Vae Victis. György Kristián Szitás. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: György Kristián Szitás
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748590743
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zu tun, als Holz für den Winter zu schleppen!“

      Nach einem kurzen Moment waren aber alle versammelt und Anwell, der Häuptling, stellte nun seine Familie vor:

      „Das hier ist Deidra, meine Frau und diesem jungen Burschen, Vochkon, habt Ihr damals geholfen, das Licht der Welt zu erblicken. Leider starb unsere Mutter zwei Jahre später, weil sie sich mit einem verrosteten Messer geschnitten hatte.“

      „Wie Euer Häuptling ja schon so ausführlich erklärt hat, bin ich tatsächlich Jotan. Dieser Krieger hier ist Vaughn, das ist Lugh, das Finnian, das Ryen und der große Bursche da hinten ist Amdegh. Er ist eigentlich eher Zimmermann, als Krieger, aber wenn er einem eine zimmert, dann darf derjenige sich die nächste Zeit flüssig ernähren.“

      „Das war jetzt aber ein Wink mit einem ganzen Gatter! Frau, was haben wir zu Essen hier?“

      „Du bist gut, lädst Gäste ein und fragst dann erst, was wir im Haus haben,“ lachte Deidra ihren Mann an, um Jotan gleich zu fragen: „Darf ich Euch einen Krug Met bringen? Setzt Euch derweil hierher, während ich drinnen etwas herrichte. Vochkon, Du kannst mir helfen und Du Anwell, gehst im Dorf rum und suchst ein geeignetes Quartier für unsere Gäste.“

      Noch bevor Jotan antworten konnte, war sie laut lachend nach drinnen verschwunden und die Männer setzten sich an einen grob gezimmerten Tisch, der von zwei, ebenso groben Bänken flankiert war, der neben der Haustüre stand. Da das Hausdach etwas verlängert war, stand der Tisch vor Wind und Wetter geschützt und die Kundschafter aus dem Norden fühlten sich sofort wohl.

      Jotan hatte noch erwähnen wollen, dass sie kein allzu aufwändiges Quartier benötigten, aber dazu war es schon zu spät.

      Amdegh lachte: „Der Häuptling lässt sich aber ganz schön von seiner Frau rumkommandieren. Wenn ich einmal heiraten sollte, lass ich mich nicht so behandeln.“

      Jotan grinste, aber Vaughn antwortete: „Das sagen alle jungen Männer, bevor sie mit einer Frau zusammenleben. Wenn Du Dir mit Deiner Liebsten aber mal ein warmes, gemütliches Nest gebaut hast, gehört das einfach dazu.“

      „Bei mir nicht!“ wiederholte Amdegh und nun lachten alle lauthals. Und nach einer Weile stimmte er selbst mit ein.

      +++

      Einige Zeit später kam Anwell, der Häuptling, zurück und verkündete, dass er für alle fünf Kundschafter ein geeignetes Quartier gefunden hätte, sie müssten sich allerdings trennen.

      Finnian und Lugh sollten auf dem Heuboden von Anwells Nachbarn schlafen, Vaughn, Amdegh und Ryen würden im Stall des Kriegers unterkommen, der sie hierher geleitet hatte.

      „Und ich suche mir einen netten Platz hinter Deinem Haus?“, fragte Jotan grinsend.

      „Nein!“, rief Anwell. „So einen bedeutenden Gast, müssen wir auch entsprechend unterbringen. Dort drüben steht das Haus einer jungen Witwe, sie heißt Ysmay, ihr Mann stürzte vor eineinhalb Mondzyklen im Bergwald ab, als er und sein Bruder Holz für den Winter machen wollten. Komische Sache ...“.

      Anwell räusperte sich: „Jedenfalls würde sie sich freuen, wiedereinmal mit jemandem reden zu können, der nicht zur Familie ihres Mannes gehört.“

      Lugh und Finnian grinsten in sich hinein: „Eine junge Witwe, soso!“

      Aber Jotan sah sie nur böse an und so hoben sie beschwichtigend die Hände.

      „Ich schlage vor, wir stellen unsere Habseligkeiten in unseren Quartieren ab, klopfen den Staub der Straße von unseren Kleidern und treffen uns dann wieder hier, um Deidras köstliches Mal zu uns zu nehmen.“

      Jotans Vorschlag glich vom Tonfall her mehr einem Befehl, dabei atmete er aber dankbar den köstlichen Essensduft ein, der durch die Haustüre, nach draußen drang.

      Seine Begleiter stimmten ihm zu und Anwell übernahm die Aufgabe, die Gruppe zu ihren Unterkünften zu geleiten. Zuletzt auch Jotan.

      Als sich die Türe zu Jotans Quartier öffnete, stand darin eine hübsche, junge Frau, von vielleicht 25 Wintern, die Jotan anlächelte: „Willkommen, hoher Herr!“

      „Langsam, langsam,“ entgegnete Jotan, „ich bin kein ‚hoher Herr‘. Weder bin ich Häuptling, noch bin ich Druide.“

      „Aber Ihr seid der Mann, dem der jüngere Bruder unseres Häuptlings sein Leben verdankt. Und damit ein Heiler.“

      „Das mag sein,“ musste Jotan zugeben.

      Anwell hatte sich inzwischen verabschiedet und Jotan betrat das kleine Haus. Dem Hund, der ihm folgen wollte, gab er mit einem Wink zu verstehen, dass er sich vor die Türe legen sollte.

      Das Haus, das Jotan betrat teilte sich im unteren Bereich in zwei Räume, die durch eine Holzwand getrennt waren, hinter der Jotan eine Speisekammer vermutete. An der gegenüberliegenden Hauswand befand sich ein offener Kamin mit einem Kessel über der Feuerstelle, davor standen in loser Ordnung mehrere einfache Holzstühle, die mit Fellen gepolstert waren, um einen großen Tisch, der den größten Teil des Raumes einnahm. Neben der Haustüre führte eine schmale Treppe ins Obergeschoss, das den Schlafraum beherbergte.

      Ysmay war im Haus eine kleine Treppe hinaufgegangen und öffnete eine Türe.

      „Macht Euch wegen mir keine Umstände, eine Bank und ein Fell reichen mir völlig,“ rief Jotan nach oben.

      „Herr, ...“

      Jotan hob den Finger und unterbrach die Frau: „Nennt mich Jotan, und nicht ‚Herr!‘ Denn ich bin kein Herr!“

      Die junge Frau räusperte sich nach der Mahnung und begann von Neuem:

      „Also gut, Jotan, es macht mir keine Umstände, ich quartiere Euch in die Kammer ein, die wir für unsere Kinder gedacht hatten.“

      Bei diesen Worten drangen der jungen Frau Tränen in die Augen, sie fing an zu schluchzen und setzte sich plötzlich, kramgebeugt auf die oberste Treppenstufe.

      Mit ein paar Schritten war Jotan bei ihr, setzte sich neben sie und legte den Arm um ihre Schultern, ungewiss ob sie das auch wirklich wollte und ob er so weit gehen durfte. Sie wehrte nicht ab und so wiegte er sie einige Male hin und her, dabei sprach er leise:

      „Ich kenne Euren Schmerz, auch meine Frau und unser Kind sind vor Beltane verstorben.“

      Die junge Frau sah ihn traurig, mit tränenverschmierten Augen an und beruhigte sich langsam.

      „Wenn Du willst, erzähle mir von Deinem Mann und ich erzähle Dir von meiner Frau.“

      Sie nickte nur und Jotan wiegte sie weiter, bis sie ganz ruhig wurde.

      Ein paarmal wollte sie zu sprechen beginnen, aber ihr versagte die Stimme.

      Jotan wiegte Ysmay weiter und redete beruhigend auf sie ein: „Wenn Du nicht darüber sprechen willst, brauchst Du es nicht. Das hat keine Eile, noch dazu, da ich ein Fremder bin.“

      Ysmay beruhigte sich langsam und schmiegte, glücklich über die zärtliche Berührung, ihren Kopf in Jotans Seite.

      Nach einer Weile meinte Jotan – noch immer beruhigend:

      „Wenn es Dir nichts ausmacht, würde ich mich gerne waschen und ein neues Gewand anziehen, damit ich zu Deidras Festmahl entsprechend erscheine.“

      Ysmay wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und schluchzte mehr, als dass sie es sagte:

      „Ja, schon gut. Entschuldige bitte, aber seit mein Mann verunglückte,“ sie putzte sich die Nase mit ihrem Ärmel ab, „hatte ich nicht mehr an unsere gemeinsame Zukunft gedacht.“

      Sie atmete tief durch und rang nach Fassung: „Und als ich jetzt erzählte, dass wir diese Kammer für unsere Kinder geplant hatten, die es nun nicht mehr geben wird….“

      Die junge Frau fing wieder an zu weinen.

      „Schschsch,“ Jotan streichelte und wiegte Ysmay wieder. „Du wirst noch viele Kinder haben, die Dir viel Freude bereiten