»Geh, Diener, und halte das Schifflein bereit!
Herr Dechant, Ihr gönnt uns Euer Geleit:
Die Frühlingssonne, der freundliche Main,
Sie locken und laden zur Lustfahrt ein.«
Kein Stündchen verschwand, da verließen das Schloß
Der Bischof und Dechant auf schmuckem Roß,
Bestiegen selbander das harrende Schiff
Nach Höchheim zu rudern mainab im Begriff.
Wie spielte die Luft mit den Wimpeln so hold,
Wie glänzte die Burg in der Sonne Gold,
Wie trieben die Fischlein ihr munteres Spiel,
Wie rauschte die Well' um den bauchigen Kiel!
Da wurde dem Bischof im Herzen so warm,
Da fühlt er sich ledig von Sorgen und Harm,
Da mundet ihm wieder der köstliche Wein,
Den drüben die Sonne gewürzt hat am Stein.
Das ist ein Getränk für Dezember und Mai,
Und zaubert dem Zecher all Holdes herbei;
Das kühlet im Sommer die sengende Glut
Das wärmet im Winter das frostige Blut.
Und langsam bewegt sich das Schifflein zur Stell
Des Frauenklosters von Unterzell,
Wo frommgepriesen, zu selbiger Frist,
Die Schwester des Bischofs – Aebtissin ist.
Und kommen sieht sie von Weitem den Zug –
Und sieht – ist es Täuschung und Sinnentrug? –
Und reibt sich die Augen, und starret mit Graus –
Die Schwester nach ihrem Bruder hinaus.
Denn vor ihm, da Wimpel und Deck' ihn nicht barg,
Lag schwarzumhangen von Tüchern, ein Sarg
Und Stola darauf und Inful und Stab,
So wie er gesenkt wird in's offene Grab.
Da ruft sie die Schwestern herbei auch in Eil'
Doch Keiner ward die Erscheinung zu Theil,
Sie sah'n in der Helle des sonnigen Lichts,
Den Bischof, den Dechant, die Diener, sonst Nichts.
Die Aebtin eilet entsetzt in den Chor,
Und sendet Gebete zum Himmel empor,
Und klaget: »So früh schon zum Tode bestimmt,
Da frisch noch die Lampe des Lebens ihm glimmt!«
Der Bischof reitet zur Stadt zurück:
»Ein solcher Tag ist im Leben ein Glück!«
Der Bischof reitet hinan auf's Schloß,
Steigt ab, und streichelt das muntere Roß.
Das Rößlein wird in den Stall geführt,
Da hat's nicht Hafer noch Heu berührt,
Dem Bischof drückte zur ewigen Ruh'
Der Engel des Todes die Augen zu.
Dies Alles geschah in derselbigen Nacht,
Des andern Tags hat die Sonne gelacht
So freundlich, als wie den Tag vorher,
Das Roß und den Reiter – sie freut es nicht mehr.
246. Bischof und Marschall.
Von F . J . F r e i h o l z . – J o h a n n G o t t f r i e d
II. von G u t e n b e r g Bischof und Herzog in Franken
1684-1698.
Nicht immer wohnet Tapferkeit
Im blankgeschliffnen Schwerte,
Es gibt auch sonst noch tapfre Leut
Auf Gottes weiter Erde,
Und mancher unterm Pfaffenhut
Zeigt in Gefahren großen Muth.
Zu Würzburg in dem Frankenland
Saß auf dem Bischofstuhle
Ein edler Herr; an seiner Hand
Saß immer seine Buhle;
Die liebt er heiß, die liebt er sehr,
Sie war auch schön, hieß – F ü r s t e n e h r ' !
Da kam Türenne, der große Held
Ließ nirgends was als – Asche,
Und steckte gern die ganze Welt
In Frankreichs weite Tasche.
Kam auch nach Würzburg, klopfte an,
Doch ward ihm hier nicht aufgethan.
Da lacht der Marschall: »Ha bei Gott!
Die sollens noch beklagen!«
Und läßt dem Bischof wie zum Spott
Die kurze Rede sagen:
»Komm' morgen selbst zum Bischof Hans,
Und eß mit ihm die Martinsgans!«
Doch Hans Gottfried, der tapfre Mann
Versammelt seine Franken:
»So lang ich auf euch bauen kann,
Soll auch mein Muth nicht wanken.
Den Kelch vertausch' ich mit dem Schwert,
Und schütze euch und euren Herd!«
Da schlägt aus jeder Frankenbrust
Ein Jubel gegen Himmel;
Das ist ein Leben, eine Lust
Ein kriegerisch Gewimmel;
Und Jeder nimmt das Schwert zur Hand
Zum Schutze für das Vaterland.
Der Bischof spricht zum Feldmarschall
Durch seinen Abgesandten:
»Es ist zu einem Mittagsmahl
Viel Gänsefleisch vorhanden.
Dieweil in Franken Gastrecht gilt
Sind ihn zu füttern wir gewillt.
Doch käme er zu uns als Feind,
Soll dies Brandschatzung heißen,
Dann haben wir's nicht so gemeint,
Dann gibt es Gäns von Eisen;
Und biss' er sich an unsrem Trumpf
Auch alle seine Zähne stumpf.
Und alldieweil die Gänse sind
Sehr schwierig zu vertragen,
So sind wir freundlich ihm gesinnt,
Und füllen ihm den Magen
Mit heißem, blutigrothem Wein,
Den schenken Kanoniere ein!«
Es stutzt der Marschall, staunt und schaut,
Als dieses er vernommen;
Auch ist ihm eine Gänsehaut
Gar plötzlich überkommen.
Hat reiflich drüber nachgedacht,
Und klüglich sich davon gemacht.
Drum noch einmal, nicht immer steckt
Die Tapferkeit im Schwerte
Und manches Pfaffenkleid verdeckt
Wie diese Sage lehrte,
Zu seiner Unterthanen Glück
Ein muth'ges Herz im Mißgeschick.
247. Der heilige Macarius zu Würzburg.