Vae Victis. György Kristián Szitás. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: György Kristián Szitás
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748590743
Скачать книгу
Dann stammt sie gar nicht aus dem Dorf?“ fragte nun Jotan überrascht nach.

      „Nein, ihre Familie stammt von hier, kam aber bei einer Flut vor einigen Jahren ums Leben!“

      „Ach so war das,“ dachte Jotan laut nach. „Sie hat mir nur erzählt, dass ihre Familie nicht mehr leben würde und dann wurde ja auch ihr Mann umgebracht.“

      „Ich würde mich freuen, sie einmal wieder zu sehen,“ sinnierte Lucius, „ich mochte sie sehr gern.“

      Von draußen war das Klopfen eines Hammers zu hören und dann ein Schmerzensschrei, verbunden mit einem Fluch, der Julia dazu veranlasste, alles stehen und liegen zu lassen, um mit Verbandszeug und einem besorgten Gesichtsausdruck, nach draußen zu rennen.

      Durchs Fenster, das eigentlich nur ein Loch in der Wand war, das mit einem Fell verhängt wurde, sahen die beiden Alten, wie sich das Mädchen liebevoll um Amdeghs Daumen kümmern wollte, was dieser jedoch ablehnte, weil das alles nicht so schlimm sei.

      Die beiden Alten lachten fröhlich und machten ihre Arbeiten weiter. Die Werkzeuge für die Feldarbeiten mussten hergerichtet werden.

      +++

      Während der erste Schnee gefallen war, Samhain war einen halben Mondzyklus vergangen, hatten sich Ryen, Finnian, Vaughn und Lugh daran gemacht, die nähere Umgebung des Hofes von Lucius und Julia zu erkunden. Doch was sie feststellten war einerseits erschreckend, andererseits auch wieder gut aufzunehmen.

      In der näheren Umgebung gab es nochmals fünfzehn ähnliche Bauernhöfe, wie den von Lucius, die aber noch wesentlich verfallener waren. Ein Teil davon war nahe am Ufer des Padus errichtet, ein Teil davon auf etwas höheren Stellen, so dass diese Höfe nicht vom Hochwasser des Flusses erreicht werden konnten. Alle diese Höfe waren verfallen und Amdegh, der zwischenzeitlich, weil die Arbeit am Stall so gut vorankam, auf die Idee gekommen war, er könnte noch einen weiteren Hof, bevor Imbolc kam, herrichten, lachte auf und winkte ab. Das war nicht zu schaffen!

      Die Wälder waren zwar dicht und mit gutem Bauholz bestückt, aber er würde mindestens drei oder vier Handwerker benötigen, um auch nur einen der näheren Höfe soweit herzurichten, dass dort jemand leben konnte. Hinzu kam, dass der Waldboden durch den vielen Regen der letzten Tage viel zu aufgeweicht war, als dass die Bäume hätten gefahrlos gefällt werden können.

      Allerdings hatte er es sich nicht nehmen lassen, vor der Haustüre der Kate eine Überdachung anzubringen, so dass sich die Gruppe wenigstens ins Trockene zusammensetzen konnte.

      Amdegh war gerade dabei ein paar Bretter anzubringen, damit der Regen nicht unter dieser Überdachung durchpeitschte, als Julia die Sache sehr vereinfachte:

      „Dann bleib doch hier!“

      Amdeghs Augen blieben an ihren Lippen hängen, worauf sie errötete und schnell ins Haus verschwand.

      „So, so!“ sagte besonnen Lugh, der Amdegh bei den Brettern half, „das ist also der Mann, der sich nie von einer Frau herum-kommandieren lassen wollte. Selbst Anwell brachte beim Anblick seiner Frau den Mund auf.“

      „Ja! Und nicht mehr zu!“ antwortete Amdegh und boxte Lugh auf den Arm.

      „Wir bleiben also bis Imbolc hier und gehen dann zu Rango, damit er mit seinen Leuten hierherkommt,“ stellte Jotan sachlich fest, während er die Heugabel, deren Spitzen er soeben zugespitzt hatte neben der Haustüre abstellte. Wobei er erschrocken an Ysmay dachte, der er seine baldige Rückkehr versprochen hatte und Trauer legte sich über sein Gesicht.

      „Allerdings, habe ich eine Bitte an Dich Lucius,“ fügte er nach einem Moment hinzu, „gib unserem verliebten Handwerker und Deiner Tochter, Deinen Segen, sonst kommen die beiden noch auf dumme Gedanken!“

      Lucius saß auf der Bank vor dem Haus und wetzte das Blatt seiner Sense. Er sah Jotan in die Augen, nickte und legte sein Werkzeug weg.

      „Geht mal her ihr beiden!“ forderte Lucius seine Tochter und Amdegh feierlich auf.

      Beide gingen ehrfürchtig zu dem alten Bauern.

      „Nun kommt schon, gebt mir Eure Hände,“ der Alte wurde fast ungeduldig.

      Lucius nahm die rechte Hand seiner Tochter und legte sie in die rechte Hand Amdeghs.

      „Wollt Ihr beide Euer Leben miteinander verbringen? Dann antwortet mir mit: ‚Ja‘“

      Das „Ja“ kam überdeutlich aus den Münden der beiden jungen Leute.

      „Wollt Ihr mir viele Enkel schenken und sie immer gut versorgen?“

      „Ja!“

      „Wenn nicht, soll Dich der Blitz dort treffen, wohin die Sonne nie scheint!“ fauchte Lucius Amdegh an.

      „Und gnade Dir der höchste Deiner Götter, wenn ich irgendwelche Klagen von meiner Tochter über Dich höre!“

      „Sie wird nie einen Grund zur Klage haben, soweit das in meiner Macht steht!“ versprach Amdegh feierlich.

      „So seid vermählt und werdet glücklich miteinander!“ sprach Lucuis nun wieder feierlich, um gleich darauf noch heiter hinzuzufügen: „Und schenkt mir viele gesunde Enkel!“

      Alle Anwesenden lachten und die frisch Vermählten fielen sich in die Arme, sahen sich in die Augen und sagten nichts mehr.

      +++

      Am nächsten Tag fiel so viel Schnee, dass sich Niemand mehr vor die Türe wagen konnte und so beschlossen die Kelten, doch bis Imbolc bei Julia und Lucius zu bleiben, was Jotan in den Tiefen seines Herzens schmerzte. Jedes mal wenn er Julia und Amdegh sah, musste er an Ysmay denken und er zählte die Stunden bis das Wetter wieder besser werden würde.

       Auf dem Rückweg

      # Gallia cisalpinas, 352 a.u.c, Imbolc (Monat des Frostes) (=~ 401 v. Chr., 1. Februar) #

      Julia und Amdegh verabschiedeten sich zu später Stunde in ihr Gemach, während Lugh, Finnian, Ryen, Vaughn, Jotan und schließlich Lucius in ihre Becher blickten. Das Getränk, das sie vor sich hatten, war mit Wasser verdünnter und Salbei gewürzter, erwärmter Wein, der – wenn man nicht Obacht gab – einem sehr schnell zu Kopf steigen konnte. Lucius war im Laufe des Tages in den Stall umgezogen, so dass seine Tochter und sein Schwiegersohn einen Schlafraum für sich hatten.

      Amdegh hatte im Gegenzug versprochen, noch im Laufe des Winters einen Boden in die Kate zu ziehen, damit Lucius wieder einen Schlafraum im Wohnhaus haben würde.

      Jotan blickte in seinen Becher, räusperte sich, trank einen großen Schluck, räusperte sich nochmals und begann:

      „Seid mir nicht böse, aber morgen früh, mit dem ersten Hahnenschrei, mache ich mich auf den Rückweg. Ich kann mir die beiden nicht länger anschauen, ohne ...“

      „… selbst an Ysmay zu denken! Nicht war?“ vollendete Vaughn den Satz.

      „Stimmt!“ stellte Jotan knapp fest.

      Lucius ergriff die Hand seinen keltischen Freundes: „Es tut mir zwar leid, wenn Du uns verlässt, aber ich kann Dich verstehen. Aber es wäre schön, wenn Du Dich hin und wieder mal – zusammen mit Ysmay – hier sehen lassen würdest.“

      „Gut, dann brechen wir also morgen früh auf!“ stellte Finnian sachlich fest.

      „Ihr geht also mit zurück?“ fragte Jotan überrascht nach.

      „Natürlich! Und bevor Du fragst: Unsere Sachen sind gepackt. Außerdem muss ja jemand zurück zu Rango gehen, denn Du wirst ja wahrscheinlich in dem Dorf in den Alpen bleiben. Oder?“ gab Lugh zurück.

      Jotan nickte nachdenklich: „Da könntest Du recht haben!“ Setzte den Becher an und leerte ihn in einem Zug.

      Alle anderen lachten und Jotan stimmte mit ein, nachdem der Becher geleert war.

      +++

      Durch die einsetzende Schneeschmelze hatten die fünf