Fara - Kampf um Villa Patria. Rolf Berkamm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Berkamm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752912159
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sie umso mehr, während du dann das Stottern vergisst. Warum machst du das? Wer bist du überhaupt?“, fragte Fara direkt.

      Vitus überlegte eine Weile. Sie hatte ihn durchschaut. Er konnte es kaum fassen. Nur Markus wusste Bescheid. Die Prinzessin wurde ihm unheimlich. Sie würde nur weiterbohren, bis sie die Wahrheit bestätigt bekam.

      „Ich bin der Fechtlehrer und manchmal Leibwächter von Markus. Und sein Freund. Wir kennen uns schon vier Jahre. Sein Vater hatte mich angeworben, um ihn zu unterrichten. Wir verstehen uns ziemlich gut, denke ich.“

      „Deine Größe lässt nicht vermuten, dass du Leibwächter bist. Du täuschst mit dem Stottern“, stellte sie fest. „Das ist deine Tarnung.“

      Vitus nickte nur. Dem einfältigen Stotterer traute man nichts zu.

      Nach einer Weile deutete Fara auf den Hengst mit Markus. „Bei uns zu Hause lernt man zuerst reiten, ehe man laufen lernt. Pferde sind, wie bei jedem Reitervolk, der Mittelpunkt des Lebens. Alles hängt mit den Pferden zusammen. Die Zucht, das Abrichten, Transport, Fleisch, Felle, Reiterkrieger usw. Es liegt mir im Blut, Pferde zu beurteilen und zu beherrschen.“

      Vitus nickte bedächtig. Vollständig überzeugt war er nicht. Er kannte sich mit Pferden nicht besonders aus, aber was Fara mit Ferox gezeigt hatte, war wie blindes Verstehen. Ferox, diesen aufsässigen, bissigen Gaul, besaßen sie ungefähr seit drei Jahren, etwa seit der Zeit als Markus Vater, Octavius, gestorben war.

      Vitus richtete sich auf und sah Fara an. War das nicht das Pferd, mit dem Octavius die Flucht von Vankors Hof geglückt war? Den hatte der Hengst trotz Verletzung nicht abgeworfen. Vitus schaute nach vorn, wie Markus problemlos auf ihm reiten durfte.

      Jetzt erkannte er ihr Geheimnis. Sie wollte es nicht preisgeben und nahm lieber die schwere Schuld auf sich. Welche Gründe Fara auch dafür hatte, er bezweifelte, dass Markus ihm glauben würde, wenn er ihm das erzählte.

      „Hat Octavius zufällig Ferox für seine Flucht erwischt?“, fragte Vitus leise.

      Fara schaute Vitus lange an, ehe sie antwortete. „Nur mit dem schnellsten Pferd hatte er eine Chance zu entkommen.“

      Fara schaute abwesend in die Ferne, holte dann tief Luft. „Sage Markus nichts davon. Er will momentan die Wahrheit gar nicht wissen. Er will seine aufgestaute Wut abreagieren.“

      „Beim heiligen Jupiter, hast du Mut.“ Vitus schüttelte den Kopf.

      Jeder hing seinen Gedanken nach.

      „Es ist besser“, meinte Fara, „wenn ihr nichts von mir heute bei dem Überfall erzählt. Es waren eben ein paar Strauchdiebe, die gestohlene Pferde dabeihatten. Ich werde dein Geheimnis niemandem verraten. Bitte halte dafür mein Geheimnis vor Markus und allen anderen verborgen.“

      „Warum so zurückhaltend? Es war dein Sieg!“, entgegnete Vitus.

      „Ich denke nicht an heute. Ich denke an später. Das ist eben meine Tarnung.“

      Fara sah Vitus fragend an. Der nickte stumm.

      „Kannst du das Markus beibringen, ehe wir diesen Flavius treffen? Und ihr müsst mir die Männer vom Leibe halten.“

      Vitus schmunzelte. „I-Ich weiß schon. G-Gleich zweifacher T-Tod.“

      „Du hast die gebrochene Nase und zertrampelten Zehen vergessen. Wie lange ist es bis zur Kreuzung?“, fragte Fara.

      „N-Noch eine Meile.“

      Fara kletterte nach hinten auf die Ladefläche. Dort schwang sie ihr Sagum um die Schultern, setzte sich in eine Ecke, löste ihren Pferdeschwanz auf und schüttelte ihre Haare, bis ihr Gesicht kaum zu erkennen war. Dann sank sie in sich zusammen und war nun ein Häuflein Unglück.

      Kapitel 7, Straßenkreuzung, 12. April 373

      ♦

      Sie kamen aus dem Wald heraus und fuhren in ein weites Tal hinunter. Man sah schon in der Ferne die andere Straße, die von Aquincum her in ihre Straße einmündete. Direkt an der Kreuzung standen einige Häuser weiträumig von einer hohen Mauer umgeben. Das war eine der Raststationen an der Römerstraße, falls keine Stadt oder Siedlungen in der Nähe waren.

      Aus der Taberna kam ein einzelner Reiter heraus und sprengte in ihre Richtung. Markus hatte diesen Reiter erkannt und ritt ihm entgegen.

      „Wir haben euch eher erwartet. Hast du etwa Pferde gekauft?“, waren die Begrüßungsworte von Flavius.

      Flavius war ein stämmiger Römer, der selbstbewusst auf seinem Pferd saß. Er war einer der engsten Freunde von Markus. Flavius befehligte die Soldaten, welche die Handelsgesellschaft von Markus beschäftigte. Die Handelskarawanen mussten geschützt und Villa Patria und alle anderen Niederlassungen, wie Gutshöfe, Lager und Werkstätten bewacht werden. Flavius unterstand neben der Rekrutierung und der Ausbildung vor allem der Einsatz der Wachsoldaten.

      „Nein, wir hatten einen Überfall. Aber das ist eine längere Geschichte. Die erzähle ich dir heute Abend ausführlich. Habt ihr etwas herausbekommen?“, fragte Markus zurück.

      „Nein. Wir waren bis Aquincum und haben überall nach den drei Wagen gesucht. Wir hatten ja Zeit bis heute. Wie ich sehe, seid ihr alle wohlauf?“

      Flavius drehte sein Pferd, um nebeneinander zu reiten.

      „Wen hast du denn da auf der Ladefläche, eine neue Flamme?“, fragte Flavius.

      „Ach, die kann gut mit Pferden. Vor allem mit dem hier unter mir. Kaum zu glauben. Da habe ich sie eben mitgenommen.“

      Markus und Flavius waren seit der Kinderzeit befreundet und frotzelten sich gern.

      Ihre Karawane kam im Hof der Taberna zum Stehen. Fara glitt von der Wagenfläche. Markus drückte ihr die Zügel von Ferox in die Hand und stieg auf den Wagen zur großen Kiste. Dort tuschelte er eine Weile mit Vitus. Ab und zu ging sein Blick zu Fara. Endlich hatte Vitus ihn überzeugt.

      Gemeinsam suchten sie ihre Schlafkammer auf. Der Überfall musste neu abgestimmt werden.

      Unterdessen beaufsichtigte Flavius die Arbeit von Fara und klärte mit dem Stallmeister, wo die vielen Pferde untergebracht wurden.

      „Wie heißt du?“, fragte er streng.

      Mit einer Verbeugung antwortete sie. „Fara, Herr.“

      „Mach mir ja nicht meine Männer verrückt. Ist das klar?“, herrschte er sie an.

      „Ja, Herr. Wenn sie mich in Ruhe lassen, geschieht ihnen nichts, Herr. Wenn ihr dafür sorgen wollt?“

      Fara ging das nächste Pferd holen und ließ Flavius stehen. Der schüttelte den Kopf. Eine Frau als Pferdeknecht!

      Als alle Pferde untergestellt und versorgt waren, ging Fara unschlüssig in die Gaststube. In der Hand hielt sie zusammengerollt die langen Zügel eines der Fuhrwerkspferde. Dort kam ihr zum Glück Vitus entgegen.

      „Fara, du schläfst h-heute Nacht w-wieder bei uns. Da brauchst d-du nur zwei Männer umbringen“, murmelte er ihr schmunzelnd zu und führte sie in die Kammer.

      „W-Willst du heute N-Nacht Markus fesseln?“, fragte er und zeigte auf die Zügel in ihrer Hand.

      Fara schaute sich um. Keine Haken waren an den Wänden. Dafür gab es einen Stuhl.

      „Gib mir dein Messer für die Leine.“ Fara schaute Vitus an. „Bitte.“

      „Ein L-Leibwächter ohne M-Messer!“ Vitus schüttelte den Kopf, gab ihr aber das Messer.

      „Danke.“

      „W-Wasch dich und komm in die G-Gaststube zu uns zum Essen“, sagte Vitus und verließ die Schlafkammer.

      Da Fara allein war, brauchte sie keine Leine zu spannen. Sie nahm sich Zeit, um sich frisch zu machen. Glücklicherweise hatte sie kein Blut an ihrer Kleidung. Auch hatte sie der Jagdtasche ihren