darüber zu schweigen, dass ihr den Orks begegnet seid. Solange die Mark
nicht unmittelbar in Gefahr ist, möchte ich die Menschen nicht beunruhigen.«
Die beiden Pferdelords grüßten zum Abschied, und Larwyn folgte ihnen in
Begleitung von Tasmund die Treppe hinunter, um das Hospital der Heilerin
aufzusuchen. Sie überquerten den vorderen Hof und schritten unter den drei
Torbögen der neu errichteten Mittelmauer hindurch an der Unterkunft der
Schwertmänner vorbei zum Eingang des Hospitals. Dabei gingen sie
gemessenen Schrittes, denn jede erkennbare Eile hätte nur unnötig für
Aufregung gesorgt.
Sie stiegen die Stufen zu den Räumen der Heilerin hinauf und pochten
kurz an die geschlossene Tür, bevor sie öffneten. Im Land der Pferdelords
war es nicht allein ein Gebot der Höflichkeit, vor dem Betreten eines Raumes
an die Tür zu klopfen. Vielmehr tat man damit seine friedlichen Absichten
kund, wer jedoch eine Tür ohne Ankündigung öffnete, riskierte einen raschen
Schwertstreich. Auch Meowyn, die Heilerin, verstand sich auf den Umgang
mit Waffen. Als sie vor Jahren noch zusammen mit ihrem Mann Balwin und
ihrem Sohn Nedeam die Wolltierherden hütete, hatte sie den Umgang mit
Bogen, Lanze und Schwert erlernt, auch wenn sie letzteres Instrument nicht
besonders liebte.
Das kleine Hospital erstreckte sich über zwei Stockwerke. Im unteren
Geschoss lag der Behandlungsraum, in dem Meowyn ihre Heilkunst
praktizierte. Dahinter schloss sich das Schlafgemach der Heilerin an. Der
Behandlungsraum war eigentlich recht groß, wirkte aber durch die
Einrichtungsgegenstände überfüllt und eher ungemütlich. In der Mitte des
Raumes stand der Behandlungstisch, auf dem Meowyn die Verwundeten
versorgte. Es war ein massiver Tisch mit einer dicken Holzplatte, die
zahlreiche Kerben aufwies, vor allem an den Kanten, in die so mancher
Patient vor Schmerz seine Finger gekrallt hatte. Auf der Platte des Tisches
hoben sich dort die Kerben dunkel ab, wo Blut das Holz verfärbt hatte.
Es gab nicht viel, was den Schmerz linderte, wenn ein Knochenbruch
versorgt und eine Wunde genäht oder gar ausgebrannt werden musste. Meist
erhielt der Verletzte eine ordentliche Portion Alkohol und einen ledernen
Knebel, den man ihm zwischen die Zähne schob, damit er sich im Schmerz
nicht die Zunge abbiss. Manchmal half auch ein wohl dosierter Hieb, um den
Patienten ruhigzustellen. Die Elfen verstanden sich auf die Verabreichung
von Kräutern, welche den Schmerz betäubten, doch diese Kräuter waren
selten, und Meowyn hatte sie bei ihren Ausritten in der Hochmark bislang
nicht finden können.
Meowyn war oft in der Hochmark unterwegs, sammelte Kräuter, Beeren
und Moose und kratzte Rinde von den Bäumen, um all dies später zu
untersuchen. Die Beschäftigung mit der Natur war ihr von der elfischen
Heilerin Leoryn nahegebracht worden, die ihr einiges vom elfischen Wissen
vermittelt hatte. Die Heilerin experimentierte mit den Substanzen, mischte sie
und erkundete, welche Heilkräfte ihnen eigneten. Zu diesem Zweck stand an
einer Seite des Raums ein langer Tisch, auf dem sich Becher, Schalen, irdene
Krüge und Stößel drängten. An den Wänden erhoben sich Regale, die
angefüllt waren mit Schachteln, versiegelten Gefäßen und Bündeln von
trocknenden Kräutern.
Vom Behandlungsraum aus führte eine breite Treppe ins Obergeschoss, in
dem Verwundete oder Erkrankte betreut werden konnten. Der
Treppenaufgang ließ sich von oben mit einer Klappe verschließen, um zu
verhindern, dass sich Erkrankte im Fieberwahn von der Bettstatt erhoben und
die Treppe hinunterstürzten.
Am Fuß des Treppenaufgangs führte eine Tür in Meowyns Kammer. Die
Heilerin war sehr genügsam, und so enthielt die Kammer nicht viel mehr als
eine Bettstatt, zwei große Kisten mit ihren Kleidern und Habseligkeiten sowie
einen kleinen Tisch nebst Schemel. Sie wohnte nun nicht mehr auf Balwins
Gehöft, denn die Erinnerung an ihren Mann schmerzte sie noch zu sehr.
Natürlich hätte Meowyn auch ein Haus in der Stadt beziehen können, aber die
blonde Frau empfand eine tiefe Freundschaft zu Larwyn und fühlte sich
zwischen den Pferdelords in der Burg Eternas wohl. Nein, die einfache
Kammer reichte ihr, zumal sie hier nur schlief, denn meist versorgte sie die
Menschen oder war in der Hochmark unterwegs.
Die beiden verwundeten Pferdelords aus Kormunds Schar saßen noch
unbehandelt auf einer Bank neben der Tür und sahen der Heilerin dabei zu,
wie sie sich mit geübten Händen um den kleinen Mann bemühte. Meowyn
hatte zwei Gehilfen, die ihr zur Hand gingen und dabei von ihr lernten, denn
sollte es Meowyn einmal nicht möglich sein, mussten sie sich um die
Verletzten und Erkrankten kümmern. Doch die meisten Bewohner der
Hochmark verstanden sich auf die Versorgung von einfachen Verletzungen,
wie Schnitt- und Schürfwunden oder Knochenbrüchen, und ein Pferdelord
war nicht unbedingt zimperlich, wenn es darum ging, die eigenen Wunden zu
behandeln.
Früher hatte man die Wunden mit einer Auflage von Moos versehen, das
einer Entzündung entgegenwirkte, und dann einen Verband darübergelegt,
oder man hatte sie ausgebrannt und die Blutgefäße mit einem glühenden
Eisen verschlossen. Von den Elfen hatte Meowyn gelernt, dass es meist
besser war, die Wunde mit einem Faden zu vernähen und so zu schließen.
Aber es brauchte seine Zeit, diese Erkenntnisse zu vermitteln.
Meowyn blickte kurz auf, als die Tür geöffnet wurde, und wandte sich
dann wieder ihrem Patienten zu. »Ihr müsst euch gedulden, ich kann euch
noch nicht viel sagen. Er hat viel Blut verloren, und die Pfeilwunde ist tief.
Der Schaft ist recht grob. Ein Orkpfeil, nehme ich an?«
»Ja«,