Aus dem Off. Ruliac Ulterior. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ruliac Ulterior
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752904697
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beschnarchten einander nachts ausgiebig.

      Im Ägyptischen Museum fand ich vor allem Nofretete äußerst beeindruckend, im Technik-Museum war ich sehr angetan von Konrad Zuses erstem, mechanischen Computer und von der Ju 52, einem deutschen Flugzeug aus den dreißiger Jahren.

      Außer diesem waren zwei Düsenjäger, ein deutscher Nurflügler, ein zerschosssener STUKA und noch viele andere Flugzeuge im Original innerhalb des Gebäudes zu bestaunen. Wirklich eine Leistung, die ganzen Flieger dort hinein gequetscht zu bekommen! Für die Besichtigung der Raketenantriebe reichte die Öffnungszeit leider nicht mehr aus.

      Es gäbe noch vieles zu berichten, doch auch mein Zeitfenster hier am Terminal der öffentlichen Bibliothek nähert sich dem Ende. Mein Internet-Provider hat sich nämlich immer noch nicht bei mir gemeldet.

      Dienstag, 8. Januar 2008, 15 Uhr 29

      In der Bibliothek bei mir in der Nähe kann man bloß über das langsame ISDN ins Internet kommen, wie ich heute erfuhr. Ich hatte mich schon über die grottige Geschwindigkeit beim Surfen gewundert. Mein Wohnviertel ist offenbar noch gar nicht an das DSL-Netz angeschlossen. Das würde auch die Werbung für WiMAX Funk-DSL erklären, die ich letztens in einem Schaufenster bemerkte. Doch im Augenblick sitze ich hier in einer anderen Filiale der Bibliothek, nur ein paar hundert Meter entfernt von derjenigen, die ich sonst nutze. Und hier kommt man ohne Probleme über DSL ins Internet. Vielleicht also auch in meiner Wohnung? Immerhin fiel der Verfügbarkeits-Check auch bei dem neuen Anbieter positiv aus. Aber mein Vertrauen in solche Angaben hat deutlich eingebüßt. Wenn die sich nur endlich mal melden würden! Durch meinen Antrag bei denen bin ich vertraglich bereits an sie gebunden. Ich brauche endlich eine verlässliche Zu- oder Absage! Und dieses öffentliche und zeitbegrenzte Surfen hier in der Bibliothek nervt irgendwann nur noch!

      Donnerstag, 10. Januar 2008, 16 Uhr 18

       Ich komme einfach nicht wirklich vorwärts. Mit der Sozialphobie- und Borderline-Scheiße würde ich schon irgendwann fertig werden, aber nicht, ohne vorher die körperlichen Beschwerden endlich wegbekommen zu haben, so dass ich mich zumindest in meiner physischen Haut wohlfühle. Von der Wiederaufnahme eines Kampfsporttrainings bin ich weiter entfernt denn je. Meine Gelenkschmerzen werden eher schlimmer als besser.

      Ich müsste endlich wieder schwimmen gehen. Hier in Berlin bin ich noch kein einziges Mal in einer Schwimmhalle gewesen. Doch mein Ekel vor diesen pilzverseuchten Kachelbuden ist ein zu gutes Futter für meinen inneren Schweinehund, ganz abgesehen von dem ganzen Lärm und den überfüllten Becken.

       Außerdem habe ich erneut an Gewicht zugelegt. Ich ertrage mich gerade selbst nicht mehr.

      Freitag, 11. Januar 2008, 17 Uhr 8

      Noch immer keine Nachricht von meinem Provider. Auch meine ebenso zahlreichen wie langwierigen Versuche, irgendjemanden dort über die Info-Hotline zu erreichen, liefen ins Leere. Mir reichts jetzt! Um wenigstens aus deren Vertrag rauszukommen, habe ich gestern schriftlich meinen Auftrag zurückgezogen. Sobald ich die Bestätigung darüber im Briefkasten habe, steige ich auf Funk-DSL um. Das soll innerhalb von fünf bis zehn Tagen in meiner Wohnung installiert sein - angeblich.

      Montag, 14. Januar 2008, 11 Uhr 31

      Du meine Güte! Hier neben mir in der Bibliothek kriegt gerade eine Omi das mit den Computern erklärt. Ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen.

      Es wird wirklich Zeit, dass ich meine Monatskarte für den Nahverkehr und einen eigenen Netzzugang bekomme. Ich will endlich diese Stadt entdecken. Allmählich versauere ich hier auf meinem Brückenkopf am Waldrand. Bloß immer schön die Nerven behalten!

      Freitag, 18. Januar 2008, 11 Uhr 45

      Heute wagte ich nach langer Zeit wieder einen Versuch, meine Ernährungsprobleme mit einem Arzt zu erörtern. Ich wollte endlich meine anscheinend bestehende Unverträglichkeit gegenüber Weizen abklären lassen. Gerade bin ich von der Ärztin zurückgekommen. Sie meinte, dass eine Unverträglichkeit gegen Weizen bei mir nicht vorliegen könne, da eine solche immer Durchfälle verursache. Meinen Vorschlag, sicherheitshalber eine Darmspiegelung durchführen zu lassen, lehnte sie ab. Zwar fand auch sie die Vermutung naheliegend, dass meine Probleme mit dem Zuckerkonsum zusammenhängen könnten, doch ansonsten konnte sie wenig anfangen mit den Ergebnissen meiner ernährungsbezogenen Selbstversuche oder gar einer kohlenhydratfreien Kost. Mit Ausnahme der Bestätigung bezüglich des Zuckers gibt es also auch weiterhin keine Hilfe von ärztlicher Seite. Ich muss es also doch alleine packen.

       Es ist vielleicht menschlich, dass man im Leben mehr auf seine Probleme sieht als auf das Gute. Und womöglich hat das auch einen Sinn. Denn schließlich besteht dort, bei den Problemen, der Handlungsbedarf. Aber von Zeit zu Zeit muss man sich selbst daran erinnern, was man alles hat im Leben. Inzwischen gibt es einiges bei mir, das sich positiv entwickelt hat. Und jetzt nehme ich mir mal die Zeit und schreibe das ausdrücklich auf: Ich bin endlich weg aus Aachen. Das fühlt sich richtig gut an. Normalerweise müsste ich mir jetzt noch jahrelang meinen Umzug nach Berlin vom Munde absparen. Stattdessen bin ich schon hier. Das Nahverkehrsticket für Februar habe ich auch bereits in der Tasche. Ab dem nächsten Monat werde ich also wieder an den Treffen einer Selbsthilfegruppe teilnehmen und vor allem diese Stadt entdecken können. Vielleicht werde ich sogar wieder in ein Fitness-Studio fahren. Die Schrägbank nebst Zubehör lagert seit dem Einzug noch unausgepackt im Keller. Das Training im Studio ist einfach effektiver.

       Dieses öffentliche Schreiben hier in der Bibliothek, dazu noch unter Zeitdruck, zieht mich runter. Ständig sieht mir irgendjemand auf den Bildschirm. So macht das Internet echt keinen Spaß!

      Montag, 21. Januar 2008, 11 Uhr 54

       Seit dem letzten Eintrag gingen mir einige wichtige Gedanken durch den Kopf, aber hier, am öffentlichen Terminal der Bibliothek, ist alles wie weggeblasen. Wieder bekommt Omi etwas Computertechnisches erklärt und außerdem laufen die Angestellten ständig hinter meinem Rücken herum. Darüber hinaus tickt die Uhr. Für diesmal gebe ich es auf. Das hat so einfach keinen Sinn.

      Freitag, 25. Januar 2008, 14 Uhr 24

      Heute ist endlich ein Brief vom Kolleg gekommen. In ihm steht allerdings lediglich, dass meine Angelegenheit an die Schulaufsichtsbehörde weitergeleitet wird. Das bedeutet, dass ich an dem diesjährigen Vorkurs, der in drei Tagen beginnt, auf keinen Fall mehr teilnehmen kann und somit frühestens Anfang 2009 auf dem Kolleg angenommen werden könnte. Wenigstens dieser Punkt hat sich also somit nun endgültig geklärt.

      Mittwoch, 30. Januar 2008, 14 Uhr 21

      Ich habe die monatliche Handy-Rechnung erhalten. Eigentlich wären nur die üblichen zehn Euro für meine Flatrate ins Telefonfestnetz fällig gewesen. Doch meine Versuche, bei der Hotline meines Internetanbieters durchzukommen, haben mich siebzig Euro gekostet! Angeblich sollten erst Kosten entstehen, sobald ich einen von deren Mitarbeitern am Apparat haben würde. Jetzt heißt es plötzlich, dass das für Handys nicht gelte. Gottverdammte siebzig Euro verbraten - für nichts!

      Den ganzen Tag geht mir nur Geld im Kopf herum. Abends schlafe ich erst nach Ewigkeiten mit Zahlen im Kopf ein und morgens wache ich mit Zahlen im Kopf auf! Und jetzt auch noch das!

      Gestern nach dem Lauftraining war mein rechtes Knie geschwollen und ich konnte den ganzen Tag über nur noch humpeln. Beim Einkaufen jaulte ich mehrmals auf vor Schmerz. Heute ist es zwar etwas besser, aber immer noch deutlich schlechter als vor dem Laufen. Ich habe Angst, diesen Sport bald nicht mehr ausüben zu können. Das ist mein größter Albtraum.

      Es ist wieder so weit, dass ich mir wünsche, morgens nicht mehr aufzuwachen. Das Schlimmste an allem ist, dass es mir nicht gelingt, zu resignieren. Einfach abzuhängen ohne inneren Antrieb, ohne falsche Hoffnungen, ohne ständig gegen all diese Wände zu laufen, ohne sich an den Fesseln