Mondblume. Nelia Gapke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nelia Gapke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738000351
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nicht genau erkennen.

      „Immer noch besser, als mit dir in einem Bett!”, gab sie unwirsch zurück.

      Er amüsierte sich anscheinend, denn sie hörte wieder dieses seltsame Lachen. Hatte er nicht wenigstens so viel Anstand sich wegzudrehen? Sie wollte schließlich aufstehen, denn sie musste dringend mal auf die Toilette. Nun, auch egal, es würde auch so gehen. Sie griff unter die Decke, zog ihr Nachthemd zurecht, griff nach dem Morgenmantel, streifte sich diesen über und stand auf.

      „Übrigens, guten Morgen”, sagte sie mit einem Kopfnicken, als sie an ihm vorbei rauschte.

      „Von einem Morgen kann keine Rede mehr sein. Es ist zwölf Uhr mittags.”

      Aigul blieb ungläubig stehen und schüttelte den Kopf.

      „Das kann nicht sein. So lange habe ich noch nie in meinem Leben geschlafen!”

      Sie sah, dass Nasar bereits komplett angezogen war. Er war rasiert und hatte jetzt sein Haar locker nach hinten gekämmt. Aigul fand, dass es ihm so viel besser stand. Sein Gesicht sah dadurch offener und etwas freundlicher aus. Er begutachtete sie ebenfalls von Kopf bis Fuß. Aigul wurde unter seinem Blick leicht verlegen und zog ihren Morgenmantel enger zusammen.

      „Würdest du wohl aufhören, mich so anzustarren?!”

      Nasar grinste und erhob sich.

      „Du hast ebenfalls gestarrt.”

      „Stimmt gar nicht!”

      Er streckte die Hand nach ihr aus und sie wich erschrocken ein paar Schritte zurück.

      „Du hast da was im Haar”, sagte er ruhig und kam wieder näher.

      „Ach ja?!”

      Sie wollte sich schon wehren, doch Nasar griff ruhig in ihr Haar und hielt ihr einen hellen Fussel hin. Sie blickte auf den Fussel, dann in Nasars unschuldige Miene und musste lachen. Sie hatte schon gedacht, er wollte sie austricksen und sie, wie gestern Abend, überfallen.

      Nasar stimmte in ihr Lachen mit ein. Er wusste zwar nicht, wie er es geschafft hatte sie zu erheitern, doch es war wunderbar ihr Lachen zu hören.

      Von draußen wurde Muchtars lautes Gebell hörbar. Nasar zog, immer noch lächelnd, eine Augenbraue hoch und ging zum Fenster.

      Ein dunkelblauer Wagen bog gerade in die Einfahrt ein und blieb neben dem weißen Lada stehen. Ein junger Mann stieg aus und kam auf das Haus zu, den bellenden Muchtar immer im Auge behaltend.

      „Bin gleich wieder da”, sagte Nasar und ging schnellen Schrittes hinaus.

      Aigul lief neugierig zum Fenster und sah wie Nasar einen jungen Mann mit einem festen Händedruck begrüßte. Die beiden unterhielten sich über etwas. Leider konnte Aigul nicht hören worüber sie sprachen, aber Nasars Gesichtsausdruck nach zu urteilen, über etwas Unerfreuliches. Der junge Mann verabschiedete sich bereits und ging wieder zu seinem Wagen.

      Nasar kam wieder herein und warf einen kurzen Blick zu Aigul. Er sah sehr unzufrieden aus.

      „Ich muss leider weg”, sagte er knapp.

      „Du musst weg?”

      „Genau.“

      Sie zuckte mit den Schultern.

      „Nun, wenn du musst, dann musst du eben.”

      Sie ging an ihm vorbei nach draußen. Sie musste auch ganz dringend irgendwohin und das schon seit dem sie aufgewacht war. Sie hatte das Gefühl, ihre Blase würde jeden Moment platzen.

      Als sie bereits erleichtert um das Haus herumkam, stellte Nasar gerade eine Tasche auf den Rücksitz des Wagens. Er machte die Wagentür zu und blickte sie an.

      „Ich glaube kaum, dass ich heute noch zurückkomme, aber spätestens morgen Abend bin ich wieder da. Möchtest du, dass ich Muchtar hier lasse?”

      „Ja, natürlich möchte ich das. Aber wo musst du denn hin? Ist was passiert?”

      „Erzähl ich dir, wenn ich zurück bin.”

      Er ging zum Wagen und fuhr im nächsten Moment bereits vom Hof.

      Aigul sah dem Wagen nach bis er verschwunden war und atmete dann erleichtert auf. Lächelnd drehte sie sich zu Muchtar, der zur Hälfte aus seiner Bude steckte und sie mit gespitzten Ohren ansah.

      „Ist doch gar nicht so schlimm, dass er weg ist, nicht wahr? Wir werden uns schon zu beschäftigen wissen.”

      Leichtfüßig lief sie ins Haus, zog sich um und ging fröhlich summend in die Küche. Es war so ein schönes Gefühl von niemand angestarrt zu werden und nicht ständig auf der Hut sein zu müssen. Zwei Tage lang frei, ohne Nasar! Sie seufzte zufrieden. Wie herrlich!

      Kapitel 3

      Der Tag war schnell vergangen. Obwohl Aigul bis Mittag geschlafen hatte, war sie am Abend wieder ziemlich müde. Nachdem es dunkel geworden war, ging sie zu Bett. Sie hatte tagsüber im Schlafzimmerschrank eine dicke Decke entdeckt, die als Schlafunterlage für den harten Diwan optimal war. Morgen würde ihr Rücken, ihr für die Decke danken, denn mit der Unterlage war es um einiges weicher und bequemer. Trotz der komfortableren Schlafstätte und der Müdigkeit lag sie wach und hörte auf jedes Geräusch. Obgleich die Eingangstür verschlossen war, hatte sie ein sonderbares Gefühl. Sie hatte bisher noch nie in ihrem Leben allein in einem Haus übernachtet. Bilder von wilden Tieren und Einbrechern tauchten vor ihren Augen auf. Sie war ganz allein und bis zur Siedlung würde sie niemand hören, wenn sie um Hilfe rufen sollte. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Sie stand auf und machte das Licht wieder an. Sie prüfte nochmal nach, ob die Eingangstür auch tatsächlich verschlossen war, ging dann in die Küche und holte aus einer der Schubladen ein großes Messer. Dieses packte sie unter ihr Kissen. Das beruhigte sie etwas, doch irgendwie konnte sie immer noch nicht einschlafen. Sie dachte an Muchtar. Nur gut, dass der Hund da war! Ob er als Wachhund etwas taugte? Vielleicht war es besser, ihn ins Haus hereinzulassen, dann wäre sie hier nicht mehr so allein? Gute Idee!

      Sie ging zu der Eingangstür und schloss diese nach einiger Überwindung auf. Vorsichtig machte sie die Tür einen Spalt breit auf und spähte hinaus. Es war total dunkel und da sie aus einem hellen Raum kam, konnten ihre Augen nichts erkennen.

      „Muchtar!”, rief sie leise, „Muchtar, komm her!”

      Sie schrie auf und wäre beinahe in Ohnmacht gefallen, als der Hund mit einem ´Wuff´ so plötzlich vor ihr auftauchte und sie mit großen Augen anstarrte.

      „Musst du mich so erschrecken, du dummer Hund!”, fuhr sie ihn, schwer atmend und mit klopfendem Herzen, an. „Los, komm herein!”

      Sie machte die Tür etwas weiter auf und trat beiseite. Muchtar ließ sich das nicht zweimal sagen und war mit einem Satz im Wohnzimmer. Aigul schloss die Tür wieder ab und ging zu Muchtar, der mitten im Wohnzimmer stand und sie fragend ansah. Sie tätschelte seinen Kopf und lächelte.

      „Guck mich nicht so an. Du schläfst heute Nacht hier.”

      Sie löschte das Licht und legte sich wieder hin. Es war schon viel besser, wenn im Haus noch ein lebendiges Wesen war. Muchtar ging zum Diwan und platzierte sich auf dem Teppich, genau davor. Sie seufzte erleichtert auf. Mit einem Hund vor dem Bett und einem Messer unter dem Kissen würde sie bestimmt endlich einschlafen können.

      *

      Etwas Kaltes und Nasses berührte ihr Gesicht und jaulte. Aigul öffnete die Augen und blickte Muchtar direkt ins Gesicht. Der Hund jaulte wieder und blickte zur Tür. Es schien bereits in vollen Zügen die Sonne. Muchtar lief zur Tür und blickte sich nach ihr um.

      „Ach, du willst bestimmt raus!”

      Aigul sprang aus dem Bett, eilte zur Tür und ließ Muchtar nach draußen. Im Stehen streckte sie sich genüsslich und gähnte. Sie fühlte sich ausgezeichnet. Wenn man ihre anfänglichen Einschlafschwierigkeiten außer Acht ließ, hatte sie doch gut geschlafen. Sie war voller Energie und