»Ihnen und Zwergen.«
Nedeam starrte ihn sprachlos an, und so schilderte ihm Dorkemunt, was
sich im Norden ereignet hatte. Unterdessen zogen sie Nedeams einfache
Rüstung hervor, und der junge Pferdelord begann aufgeregt, sich anzukleiden,
wobei er Dorkemunts Bericht immer wieder durch seine Fragen unterbrach.
Zunächst wurden die wollenen Beinkleider angelegt, die Beine und
Unterleib bedeckten. Sie wurden mit angenähten Schnüren an einem Gürtel
befestigt, der um den Leib getragen wurde. Dazu kam ein weites Hemd mit
rundem Ausschnitt und langen Ärmeln, das fast bis zu den Knien reichte.
Anschließend wurden die Reithosen aus feinem braunem Leder über die
Beinkleider gezogen und ebenfalls am Gürtel befestigt. Darauf folgte das
Wams. Es reichte bis an das Gesäß und bestand aus gutem Tuch. Im Sommer
wurde ein ungefüttertes Wams ohne Ärmel getragen, im Winter eines mit
langen Ärmeln und einem ledernen Überfutter. Je nach Neigung und Stellung
des Besitzers konnte das Wams auch Zierstickereien aufweisen.
»Fette die Stiefel und Fußlappen ordentlich ein«, riet Dorkemunt. »Der
Weg ist sicherlich beschwerlich, und Blasen sind ein rechtes Ärgernis.«
»Ja, schon gut, ich weiß es doch«, sagte Nedeam, und Dorkemunt musste
über den Eifer seines Freundes schmunzeln.
Aber es stimmte ja, er selbst hatte Nedeam ausgebildet, und der Junge
wusste, worauf es ankam.
Die Stiefel eines Pferdelords wurden mit Fett eingerieben, sodass sie dem
Wetter widerstanden und geschmeidig blieben. Zum Schutz der Füße wurden
diese in lange Tuchstreifen gewickelt, bevor man das Schuhwerk überzog.
Auch diese Tuchstreifen wurden gefettet, sodass sie die Haut der Füße nicht
wund rieben.
Zum ersten Mal legte Nedeam nun seine Rüstung an. Er verfügte ebenso
wenig wie Dorkemunt über einen Brustpanzer. Stattdessen streifte er ein
dickes Lederkoller über, wobei Dorkemunt ihm helfen musste, Brust- und
Rückenteil durch Riemen und Schnallen miteinander zu verbinden. Das dicke
Leder war mit einem Harz gehärtet, und in das Brustteil hatte Nedeam das
Symbol der Hochmark eingeprägt. Der grüne Rundschild Nedeams war blau
eingefasst und zeigte in weißer Farbe die Tatze eines Pelzbeißers. Nedeams
Großvater hatte einst einen dieser Räuber erlegt, und Nedeam selbst war
nahezu unbewaffnet einem anderen Exemplar entgegengetreten. Dorkemunt
fand, dass die Tatze durchaus ein passendes Symbol für den Jungen und
dessen Mut war.
An Waffen gürtete Nedeam einen kurzen Dolch und das Schwert seines
verstorbenen Vaters Balwin um. Er war noch nicht besonders geschickt im
Umgang mit dem Schwert, doch übte er fleißig und würde es bald
beherrschen. Mit dem Bogen hingegen war Nedeam schon jetzt ein
vortrefflicher Schütze. Nur die Stoßlanze bereitete Dorkemunt Sorge. Der
Junge konnte noch nicht genügend Kraft hinter die Lanze setzen, um die
dicke Rüstung eines Rundohrs zu durchstoßen.
Nedeam schlang sich den langen grünen Umhang der Pferdelords um die
schmalen Schultern und schloss die Spange mit den Pferdeköpfen vor seinem
Hals. Zuletzt setzte er den halbrunden Helm mit dem rotbraunen Lederbezug
auf den Kopf. Dorkemunt nickte zufrieden. »Du siehst wahrlich aus wie ein
Pferdelord, Nedeam, mein Freund. Nun lass uns reiten und beweisen, dass du
den grünen Umhang zu Recht trägst.«
Dorkemunt vergewisserte sich, dass die Glut der Feuerstelle erloschen war.
Die Wolltiere würden Futter und Wasser finden und sich bis zur Schur noch
etwas gedulden müssen. Die beiden so unterschiedlichen Pferdelords nahmen
die gefüllten Provianttaschen auf, gingen zur Tränke und füllten ihre
Wasserflaschen. Dann holte Nedeam seinen Hengst Stirnfleck aus der
Koppel, der vor Aufregung bereits schnaubte. Schließlich hängten sie ihre
grünen Schilde links an die Sättel und saßen auf.
Nedeam reckte sich stolz im Sattel, als sie ihre Pferde antrieben und das
Tal verließen. Zum ersten Mal in seinem Leben ritt er als Pferdelord einem
Kampf entgegen.
Kapitel 10
»Beim Dunklen Turm, Barus, mein Freund, es war ein merkwürdiges Ding.«
Guntram stieß lautstark auf und streckte Malvin erneut den geleerten Becher
entgegen. »Gib mir noch etwas von deinem seltsamen Gerstensaft, Malvin,
mein Freund.« Der muskulöse Schmied schwankte und musste sich für einen
Moment am Tresen festhalten. »Dein Gerstensaft schmeckt manchmal
genauso komisch wie dieses merkwürdige Ding.«
»Dann war es also zum Essen?« Malvin schenkte zögernd nach. Guntram
schien eine Neuigkeit zum Besten geben zu wollen, aber er hatte schon mehr
getrunken, als ihm guttat. Malvin überlegte ernsthaft, ob er den Gerstensaft
nicht etwas verdünnen sollte, damit es Guntram wenigstens noch schaffte zu
berichten, was ihn so erregt hatte.
Guntrams Haar war lang und grau geworden, und seine Augen waren auch
nicht mehr besonders gut, aber er fertigte noch immer die besten
Schurklingen, Waffen und Rüstungen der ganzen Stadt. Wenn er sich
bewegte, wurden unter seinem halb geöffneten Wams gelegentlich die Narben
früherer Verletzungen sichtbar. Guntram war einst ein sehr guter Pferdelord
gewesen, und wenn seine Augen es noch zugelassen hätten, so wäre er wohl
dem Eid noch immer gefolgt.
»Zum Essen?« Guntram wirkte einen Augenblick verwirrt und schüttelte
dann den Kopf. »Nein, nein, guter Freund, es war nicht zum Essen. Aber es
war merkwürdig.«
Guntram grinste Malvin bierselig an und zeigte dabei seinen fast zahnlosen
Mund. Er hatte vor Jahren einmal behauptet, der Weg zwischen Burg und
Stadt