nachmals Abt des Schottenklosters St.
Jakob in Würzburg, war nicht sobald zu Würzburg
angekommen, als der Ruf seiner Heiligkeit sich verbreitete.
Eines Tages kam er in Geschäften zu dem
Bischof Embrico, welcher ihn gar freundlich empfing
und befahl, nach Landes Gebrauch mit einem guten
Trunke Wein zu bewillkommnen. Macarius, fest entschlossen,
bei seiner strengen Lebensart und Abbruch
von Wein zu verharren, entschuldigte sich ehrfürchtig
mit diesen Worten: Mein Vater! ich trinke keinen
Wein. Der Bischof versetzte: ich befehle dir aus heiligem
Gehorsam, bitte dich auch, daß du zu Ehren des
heil. Martyrers Kilian mit mir etwas Weniges von diesem
Wein verkostest.
Also stund Macarius zwischen zweien Tugenden,
des Gehorsams und des Abbruchs, zweifelhaft, welcher
von beiden er folgen sollte. Und siehe, er nimmt
den eingeschenkten Becher und verkostet etwas Weniges.
Alsdann redet er den Bischof an: Hochwürdiger
Vater! ihr werdet aus gleicher Lieb euch gefallen lassen,
mir aus diesem Becher Bescheid zu thun. Embri-
co nimmt solchen von dem Abte, verkostet denselben,
und da er merkt, daß es Wasser, verwundert er sich
über die Maßen, ruft seinen Mundschenk mit dem
Verweis, warum er dem Abte Macarius Wasser eingeschenkt,
da er doch befohlen, ihm von dem guten Kiliani-
Wein zuzubringen. Der Mundschenk betheuerte
gar sehr, daß er von dem besten Weine im ganzen bischöflichen
Keller herbeigebracht habe. Hierauf hat
der Bischof selbst allen Anwesenden den Becher
herum getragen und jedem das aus Wein gewordene
Wasser zu verkosten gegeben. Alsbald wurde das
Wunder in der Stadt bekannt, zu Jedermanns Erstaunen,
so daß darob die Glocken geläutet, auch Macarius
als ein frommer Diener Gottes von dem Bischof,
Hohen und Niedern durch das ganze Land geehrt und
gepriesen worden1.
Fußnoten
1 Vgl. die Legende von M e c h t i l d i s zu D i e s -
s e n in Z i m m e r m a n n s geistl. Kal. I., 138.
248. Das Grab im neuen Münster zu Würzburg.
Von A u g u s t S t ö b e r .
Im Lorenzgarten liegt ein Stein
An einer kühlen Stelle,
Da schwirren die Vöglein aus und ein,
Und pfeifen und singen helle.
Es ist ein alter Leichenstein
Von Trauerweiden beschattet,
Darunter liegt im engen Schrein
Ein Sängerherz bestattet.
Die Vöglein waren seine Lust,
Es hörte gern ihr Singen,
Und hüpfte selber in der Brust,
Wie muntre Vöglein springen.
Der Sänger lauschte mit Acht und Müh,
Der Lerche Ton zu lernen:
Auch schallt sein Lied wie morgenfrüh
Aus himmelblauen Fernen.
Er lernte von der Nachtigall
Das innigliche Kosen:
Drum singt er oft mit süßem Schall
Von Minnelust und Rosen.
Auch liebt er, wie die Vögelein,
Ein Wanderleben zu führen,
Und Gärten und Felder aus und ein
Die Flügel frisch zu rühren.
So streift er über den Wiesengrund
Und über die Bergesgipfel,
Bis er ein warmes Nestchen fand
Auf einem stolzen Wipfel.
An Vögel mahnt des Sängers Nam',
Ein Vöglein saß im Schilde,
Und als er nun zu sterben kam,
Bedacht' er sie gar milde.
»Vier Löcher höhlt in meinen Stein,
Und senkt darein vier Tröglein,
Und schüttet Wasser und Körner ein
Für meine lieben Vöglein!«
Und was er bat im letzten Drang,
Willfahret ward ihm eilig;
Die Klosterbrüder hielten lang
Des Sängers Willen heilig.
Herr Walther von der Vogelweid
Ist unser Meister geheißen;
Noch fliegen Vögel aus Wald und Haid
Und singen ihm frische Weisen.
249. Des Minnesängers Vermächtniß.
Von L a n g b e i n .
»Walther von der Vogelweide
Nennt mich alten Mann die Welt,
Und ein Weidplatz, wann ich scheide,
Sei den Vögelein bestellt.«
»Meinen Leichnam zu bedecken,
Wählet einen flachen Stein,
Und vier Höhlen an den Ecken
Meiselt tief und sauber ein.«
»Füllet täglich diesen Becher
Mit des Baches reiner Flut
Für die höchst bescheidnen Zecher,
Denen Wasser Gnüge thut.«
»Und auf meines Grabsteins Mitte
Streut zugleich des Weizens Frucht,
Daß die Schaar zu Gast sich bitte,
Die oft mühvoll Nahrung sucht.«
Als der gute Minnesänger
Sein Vermächtniß so gemacht,
Stundet ihm der Tod nicht länger
Seinen Gang ins Reich der Nacht.
Und in Würzburg, an dem Orte,
Wo er hauste lange Zeit,
Ward ihm vor des Münsters Pforte
Seine Ruhestatt geweiht.
Ihre grünen Arme streckten
Hohe Linden drüber hin
Und die Vögelein entdeckten
Bald den reichen Fruchtgewinn.
Freudig flogen sie hernieder,
Labten sich mit Speis' und Trank,
Schwirrten auf die Bäume wieder,
Sangen dort dem Geber Dank.
Doch erlebte dies Vermächtniß
Leider nur ein nahes Jahr,
Ob's zu ewigem Gedächtniß