Fara - Kampf um Villa Patria. Rolf Berkamm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Berkamm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752912159
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Sie hätten kaum eine Chance gehabt. Ihre Gegner waren hervorragende Schwertkämpfer. Vitus hatte in der ganzen Zeit nur einen niederstrecken können. Das wollte etwas heißen. Beinahe hätte einer ihn selbst erwischt.

      Als sie vorn ankamen, sahen sie den nächsten Toten in einer großen Blutlache.

      Markus überlegte. „Wieso hat sie ein Schwert gehabt, als sie wiederkam? Da hinten soll noch einer mit dem Geld liegen.“

      „Ich schätze, hinter dem Bergvorsprung wollte einer die Pferde oder die Lanze nicht hergeben. Frag sie doch. Aber lass sie sich erst etwas anziehen. Dich lässt sie mindestens dreimal sterben“, stichelte Vitus.

      Beide gingen in die Richtung, wo sie die Geldkiste vermuteten. Da lag einer mit einem Loch im Schädel auf dem Bauch. Zwei Schritte entfernt, fanden sie den offenen Kasten. Stöhnend knieten sich beide hin und klaubten alle Münzen aus dem Gras. Sie würden sicher nicht alle entdecken. Aber was war das Geld gegen ihr gewonnenes Leben.

      Als die Männer zurückkamen, war Fara wieder angezogen. Die Tunika war notdürftig geflickt.

      Markus fragte Fara ohne Vorwurf in der Stimme. „Warum hast du Ferox laufen lassen? Den kriegen wir nie wieder. Der war schon einmal abgehauen.“

      „Dein Ferox sucht seine Herde zusammen, Herr. Sie werden erst irgendwo grasen. Dann treibt er sie alle hierher.“

      „Wieso bist du dir so sicher?“, fragt Markus.

      „Ich gehöre auch zu seiner Herde, die er beschützen muss. Ferox ist ein sehr dominanter Hengst. Mit euch Männern wird er immer auf Kriegsfuß stehen, schon weil ihr wie Männer riecht und ihm mit Gewalt euren Willen aufzwingen wollt.“

      „Wieso bist du überhaupt zurückgekommen? Du hättest mit Ferox schon weit weg sein können.“ Markus hatte tausend Fragen.

      „Bei uns werden Pferdediebe aufgehängt, Herr“, antwortete Fara kleinlaut.

      Dann ging sie los und sammelte die Waffen der Angreifer ein. Gleichzeitig schaute sie sich die Toten genauer an. Das waren in ihren Augen keine typischen Räuber. Alle hatten ein Schwert und ein Pferd mit Sattel.

      „W-Was machen wir mit den T-Toten?“, fragte Vitus.

      Markus zuckte ratlos mit den Schultern. „Wir schleppen sie hier neben die Straße. In der Nacht kommen dann die Wölfe.“

      Als Markus später die Geldkiste in die große Kiste auf dem Wagen legen wollte, fiel ihm auf, dass das kleine Säckchen mit den Bernsteinen fehlte.

      „Verflucht, jetzt sind die Bernsteine weg. Gab es etwa noch einen Räuber, der abhauen konnte?“ Markus blickte sich auf dem ganzen Wagen um.

      „Fara, wie viele Pferde standen dort hinter der Straßenbiegung?“, rief er zu ihr hinüber.

      „Acht.“

      „Aber die Bernsteine sind weg“, brüllte er aufgeregt mit hochrotem Kopf.

      Fara schaute zu ihm herüber, dann ging sie zu dem Räuber, der die Geldkiste wegschleppen wollte. Den drehte sie auf den Rücken und durchsuchte seine Sachen. Neben dem kleinen Säckchen entdeckte sie auch ihre Jagdtasche unter seiner vorn offenen Tunika.

      „Es gab nur einen, der länger Zeit hatte, in der großen Kiste zu kramen“, sagte sie zu Markus, als sie zurückkam.

      Es dauerte eine Weile, aber dann kam Ferox mit dem Rest der Pferde. Die zwei weiteren Hengste hatten sich untergeordnet. Die Rangfolge hatte er schon geklärt.

      Fara sah sich die fremden Pferde genau an. Dann sattelte sie alle ab und warf die Sättel auf den Pferdewagen. Eines der neuen Pferde spannte sie vor den Wagen, nachdem sie Ferox das Brustgeschirr abgenommen hatte. Die Zügel der anderen Pferde knüpfte sie so, dass sie in zwei Reihen hintereinander hinter dem Wagen herliefen. Ausgenommen Ferox. Der behielt sein Halfter und bekam einen Sattel.

      Die Männer hatten die Toten beiseite geräumt und den Baum von der Straße gezogen. Vitus war hinter dem Bergvorsprung verschwunden, um den achten Räuber von der Straße zu zerren. Möglicherweise gab es weitere Gepäckstücke der Angreifer.

      Markus durchstöberte die Bündel, die an den Sätteln befestigt waren. Er fand nichts Interessantes außer bei einem einen kleinen Beutel Münzen. Der musste dem Anführer der Räuber gehört haben.

      Markus deutete auf Ferox. „Wieso hast du ihn nicht vor den Wagen gespannt?“

      „Ferox wäre beleidigt, wenn ich das getan hätte. Er hat fast sechs Räuber umgebracht, dir das Leben gerettet und eine Herde für sich erobert. Lass ihm einfach seine Natur. Er kann nicht anders. Du könntest ihm einen neuen Satz Hufeisen schenken, Herr. Die hat er dringend nötig.“

      „Die hätte er schon bekommen, wenn er es zuließe“, meinte Markus.

      Fara schaute verträumt Ferox nach, wie er frei mit hoch erhobenem Kopf um den Wagen und die Pferde trabte. Er war bereit.

      Fara nahm die Zügel in die Hand. „Wie sagt ihr Römer? Hüh?“

      Damit schwang sie wie Markus gestern mit den Zügeln und der Wagen setzte sich in Bewegung. Hinter dem Bergvorsprung sprang Fara von der Fuhrmannsbank, um Platz für Vitus zu machen. Dann ging sie zu Ferox und fasste mit beiden Händen an den Sattel.

      „Heyja, Jago“, sagte sie leise.

      Der Hengst trabte an. Fara lief drei, vier Schritte neben ihm mit. Dann sprang sie ab und saß in einem Schwung im Sattel. Ferox preschte vorwärts, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Dann kamen sie zurückgaloppiert. Mit einer Wendung auf der Hinterhand schwenkte der Hengst in Fahrtrichtung ein und setzte sich an die Spitze des Zuges. Ferox war das Leittier. Er musste der Erste sein.

      „Da reisen wir“, sagte Markus zu Vitus. „Die Herrin und ihre zwei Fuhrleute.“

      „Zwei Furien, die sich einig sind. Bloß gut, dass sie in uns keine Feinde sehen. Der Räuber, der auf die Pferde aufgepasst hat, sah fürchterlich aus“, sagte Vitus mehr zu sich.

      Fara war kurze Zeit auf Ferox vornweg geritten. Jetzt wich sie zur Seite aus und wartete, bis der Pferdewagen auf gleicher Höhe war.

      „Es ist besser, Herr, wenn du Ferox bis zur Kreuzung reitest“, sagte sie.

      „Verstehe einer die Weiber“, brummte Markus zu Vitus hinüber.

      „Ferox mag dich wohl nicht mehr?“, fragte Markus.

      Fara überging die spitze Bemerkung. „Es bringt nur unnützes Gerede, wenn eine Frau reitet, Herr.“

      Vitus stieß ihm leicht den Ellenbogen in die Seite. „W-Wo sie Recht hat, h-hat sie Recht. D-Du musst dir deine Position nicht erst erstreiten. Sie gibt sie d-dir freiwillig.“

      Missmutig schniefend stieg Markus vom Wagen. Fara war abgesessen und hielt Ferox am Zügel.

      „Gib mir deine Hand“, sagte sie leise.

      „Denkst du, ich kann nicht allein aufsteigen?“, fragte er bissig.

      „Nein, er soll dich akzeptieren.“ Sie nahm seine Hand und hielt diese gemeinsam mit ihrer an die Nase des Hengstes. Dabei murmelte sie in dieser geheimnisvollen Hexensprache. Dann nickte Fara nur und Markus schwang sich auf das Pferd.

      „Heyja“, sagte Fara leise und Ferox setzte sich wieder an die Spitze des Zuges. Die üblichen Marotten, Markus zu ärgern, schien er vergessen zu haben.

      Fara kletterte schnell auf die Fuhrmannsbank, ehe es weiterging.

      Vitus überlegte hin und her.

      „D-Danke, dass du z-zurückgekommen b-bist.“

      Als Fara darauf nichts sagte, platzte er heraus. „Kennst Du diesen Gaul?“ Dabei deutete er nach vorn.

      Fara drehte sich zu ihm um. „Kann es sein, dass du gar nicht stotterst?“

      Erschrocken blickte Vitus starr geradeaus. „I-Ich stottere sch-schon mein g-ganzes L-Leben lang.“