in der Stadt waren. Daher waren sie nun auf ihrem Weg zur Burg von Süden
her in die Stadt gekommen. Korwin hoffte, dass Larwyn und Tasmund für
sein Handeln Verständnis haben würden, doch seine erste Sorge galt der
Hochmark und nicht den Verwundeten.
Der Schatten des Haupttores fiel über die kleine Schar, und sie hörten die
Rufe der wachhabenden Schwertmänner, als die Hufe ihrer Pferde über den
vorderen Burghof klapperten.
»Was ist geschehen, guter Herr Kormund?«, rief eine der Wachen zu ihnen
hinüber. »Ihr macht den Anschein, als wäret ihr in ein Gefecht geraten. Und
was ist das für ein seltsamer kleiner Mann bei euch?«
»Ihr werdet alles erfahren«, erwiderte Kormund. »Doch zunächst muss ich
der Hohen Dame Larwyn und dem Ersten Schwertmann Tasmund Bericht
geben.«
Einer der beiden Schwertmänner vor dem Haupthaus eilte zu Kormund
hinüber und nahm die Zügel seines Pferdes, als sich der Scharführer aus dem
Sattel schwang. Kormund reichte einem weiteren hinzugekommenen
Schwertmann die Lanze mit dem Berittwimpel, und als dieser das geronnene
schwarze Blut daran erkannte, verengten sich kurz seine Augen, und er nickte
Kormund schweigend zu. Der Wimpel würde ohne viel Aufheben vom Blut
der Bestien gesäubert werden. Aus dem hinteren Burghof eilten nun Männer
und Frauen herbei, während eine aufgeregte Stimme bereits nach der Heilerin
Meowyn rief.
»Gebt acht«, murmelte Dorkemunt erschöpft, als man ihm den
verwundeten Zwerg aus den Armen nahm. »Er hat viel Blut verloren. Die
Heilerin soll sofort nach ihm sehen.«
Auch die anderen schwangen sich nun aus den Sätteln, und der verletzte
Pferdelord mit dem aufgerissenen Bein stöhnte schmerzerfüllt, als ein
herbeieilender Helfer versehentlich dagegenstieß. Einer der unverletzt
gebliebenen Reiter nahm die Zügel der Pferde, um sie zu den Stallungen zu
führen und zu versorgen. Indessen gingen Kormund und Dorkemunt auf das
Haupthaus zu, nicht ohne im Vorbeigehen hastig ihren Durst an dem großen
Brunnen zu stillen, der vor dem Gebäude stand. Kormund blickte zu den
Fensterbögen hinauf, hinter denen sich das Amtszimmer seines Pferdefürsten
Garodem befand, und er erkannte Larwyn, die dort mit ihrem Sohn auf dem
Arm stand und zu ihm hinuntersah. Kormund nickte ihr zu und richtete sich
seufzend auf.
»Komm, Dorkemunt, mein Freund«, murmelte er. »Wir haben schlechte
Nachrichten zu überbringen.«
»Ist dir schon einmal der Gedanke gekommen, Kormund, mein Freund,
dass heimkehrende Streiftrupps, die augenscheinlich Feindberührung hatten,
immer nur schlechte Nachrichten bringen?«
Kormund lächelte knapp. »Nein, darauf wäre ich niemals gekommen, mein
Freund. Aber nun lass uns hinaufgehen, die Hohe Dame hat uns bereits
gesehen und wird schon warten.«
Sie schritten die Stufen unter dem Vorbau hinauf, durch die massive
Doppeltür hindurch und traten aus dem gleißenden Sonnenlicht in das
Halbdunkel des Erdgeschosses. In dem schmalen Gang, den sie betraten,
brannte auch tagsüber eine Reihe von Brennsteinlampen, denn im
Erdgeschoss gab es bis auf ein paar schmale Wanddurchbrüche in der großen
Halle weder Fensteröffnungen noch Schießscharten. Linker Hand führte eine
Treppe zum mittleren Wehrgang hinauf, der die beiden Burghöfe voneinander
trennte. Sie folgten dem Korridor und betraten durch eine offen stehende Tür
die große Versammlungshalle.
Einer der riesigen Brennsteinleuchter war entzündet, und sein düster
wirkendes Licht hob die Umrisse der Säulen aus schwarzem Stein hervor,
welche die Halle umgaben. Im Flackern der Brennsteinflammen tauchten
gelegentlich die zwischen den Säulen aufgestellten Lanzen mit den Bannern
und Wimpeln der Pferdelords aus dem Dunkel hervor. Nur das große Banner
mit dem Symbol der Hochmark, das an der Stirnseite des Raumes hing, war
deutlich zu erkennen. Bänke und Tische der großen Halle waren leer, und die
Schritte der beiden Männer hallten von den massiven Steinwänden wieder.
Sie gingen an dem wuchtigen Kamin vorbei und stiegen rechts davon die
Stufen jener Treppe hinauf, die zum Amtsraum des Pferdefürsten und seinen
privaten Gemächern führte. Als sie das breite hölzerne Podest vor der Tür
zum Amtsraum erreichten, legte der hier postierte Schwertmann der Wache
grüßend die Hand an den Schwertgriff. »Die Hohe Dame Larwyn erwartet
Euch bereits, Kormund.«
Der Schwertmann schlug kurz an die schwere Tür und öffnete sie dann.
Die beiden Pferdelords betraten das Amtszimmer Garodems, und Kormund
legte grüßend die Hand an den Schwertgriff, während Dorkemunt, der sich
noch nie wirklich mit Schwertern hatte anfreunden können, die Klinge seiner
Axt ehrerbietig auf den Boden setzte.
»Scharführer Kormund vom ersten Beritt«, meldete Kormund förmlich.
»Zurück vom Streifritt an der Nordgrenze, Hohe Dame Larwyn.«
Larwyn hatte ihren Sohn in der Zwischenzeit in die Obhut einer der Mägde
gegeben und stand nun vor dem großen Schreibtisch ihres Gemahls. Sie wies
auf die gepolsterten Stühle, die vor dem massigen Möbel standen, und
lächelte. »Ihr seht erschöpft aus, ihr guten Herren. Setzt euch und nehmt eine
Erfrischung, bevor ihr mir berichtet.«
Kormund nickte dankbar und stieß Dorkemunt an, der verunsichert nach
einem geeigneten Stellplatz für seine riesige Streitaxt suchte. Schließlich
lehnte er sie neben der Tür an die Wand und folgte seinem Scharführer zu den
Stühlen. Erleichtert seufzend nahmen sie Platz. Larwyn reichte ihnen zwei
Becher mit kühlem, wohlschmeckendem Wein.
Sie war sichtlich ungeduldig, Kormunds Bericht zu hören, doch