Fara - Kampf um Villa Patria. Rolf Berkamm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Berkamm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752912159
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die Verbindung zur vorderen Deichsel zu zerschneiden. Mit einer Hand hatte er das Halfter gepackt, um zu verhindern, dass er von Ferox gebissen wurde. Fara griff nach ihrem Messer am Gürtel und wartete auf den Moment, wo der Mann die Deichselverbindung durchtrennt hatte. Der blickte auf und sah erschrocken Fara. Mit einer blitzschnellen Armbewegung warf sie ihr Messer. In die Brust getroffen, taumelte der Angreifer rücklings von den Pferden weg.

      Von der Fuhrmannsbank stieg Fara auf die Deichsel und balancierte darauf an die Stelle, wo der innere Zuggurt am Geschirr von Ferox eingehängt war. Mit einer schnellen Bewegung löste sie die letzte Verbindung zum Wagen und sprang auf den Rücken des Hengstes.

      „Heyja, Jago, heyja“, schrie sie und klammerte sich an dessen Mähne fest. Als hätte der Hengst nur darauf gewartet, schoss er vorwärts und riss den Mann mit dem Messer in der Brust um. In vollem Lauf übersprang er den Baum auf der Straße und war im nächsten Augenblick hinter der Straßenbiegung verschwunden.

      Irritiert schauten die Räuber hinter dem davonstürmenden Pferd her.

      Hinter dem Felsvorsprung standen die Pferde der Angreifer und versperrten die Straße. Davor hielt ein Mann Wache für die Pferde. Deren Zügel hatte er auf eine senkrecht stehende lange Stange gefädelt, die er mit der Hand umklammerte. Als der Räuber Fara angaloppieren sah, legte er die Stange auf den Boden und zog sein Schwert. Fara brachte Ferox mit knapper Not zum Stehen. Der Mann trat an Ferox heran und wollte Fara vom Pferd ziehen. Die sprang auf der anderen Seite herunter. Der Hengst tänzelte aufgeregt und biss nach dem Angreifer. Fara rannte hinter das Pferd und schaute auf der anderen Seite vor zu dem Mann mit dem Schwert. Der ließ das Halfter des Hengstes los und rannte hinter Fara her. Die verschwand von dort wieder auf ihre Seite.

      „Jago, pah, pah!“, schrie sie. Der Hengst war frei. Der Angreifer wollte um den Pferdehintern herum auf Faras Seite rennen, da schlug der Hengst mit beiden Hinterläufen aus. Die Hufeisen trafen den Brustkorb. Der Mann flog durch die Luft und krachte auf das Straßenpflaster. Der Hengst drehte sich auf der Hinterhand zu seinem Gegner um und stampfte herausfordernd mit den Vorderhufen. Fara hob rasch das Schwert auf, das der Mann hatte fallen lassen und trat an den Liegenden heran. Blut floss aus dessen Mund. Seine Augen blickten starr in den Himmel. Fara lief zu der langen Stange mit den aufgefädelten Zügeln der Pferde, hob sie auf und überlegte.

      „Jago“, rief sie. Der Hengst spitzte die Ohren.

      Fara streifte alle Zügel von der Stange ab und hängte sie in ihre Armbeuge. Dann führte sie die vielen Pferde zu Jago. Sie lehnte die Stange gegen das Pferd, fasste mit beiden Händen in das Zuggeschirr und sprang auf den Rücken des großen Pferdes. Die Hand, an deren Arm die Zügel hingen, verkrallte sie am Zuggeschirr des Hengstes. Mit der anderen Hand schnappte sie sich die lange Stange.

      „Heyja, Jago, heyja“, rief sie wieder und der Hengst trabte an, eine ganze Herde auf der einen Seite im Schlepptau.

      Als sie um den Bergvorsprung bogen, sah Fara, wie Markus und Vitus sich gegen drei Männer wehrten. Einer der Angreifer lag schon am Boden, einer blutete am Bein.

      „Ahiiijahiii!“, schrie sie ihren Schlachtruf, so laut sie vermochte. „Ahiiijahiii!“

      Das war Ansporn für den Hengst, volles Tempo aufzunehmen. Der Rest der Pferde musste folgen. Der Herdentrieb, der in jedem Pferd schlummert, brach hervor. Nichts hielt sie mehr auf. Wenn die Ersten zögerten, drängten die anderen weiter. Sie walzten die Baumkrone nieder, die quer die Straße versperrte. Fara senkte die lange Stange wie eine Lanze.

      „Ahiiijahiii!“ Und schon waren sie heran. Fara hatte ihren Hengst absichtlich außen, am Rand des Pferdepulks geführt. So waren die Pferde zwischen dem Hengst und dem sich schnell nahenden Pferdewagen gezwängt. Mit der langen Stange als Lanze trachtete sie den Angreifer, der sich mit einem Schwert gegen den Hengst wenden könnte, zu treffen. Markus und Vitus hatten eine Seite des Wagens in ihrem Rücken behalten, um nicht von hinten angegriffen zu werden. Fara hoffte, dass sich beide unter den Wagen in Sicherheit brachten.

      Durch ihren Schlachtruf hatte Fara die Angreifer abgelenkt. Die drehten sich zu spät zu den heranrasenden Pferden um. Fara krachte die stumpfe Spitze ihrer Stange dem Räuber an die Schulter, der momentan Markus angriff und die Möglichkeit gehabt hätte, vor den Pferden hinter den Wagen zu flüchten. Dann waren sie schon vorbei. Dem Pferdepulk geriet alles unter die Hufe, was da eben noch gestanden hatte.

      Fara ließ erst jetzt die Zügel der anderen Pferde los und trieb ihren Hengst weiter an. Der beschleunigte ungebremst. Fara zog das Schwert aus ihrem Gürtel. Dann hatten sie einen jungen Räuber, der mit Markus‘ kleiner Holzkiste davonkommen wollte, eingeholt und schlug ihn auf den Kopf. Die Kiste krachte auf die Erde, sprang auf und alles Geld, was darin war, verteilte sich im hohen Gras neben der Straße.

      Fara bremste den Hengst ab, wendete und kam im Galopp zurück zum Wagen. Der Hengst trabte noch, als sie absprang. Vor dem Wagen, das Schwert in der Hand, schaute sie sich um.

      Vitus war schon wieder unter dem Wagen hervorgekommen. Einer der Angreifer, der einen Tritt ins Gesicht bekommen hatte, röchelte noch. Mit zwei Schritten war Vitus heran und schlug ihm sein Schwert in den Hals.

      Jetzt erst kam Markus unter dem Wagen hervorgekrochen. Fara stand breitbeinig da, das Schwert in der Hand und mit wildem Blick. Das Blut kochte in ihr. Markus und Vitus trauten sich nicht, ihr Schwert wegzustecken. Alles war so schnell gegangen. Jetzt stand eine Furie vor ihnen, die die Schlacht entscheidend beeinflusst hatte.

      Vitus hatte sich als Erster gefangen. „Jetzt schau doch mal, wie du aussiehst. Läuft so eine Prinzessin herum? Die schöne Tunika. Man kann ja fast alles bei dir sehen.“

      Verdattert schaute Fara an sich herunter.

      Vitus stichelte weiter. „H-Hast du nicht Nadel und F-Faden, um dich o-ordentlich anzuziehen. Ich war g-gerade erst warm geworden. D-u hättest mir einen R-Räuber übriglassen können. Prinzessin F-F-Furie.“ Reden war jetzt besser, als wenn sie so weitermachte.

      „Ha. Typisch Männer. Erst palavern und sich an die Brust klopfen. In der Zwischenzeit haben sie hinter eurem Rücken den Wagen ausgeräumt und euren Hengst ausgespannt. Wenn ihr keine Legion bei der Hand habt, lasst ihr lieber eure Frauen Hab und Gut verteidigen. Ha, Römer!“ Das klang so, als ob ‚Römer‘ das schlimmste Schimpfwort war, das Fara kannte.

      „Können wir jetzt die Schwerter wegstecken, oder willst du uns auch massakrieren?“, fragte Markus nach einer kleinen Pause. Ein Ärmelende seiner Tunika hing aufgeschlitzt am Arm. Aber Blut war da nicht zu sehen. Nur am Bein hatte er eine kräftige Schramme.

      Fara warf vor Wut ihr Schwert hin, „Macht doch euren Mist allein. Du kannst dein ganzes Geld dort aus dem Gras herauslesen, Herr. Ich brauche jetzt mein Messer.“

      Markus stutzte. „Wozu brauchst du jetzt ein Messer?“

      „Hast du Nadel und Faden?“, fragte sie.

      Damit ging Fara zu dem Toten mit ihrem Messer. Das zog sie heraus, wischte es an der Kleidung des Mannes ab und holte sich ihr Sagum. Dann suchte sie sich am Rande des Hanges ein einsames Plätzchen, zog ihre Tunika aus und hängte sich ihr Sagum um. Als sie bequem saß, öffnete sie das Ende ihres hohlen Messerheftes und holte ein kleines Bündel heraus, bei dem sie wusste, dass da Nadel und Faden dabei waren.

      Währenddessen umrundeten die beiden Männer den Pferdewagen, um sich das Schlachtfeld und die Schäden anzusehen. Die Räuber, gegen die sie gekämpft hatten, hatten die Pferde zertrampelt.

      „Hast du gesehen, wie sie den einen Räuber mit der Stange umgeworfen hat?“, fragte Markus.

      „Nein. Ich hatte zu tun, unter den Wagen zu kommen. Aber möchtest du auf dem wilden Ferox freihändig ohne Sattel reiten?“, entgegnete Vitus.

      Sie waren auf der anderen Seite des Wagens angelangt. Da lag der Räuber, der Fara auf dem Wagen angegriffen hatte.

      „Sieh dir das an. Der musste gleich zweimal sterben, weil er was von ihr wollte. Loch im Bauch und Messer im Hals haben nicht ausgereicht. Auch die Nase hat sie ihm gebrochen. Markus, lass bloß die Hände von der. Das ist eine Furie.“ Vitus blies die