Mondblume. Nelia Gapke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nelia Gapke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738000351
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      Als Aigul fertig aus der Küche kam, saß Nasar lässig auf dem Diwan. Er hatte die Ärmel hochgekrempelt und die oberen Knöpfe seines Hemdes standen offen, so dass ein Teil seines Oberkörpers zu sehen war.

      Er registrierte ihren Blick und sie schaute hastig weg. Ihre Wangen hauchten sich rosa an und sie ärgerte sich darüber. Dieser unverschämte Kerl wurde nicht mal rot, wenn er auf ihren nackten Körper starrte und sie errötete, wenn sie nur ein paar Zentimeter von seiner Haut sah.

      Nasar stand auf und räusperte sich.

      „Ich ... ehm ... entschuldige bitte mein Benehmen. Ich habe mich etwas taktlos verhalten.”

      In seinem Gesicht war jedoch keine Reue zu sehen. Im Gegenteil. Seine Augen musterten sie so, als hätte sie keinen Morgenmantel an, sondern stünde immer noch splitternackt vor ihm, was ihr noch mehr Röte ins Gesicht trieb.

      „Hör sofort damit auf!”

      Sie funkelte ihn böse an.

      „Womit denn?”, fragte er unschuldig.

      „Hör auf mich anzustarren, als hätte ich nichts an!”

      Er trat einen Schritt zurück und begutachtete sie demonstrativ von Kopf bis Fuß. Sein Blick blieb auf ihrem Gesicht stehen und seine Augen verengten sich.

      „Warum sollte ich? Ich bin dein Mann und habe schließlich ein Recht dazu.”

      Seine Stimme klang gefährlich. Er machte einen Schritt auf sie zu und sie wich aus.

      „Wage es ja nicht mich anzufassen!”, schrie sie fast hysterisch.

      Er hob die Augen zur Decke und seufzte.

      „Allmächtiger, begrüßt denn eine Frau so ihren Mann?!”

      Er drehte sich um und ging in die Küche.

      „Gibt es den wenigstens was zu essen?”, rief er aus der Küche. „Ich habe einen Bärenhunger!”

      Aigul beruhigte sich etwas, aber ihre Knie zitterten immer noch leicht. Sie wusste nicht warum sie sich so aufgeregt hatte, aber da war etwas in seinem Blick und seiner Stimme gewesen, dass ihr Angst eingejagt hatte.

      „Im Kühlschrank steht noch Lagman von gestern. Musst du dir allerdings selber warm machen!”

      Ihre Stimme hatte unfreundlicher als beabsichtigt geklungen und sie biss sich auf die Lippen. Energisch schritt sie zum Schalter und knipste das Licht im Wohnzimmer aus. Warum konnte sie nicht sie selbst sein, wenn dieser Mann in ihrer Nähe war? Sie seufzte schwer und legte sich auf den unbequemen Diwan hin.

      Nasar brauchte noch eine Weile in der Küche. Sie hörte Geschirrgeklapper, er erledigte anscheinend den Abwasch. Dann wusch er sich am Waschtisch und putzte sich die Zähne. Das Licht ging in der Küche endlich aus. Aigul schloss hastig die Augen und tat, als würde sie schlafen. Als dann das Licht im Schlafzimmer ebenfalls ausging, atmete sie erleichtert auf.

      *

      Die Sonne erhellte das Wohnzimmer, als Aigul am nächsten Tag aufwachte. Im Haus war es ganz still. Sie schlüpfte aus dem Bett und schlich auf Zehenspitzen zum Schlafzimmer, blieb an der Tür stehen und spähte vorsichtig in das Zimmer. Nasars Bett war leer und bereits ordentlich gemacht. Sie ging zum Wohnzimmerfenster und blickte in den Hof. Der Wagen stand da, also war er irgendwo draußen.

      Sie machte ihren Koffer auf und überlegte was sie anziehen sollte. Sie wählte den blauen Baumwollrock, der ihr nicht ganz bis zum Knie reichte. Zwar würde der Rock ihr abgeschürftes Knie freigeben, aber sie hatte Lust diesen Rock heute zu tragen. Dazu nahm sie eine kurzärmelige, weiße Satinbluse mit einer Vergissmeinnicht-Stickerei heraus.

      Eilig ging sie in die Küche, machte die Tür hinter sich zu, schlüpfte rasch aus ihrem Nachthemd und zog sich an. Zufrieden betrachtete sie sich im Spiegel. Die eng anliegende Bluse brachte ihre schmale Taille und ihren runden Busen perfekt zur Geltung. Ihre langen Haare kämmte sie kräftig durch und flocht diese zu einem dicken, festen Zopf.

      Im Hof und im Garten konnte sie Nasar auch nicht entdecken. Von Muchtar war ebenfalls keine Spur zu sehen. Sie wollte schon wieder ins Haus gehen, als sie Hundegebell vernahm. Es schien aus der Richtung des Flusses zu kommen. Jetzt hörte sie es wieder und es kam eindeutig vom Fluss. Also drehte sie sich um und schlug den Weg zum Fluss ein. Doch kaum dass sie die Straße passierte und das Wasser des Flusses sichtbar wurde, stockte ihr der Atem und sie versteckte sich rasch hinter den Büschen. Nasar stand splitternackt am Uferrand, mit dem Rücken zu ihr. Er hob gerade den Arm und warf einen Stock ins Wasser. Muchtar bellte, warf sich in den Fluss und schwamm hinter dem Stock her.

      Aigul hielt die Hand vor dem Mund und hörte ihr Herz laut pochen. Eigentlich sollte sie sich sofort umdrehen und von hier verschwinden, doch sie stand wie elektrisiert da und starrte. Sie hatte noch nie in ihrem Leben einen nackten Mann gesehen. Und der Anblick von Nasars Körper war nicht zu verachten. Seine breiten Schultern und der kräftige Rücken bildeten einen Kontrast zu seinen schmalen Hüften. Seine nasse, dunkle Haut schimmerte bronzefarben in der Sonne. Das fesselnde Spiel seiner Muskeln, wenn er sich bewegte, ließ Aigul länger an ihrem Platz verweilen, als sie es wirklich sollte. Doch als Nasar im Begriff war sich umzudrehen, da seine Sachen hinter ihm lagen, drehte Aigul sich hastig um und floh zum Haus. Wenn sie ihn auch noch von vorne gesehen hätte, wäre sie bestimmt ohnmächtig geworden.

      Atemlos lief sie ins Haus, eilte in die Küche und stellte den Teekessel auf den Herd. Holte die restlichen Vorräte an Essen, die sie noch hatten, aus dem Schrank und stellte alles eilig auf den Tisch. An die Wand gelehnt versuchte sie wieder zu Atem zu kommen. Im Geiste betete sie, Nasar möge sie am Fluss nicht gesehen haben.

      Einige Minuten später hörte sie ihn hereinkommen. Er ging direkt in die Küche. Aigul brühte gerade den Tee auf.

      „Ach, du bist schon wach?”

      Seine Stimme klang überrascht, also hatte er sie nicht gesehen. Dem Vater im Himmel sei Dank!

      „Ich schlafe nicht immer bis Mittag, falls du darauf anspielen willst.”

      Nasar zuckte mit den Achseln und schritt zum Kühlschrank, griff nach einer halbvollen Wasserflasche und trank daraus. Seine Haare waren nass und das Wasser tropfte auf sein sowieso schon nasses Hemd, das ihm auf der Haut klebte. Das Hemd stand vorne offen und Aigul sah eine dicke Narbe, die von seinen Rippen bis zum Bauchnabel verlief und in der feinen Haarspur endete, die in seinem Hosenbund verschwand. Hastig drehte sich Aigul weg und schaute zum Fenster.

      Nasar setzte die Flasche ab, wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab und musterte Aigul von Kopf bis Fuß.

      „Sehr hübsch. Die Bluse steht dir.”

      Er wanderte mit den Augen von ihrer Taille zu ihrem Busen und verweilte dort. Aigul hätte sich für sein Kompliment bedankt, doch sein Blick, der sie auszuziehen schien, ließ sie wieder erröten und das ärgerte sie über alle Maßen.

      „Warst du schwimmen?”, fragte sie, um von ihrer Verlegenheit abzulenken.

      „Mhm”, gab er nur zur Antwort.

      „Ist es nicht ein bisschen kalt dafür, so früh am Morgen?”

      Endlich wandte er den Blick von ihrem Busen ab und blickte ihr ins Gesicht.

      „Bin es gewohnt”, entgegnete er schulterzuckend, stellte die Wasserflasche wieder auf den Kühlschrank, nahm sich ein Handtuch aus dem Regal über dem Waschtisch und rieb sich damit die Haare trocken.

      „Ist das alles, was wir noch zu essen haben?”, fragte er und deutete mit einem Kopfnicken auf den Tisch.

      „Ja, so ziemlich.”

      „Heute ist Basar in der Stadt, da können wir nach dem Frühstück einkaufen.“

      Er warf das Handtuch ins Waschbecken und schritt aus der Küche.

      „Zieh mich nur rasch um und bin gleich wieder da”, warf er über die Schulter.

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