer gaben sich die Hand, um den Pakt zu besiegeln, dann ging Jotan hinaus, um seine Kameraden zusammenzusuchen.

      +++

      Nach Einbruch der Dunkelheit kehrten die Krieger ins Dorf zurück, damit kein Unfall mehr geschehen würde, denn die Luft roch bereits nach Schnee. Gefunden hatten sie Gafner nicht.

      Müde und erschöpft kehrte auch Jotan zu Ysmay zurück, die ihm froh und erleichtert, ein einfaches Mal bereitete.

      Jotan sah Ysmay während des Essens ernst an, doch bevor er etwas sagen konnte, platzte es aus ihr heraus:

      „Du willst mich etwas sehr Ernsthaftes fragen, nicht wahr?“

      „Ja!“

      „Und Du suchst nach Worten, wie Du mich nicht in Verlegenheit bringst?“

      „Ja!“

      „Ich glaube ich kenne Deine Fragen und vielleicht hilft es Dir, wenn ich einfach etwas klar stelle: Ich glaube, ich habe mich gestern Nachmittag in Dich verliebt. So liebevoll wie Du, war außer meinem Mann noch nie jemand zu mir gewesen. Deshalb war ich über Nacht bei Dir! Ich wäre sehr froh, wenn Du bei mir bleiben würdest. Ich könnte jemanden wie Dich im Moment sehr gut brauchen und nicht nur, wegen des Beischlafs oder weil Du dem Mörder meines Mannes, den Arm verdreht hast! Ich weiß aber auch, dass ich Dich nicht werde halten können und dass Dich ein Auftrag hierher geführt hat, den Du in jedem Fall zu Ende bringen willst. Nicht wahr?“

      „Ja!“ antwortete Jotan, doch bevor Ysmay weiter reden konnte, hob er seine Hand und sprach langsam und betont: „Lass mich bitte auch etwas sagen.“

      Ysmay sah ihn erwartungsvoll an.

      „Ich werde, wie es mein Auftrag ist, einen Weg für die Leute des Brennos suchen und festlegen. Dazu will ich vor Samhain noch, in der Ebene des Padus ankommen. Sobald dies geschafft ist, werden meine Leute und ich umkehren, um Rango, den Brennos, nachzuholen, damit er möglichst vor Lughnasadh, mit seinen Leuten durchs Gebirge kommt. Da wir das Gebirge nicht zwischen Samhain und Imbolc überqueren können, würden wir entweder in der Padusebene oder hier überwintern. Solltest Du Dich in der Zeit, bis ich wiederkomme, nicht anders entscheiden, wäre ich froh, erleichtert und stolz, wenn Du meine Frau werden würdest.“

      Ysmay sprang auf und fiel Jotan um den Hals, der schnell das Essen zur Seite stellte.

      „Ja! Ich will Deine Frau werden!“ war ihre freudige Antwort.

      „Langsam, langsam!“ sagte er, wobei er sich selbst zur Ruhe zwingen musste. „Ich würde Dich auch gern sofort heiraten, aber ich will, dass Du es Dir reiflich überlegst. Ich bin schon viel herumgekommen. Ich bin ein Nimrod und man nennt mich Krieger, Seher und Heiler, aber dennoch konnte ich es nicht verhindern, dass mein Kind und meine Frau am Fieber starben. Ich bin also nicht der hochgelobte Heiler, wie ihn Anwell sich vorstellt. Ich bin ein ganz normaler Mann, mit all seinen Fehlern.“

      Ysmay lies ihn nicht mehr los und flüsterte ihm ins Ohr: „Aber genau so einen Mann wollte ich immer.“

      Plötzlich sprang krachend die Türe auf.

      „Dachte ich es mir doch!“ brüllte Gafner in den Wohnraum hinein und Ysmay löste sich langsam, mit einem entsetzten Gesichtsausdruck von Jotan, der sich betont langsam erhob.

      „Ja, wahrscheinlich hast Du richtig gedacht,“ gab er zurück. „Aber Du solltest Dir darüber im Klaren sein, dass Ysmay keine Frau ist, die sich zu etwas zwingen lässt und dass Du einen Kampf gegen mich immer verlieren wirst.“

      Jotan war kalt wie ein Fels, als er seine Worte gegen Gafner schleuderte.

      „Gegen Dich alten Mann?“ prusterte Gafner. „Ich bin wesentlich jünger und stärker als Du!“

      „Das mag sein. Aber wenn Du Deinen Worten nicht gleich Taten folgen lässt, dann bist Du nichts anderes als ein Maulheld.“

      Jotan pfiff kurz und der Hund rannte zu seinem Herrn: „Hund, Du schützt Ysmay!“

      Gafner zog wutentbrannt sein Schwert, während Jotan noch immer ohne Waffen neben dem Sessel am Kaminfeuer stand.

      Der junge Krieger lächelte: „Dich mach ich fertig.“

      Dann holte er mit seinem Schwert weit aus und wollte gegen Jotan schlagen, doch dieser war, schnell wie ein Wiesel, mit einem Sprung bei ihm und rannte ihn um, während mit dem Schwert noch ausgeholt wurde.

      Die beiden Kämpfer landeten krachend im Freien und Jotan rollte sich über Gafner, nach vorn ab. Nun bekam er seinen Wanderstock zu fassen, den er – unvorsichtigerweise – vor der Türe gelassen hatte.

      Durch den Lärm öffneten sich die Türen und Fenster der Häuser und die Zuschauer umringten den Platz. Anwell wollte zwischen die Kämpfer treten, aber Gafner, der sich wieder hochgerafft hatte, schnauzte ihn an: „Halt Dich da raus, Häuptling oder ich mache Dein Weib zur Witwe!“

      Auch Jotan hob gegen Anwell beschwichtigend die Hand: „Lass gut sein, Anwell, dieser Hitzkopf braucht seine Lektion, hier helfen keine Worte mehr!“

      Dann nahm er seinen Stab waagrecht in beiden Hände und ging langsam auf Gafner zu. Dieser hob sein Schwert und