ALLES für NICHTS. Volker Bauch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Volker Bauch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783738014020
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in mein Schicksal ergeben und fortan als Verbrecher gelten, oder ich versuchte, die Beweise für meine Unschuld zu finden.

      Ich machte mich schlau. Die Vollstreckungsverjährung für mein Strafmaß betrug 10 Jahre. Das hieß im Klartext: 10 Jahre auf der Flucht. Allein diese Vorstellung ließ mich erschaudern.

      Aber war ich denn bisher in meinem Leben immer die einfachs ten Wege gegangen? Nein, ich hatte die dicken Felsbrocken immer beiseite geräumt anstatt sie zu überspringen oder zu umgehen. Ich war ein Kämpfer und ich ließ mich nicht für etwas einsperren, was ich nicht zu verantworten hatte. Die Gene meines Vaters wirk ten.

      Ich fühlte mich innerlich wie zerrissen. Beate wusste noch nichts davon, dass ich die Strafe anzutreten hatte. Würde ich mich auf die Suche nach den Verantwortlichen machen, ginge das nicht mehr von hier aus. Ich musste Deutschland verlassen, denn spätestens ab dem 18.11. würde man mich suchen. Doch meine finanziellen Mittel reichten höchstens für eine Woche. Ein ziem lich aussichtsloses Unterfangen.

      Doch dann kam mir der Zufall zu Hilfe. So dachte ich es damals jedenfalls.

      DR. HENSE von der FIRST BANK OF KOREA meldete sich wieder. Er wollte eine Entscheidung, ob ich sein Angebot, als frei er Mitarbeiter für ihn zu arbeiten, annehmen würde. Ich überleg te nur kurz und fragte ihn, wie und wo wir die Details klären könnten. Er sagte, er hätte in der letzten Novemberwoche einige Termine in Zürich. Wir könnten uns am 23.11. am Airport tref fen und alles besprechen. Ohne Zögern sagte ich zu.

      Die Würfel waren gefallen. Ich wusste nun, wo die Reise hin geht. Dabei konnte ich gleich „zwei Fliegen mit einer Klappe schla gen“. Zum einen, war mein Lebensunterhalt erst mal gesichert und ich würde noch mehr Einblicke in das Bankengeschäft be kommen. Zum anderen, führten SODERLANDs Spuren in die Schweiz und ich konnte von dort aus relativ unbehelligt agieren.

      Nun musste alles sehr schnell gehen. Die Zeit drängte.

      Während Beate im Kosmetikstudio arbeitete, packte ich zwei Koffer mit allem was ich brauchte. Ich schrieb ihr einen Brief, um zu erklären, warum ich diesen Schritt tun musste. Ich fühlte mich elend und beschissen.

      Aus dem Bus, der mich zum Zug nach Zürich brachte, blickte ich ein letztes Mal auf meine Heimatstadt. Es war der 15.11.1997. Ich sollte Korbach für die nächsten Jahre nicht mehr wieder se hen.

      Es war bereits nach 22 Uhr, als ich im Hotel Krone in Zürich ankam. Das Hotel lag nicht weit vom Hauptbahnhof im Zen trum Zürichs entfernt und hatte eine StraßenbahnHaltestelle direkt vor der Tür.

      Ich fühlte mich schlecht. Beate hatte inzwischen sicher meinen Brief gelesen und für sie war eine Welt zusammengebrochen. Ich wollte ihr nicht wehtun, dennoch hatte ich keine andere Wahl. Ich konnte nur hoffen, sie würde verstehen, dass ich so handeln musste.

      Die folgenden Tage verbrachte ich damit, mir eine Orientierung zu verschaffen. Ich hatte noch Geschäftskontakte aus früheren Zeiten, als ich eine Zeitlang für ein Magazin tätig war. Der Verlag war damals in einem Vorort von Zürich. Ich versuchte herauszu finden, ob der Verlag noch existierte und der Herausgeber noch

      der gleiche war. Sollten alle Stricke reißen, hätte ich vielleicht hier eine weitere Anlaufstelle. Den Verlag gab es noch, aber der Her ausgeber war für zwei Wochen auf Geschäftsreise.

      Ich musste versuchen, SODERLANDs Spuren in der Schweiz aufzunehmen. Bei der PRO FINANZ in Eisenach war der Telefo nanschluß nicht mehr existent. Die KUNERT FINANZ in Han nover gab es ebenfalls nicht mehr. Die Vögel waren alle ausgeflo gen. Meine Recherchen kamen ins Stocken. Um die Sache weiter verfolgen zu können, brauchte ich erst mal Geld. Den Zeitdruck, etwas schnell in Erfahrung bringen zu müssen, hatte ich ja nun nicht mehr.

      DR. HENSE war vom Aussehen her das, was man sich so lang läufig unter einem unauffälligen Spießer vorstellt. Er erinnerte mich an meine Frankfurter Zeiten und das allgegenwärtige Ameisen volk der Banker, die mit ihren Zweireihern alle irgendwie gleich aussahen. Auch in Zürich, mit seinen vielen Banken, war mir die ses Phänomen schon aufgefallen. HENSE passte optimal in diese Klientel.

      Ich schätzte ihn vom Alter her auf Mitte bis Ende Dreißig. Er hatte dunkelblonde Haare mit einem starken Ansatz von Stirn glatze. Der Rest war rechtsgescheitelt. Er trug eine Brille, war circa 1,75 1,80 m groß und schlank.

      „Wie soll denn meine Tätigkeit für Sie, beziehungsweise für Ihre Bank, genau aussehen?“ begann ich unser Gespräch.

      „Die FIRST BANK OF KOREA ist eine der größten Banken in Asien mit Sitz in Soul“, erklärte er. „Für ein neues Finanzprodukt, speziell auf dem Kreditsektor, hat man eine eigene Gesellschaft gegründet, die von Bangkok und Hongkong aus agiert und deren Geschäftsführer ich bin. Unser Ziel ist die Verbreiterung unserer geschäftlichen Aktivitäten auf dem europäischen Markt. Doch dafür benötigen wir noch versierte Mitarbeiter aus dem Marke tingbereich, die die zukünftigen Kunden administrativ betreuen. Das heißt zunächst, die Angaben der Kreditinteressenten müs

      sen überprüft werden. Das ist von Asien aus nicht möglich.“

      „Okay, wie und wo sind denn Maßnahmen geplant?“, fragte ich.

      „Wir beginnen in Deutschland und werden in nächster Zeit ein Kreditangebot in einschlägigen Zeitungen und Fachzeitschriften

      offerieren. Interessenten können sich dann per Fax an unser Büro in Bangkok oder in Hongkong wenden. Gut wäre auch, wenn Sie vielleicht eine Anschrift in Deutschland hätten, wo mögliche Zu schriften per Post eingehen könnten.“

      „Ich habe noch ein Postfach in Deutschland, das man nutzen könnte. Die Zuschriften werden mir dann automatisch zugestellt.“

      Diese Idee schien HENSE zu gefallen.

      „Ich fasse mal zusammen: Meine Aufgabe ist es vorrangig die Angaben der Kreditinteressenten zu überprüfen und den Kontakt zu halten. Den Rest machen Sie. Ist das richtig?“

      „Ja, genau.“

      „Wie sieht denn die finanzielle Ausstattung aus?“, fragte ich HENSE.

      „Ich biete Ihnen vorab ein Festhonorar von 15.000 SFR für zwei Monate. Wenn die Geschäfte gut anlaufen, unterhalten wir uns über eine Umsatzbeteiligung und wenn nicht, trennen wir uns wieder.“

      „Damit bin ich einverstanden.“

      HENSE ging zum Schalter der Credit Suisse und holte 15.000 SFR in bar.

      „Am Besten, wir treffen uns das nächste Mal in Bangkok, wenn die AnzeigenAktion angelaufen ist. Dann kann ich Ihnen dort alles zeigen, worauf es ankommt. Als Termin würde ich den 18.12. im Sheraton Airport Hotel vorschlagen.“

      Er gab mir noch die Adressen der Büros in Hongkong und Bang kok und verabschiedete sich.

      Ich wunderte mich, dass er so wenig von mir wissen wollte. Gerade in diesem Gewerbe war das eher unüblich. Andererseits war ich recht froh, nicht so viele Fragen gestellt zu bekommen.

      Als erstes besorgte ich mir eine Kontoverbindung, zahlte das Geld ein und ließ mir eine Kreditkarte ausstellen. Dann über prüfte ich HENSES Angaben.

      Die FIRST BANK OF KOREA in Seoul existierte tatsächlich. In den Büros in Hongkong und Bangkok war ein DR. DIETMAR HENSE bestens bekannt. Insbesondere in Hongkong begrüßte mich eine Dame namens Suzanne Cheng schon als neuen Mitar beiter.

      Wie intensiv meine neue Tätigkeit sein würde, konnte ich noch nicht abschätzen. Jedenfalls würde genug Zeit bleiben, um meine eigentlichen Ziele weiter zu verfolgen. Doch im Moment fehlte mir der konkrete Aufhänger.

      In Thailand war ich bereits. Mit Freunden hatte ich zwei Mal Urlaub auf der Insel Koh Samui bei einem Bekannten verbracht. Die Insel war ein Paradies und nur eine Flugstunde von Bangkok entfernt. Ich ging in ein Reisebüro und erkundigte mich nach Flügen. In der Vor und der Nachsaison waren die Tickets erheb lich billiger als Mitte Dezember. Aber dann musste ich schon am

      1.12. fliegen, um noch den günstigeren Tarif