war diese Möglichkeit verständlicherweise versperrt. Kein Befehlshaber einer
Festung oder Garnison schätzte es, neben der Kampftruppe auch noch einen
Tross an Weibern und Kindern versorgen und beschützen zu müssen.
»Nun, was gibt es, Waffenmeister?«, fragte ta Geos an Livianyas Stelle.
Dies entsprach dem strengen Reglement der Garde. Ein einfacher Soldat
durfte seinen Kommandanten jederzeit ansprechen. Händler, Handwerker und
andere Zivilpersonen mussten jedoch mit dessen Stellvertreter
vorliebnehmen.
»Es geht um die neuen Dampfkanonen, Hochgeborene Herrschaften.« Der
Mann wies zu den nach Jalanne weisenden Mauern. »Wie Ihr wisst,
Hauptmann, wurden zwei weitere dieser Waffen angeschafft. Die
Brennsteinkessel und Dampfzuleitungen sind jedoch nur für die bisherigen
Geschütze ausreichend. Oh, ich kann das natürlich ändern, Hochgeborene
Herrschaften. Doch dazu muss ich eine neue Zuleitung durch die Decke des
Pferdestalls legen. Ihr wisst ja, wir nutzen die Dampfleitungen, um im Winter
die Unterkünfte und Ställe zu heizen.«
Auf dem Plateau wurde es im Winter bitterkalt. Es reichte den Gardisten,
wenn sie schon auf Wache oder im Dienst froren. Da sollten wenigstens die
Unterkünfte behaglich warm sein. Vor einigen Jahren hatte Maratran fünf der
neuartigen Dampfkanonen erhalten. Sie hatten sich bei der Flotte und der
Verteidigung von Alneris bewährt. Nun wurden auch die Grenzfestungen
nach und nach mit ihnen ausgerüstet. Im Falle Maratrans hielt die Hohe Dame
diese Kanonen jedoch für überflüssig. Die Festung lag so hoch, dass sie kaum
vom Feind beschossen werden konnte, während schon ihre kleinsten
Katapulte weit in das Vorfeld hineintrugen. Dennoch hatte sie der Lieferung
zugestimmt. Denn der Betrieb, der die Waffen fertigte, gehörte einem
einflussreichen Mitglied des Kronrates, und sie wollte sich durch eine
Ablehnung nicht die Gewogenheit der Ratsmitglieder verscherzen. Nicht
allein wegen ihrer Person, sondern weil der König und der
Oberkommandierende ta Enderos sich dort für sie einsetzten.
»Fragt ihn, wo das Problem liegt«, sprach sie den Hauptmann an, blickte
dabei aber in die Augen des Schmiedes. Manchmal konnte das Reglement ein
wenig umständlich sein.
»Sagt der Hochgeborenen, der Stallmeister befürchtet, durch die Arbeiten
werde die Stabilität der Stalldecke geschwächt, da sie durchbrochen werden
muss.«
Ta Geos antwortete direkt und mit den Worten, die Livianya gewählt hätte.
»Es sind Kriegspferde. Ihre Sicherheit geht vor unserer Bequemlichkeit. Doch
der Winter ist nicht mehr allzu fern. Besprecht mit dem Stallmeister, was er
für nötig hält. Er ist für den Stall, die Pferde und deren Sicherheit
verantwortlich. Somit gilt sein Wort.«
Der Waffenschmied seufzte entsagungsvoll. »Er wird ein paar zusätzliche
Säulen einziehen wollen. Das kostet Zeit und Schüsselchen.«
»Auf Zeit und Schüsselchen können wir nicht gegen den Feind reiten«,
meinte ta Geos knapp.
Der Mann seufzte erneut und nickte ergeben. Als er außer Hörweite war,
stieß Livianya einen leisen, wenig damenhaften Fluch aus. »Seit der König
die Schüsselchen als Währung eingeführt hat, scheinen sie zunehmend das
Reich zu regieren. Wenn die Garde früher etwas benötigte, dann bekam sie es
auch. Heute wird zunächst danach gefragt, wie viel es kosten mag.«
Der Hauptmann konnte ihre Bitterkeit verstehen. »Wenn eine Bedrohung
vor den Toren des Reiches auftaucht, wird niemand mehr danach fragen.«
»Womit wir beim Thema wären, mein guter Bernot.« Livianya deutete
zum Turm, wo sich die Unterkünfte der Offiziere und der überlebenswichtige
Brunnen befanden. »Suchen wir meine Räume auf.«
Die Ehrenwache salutierte und öffnete die eisenbeschlagene Tür, in die das
Wappen des Reiches Alnoa eingearbeitet war. Sie führte auf einen Gang, der
den Schacht des Aufzugs kreisförmig umgab. Die von dem Gang abgehenden
Räume hatten dementsprechend leicht keilförmige Grundrisse. Livianya
beschränkte sich auf die Nutzung dreier Räume. Der vordere war am größten
und diente ihr als Amtsraum. An dessen breiter Stirnseite, der Außenmauer
des Turms zugewandt, befand sich die Tür, die zu ihren Privaträumen führte,
dem Schlafgemach und dem einzigen Luxus, den sie sich erlaubte, einem
kleinen Baderaum.
Die Tür zu ihrem Schlafgemach war offen. Ein Gardist und der Seilmacher
der Festung standen an Livianyas Bett, das sie zuvor auseinandergenommen
hatten. Es bestand aus einem sorgfältig bearbeiteten und mit Schnitzereien
verzierten Holzrahmen und einem langen dünnen Seil. Im Holzrahmen
befanden sich Bohrungen, durch die das Seil gitterförmig hindurchgefädelt
wurde. Auf diesem federnden Gitter ruhte das Polster des Bettes. So gut das
Seil auch war, es hatte schon viele Jahre seinen Dienst getan und war
schließlich gerissen. Livianya hatte einige Tage auf dem blanken Boden
genächtigt. Es machte ihr nicht viel aus. Immerhin brauchte sie ihn nicht, wie
auf einem Streifenritt, nach spitzen Steinen oder gefährlichem Getier
abzusuchen.
Der Seilmacher bemerkte die Eintretenden. Da er ebenfalls kein Mann der
Garde war, wandte er sich an Hauptmann ta Geos. »Sagt der Hochgeborenen,
sie wird ihre Bettstatt heute Nacht wieder benutzen können. Es ist ein gutes
neues Seil. Ich habe es sorgsam aus den besten Fasern gedreht. Vier Tage
lang habe ich es mit Gewichten behängt. Es wird lange halten und der
Hochgeborenen erholsame Nächte bescheren.«
Bei der Bespannung eines Bettes war es sinnvoll, das Seil zuvor mit einem
schweren Gewicht zu belasten. Denn ein neues Seil dehnte sich noch, und
man