"I"- Achtung Spyware!. Til Erwig. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Til Erwig
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738022308
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in Frage kamen.

      Die Männer, es waren ohne Zweifel zwei Männer, sprachen nicht Deutsch, da war er sich sicher, obwohl der eine mehrfach ´Idiota` zum anderen sagte, was dem deutschen Idiot und dem amerikanischen ´idiot` doch ziemlich nahe kommt. Welche Sprache auch immer, dachte Henry während ihm das Grinsen unter dem Sack verging, so einen gekonnten Überfall bringen nur Professionelle fertig. Spezialisten in Sachen Raub und Geiselnahme, Mord und Totschlag, US-Gangster wie in seinem Lieblingsfilm mit Mel Gibson, wie hieß er doch gleich? Richtig ´Payback`, eine Neuverfilmung von ´Point Blank` aus dem Jahr 1967. Die Geschichte ist schnell erzählt: Mel raubt von chinesischen Geldwäschern 140.000 Dollar um sich in ein Syndikat einzukaufen und dann braucht er aber nur 130.000 und dann, und dann … Henry kann sich nun doch nicht so richtig erinnern an den Streifen, nur dass viel geschossen und gekillt wird und dass Mel Gibson am Ende trotz aller Gefahren überlebt … Das wünscht sich Henry unter dem Kartoffelsack auch, weshalb er versucht sich zu konzentrieren um zu verstehen, was die Gangster, wie gesagt es müssen zwei sein, da gerade bereden.

      (Natürlich sprechen echte Mafiosi echtes Mafiosi Italienisch. Der Einfachheit halber und zum besseren Verständnis für Leser und Leserinnen wird es hier gleich mal ins Deutsche übersetzt)„Der Don wird uns ehren!“ krächzt Carlito mit vor Aufregung heiserer Stimme. Cool und wie immer über den Dingen stehend antwortet Giacomo. „Che bello: Kar … toffel … sack!“ Und dann fragt Carlito, der anscheinend genauso gern ins Kino geht wie der Gefangene unter dem Sack, seinen amico Giacomo, seinen Freund. „Kennst du den Film ´Der Pate`? Die Amici haben immer mit Kartoffelsack Entführung gemacht.“

      „Wir sind Ehrenwerte Gesellschaft. Auch ohne Kino“, schnappt Giacomo streng und schaltet an der Ecke den Wagen herunter. Zum Glück, denn in hohem Tempo kommt gerade ein Streifenwagen heran. Die Polizisten Klaus und Erika sind mit Blaulicht unterwegs zum Schnurre Haus. Ein Notfall, ein Verbrechen, mitten in der Hauptstadt! Wer hätte das gedacht? Inzwischen hat es aufgehört zu regnen. Klaus und Erika, die Streifenwagen Polizisten, durchsuchen mit Taschenlampen den Geräteschuppen. Ausrangierte Modepuppen, Arme, Beine, Werkzeug, Eimer, stören enorm bei dieser Arbeit. Bernhard, Monika und Amelie stören auch, denn nach dem Motto ´Die Polizei bittet um Ihre Mitarbeit` wollen sie den Beamten bei der Aufklärung des Falles behilflich sein.

      Polizistin Erika, nach eigener Aussage kein Fan der lange schon inflationierten Krimireihe ´Tatort`, beginnt die Polizei übliche Ausfragerei dennoch mit der im Fernsehen üblichen Frage „Das ist der Tatort?“ Worauf Bernhard, er ist TATORT Fan, einigermaßen irritiert antwortet. „Naja, also Tatort! Von hier ist der Onkel jedenfalls verschwunden.“ Polizist Klaus macht sich Notizen, dazu hat er sich eigens einen Notizkalender zum aufklappen beschafft, so wie ihn sein Lieblingskommissar, der glatzköpfige Kojak aus dem US-Fernsehen immer benutzt hat. Auf Kojaks ´Lolli` hat er allerdings bisher verzichtet, nicht zuletzt weil ihn Kollegin Erika in darauf hingewiesen hat, dass zu viel Zucker seiner Figur schadet. Dabei ist Klaus ein echt attraktiver Polizeibeamter. Etwa an den Kollegen gemessen, die zum Beispiel rund um die Ministerien oder Botschaften in der Hauptstadt Tag und Nacht Dienst tun bei viel Wind und überhaupt jedem Wetter und die deshalb, um sich vor Kälte oder Hitze zu schützen, schon öfter mal zum Burger oder der Curry-Wurst greifen. Genau deshalb fährt Klaus auch lieber den Streifenwagen, jedenfalls solange er noch kann mit dem sich immer mehr abzeichnenden Bierbauch. Die norddeutschen Kollegen nennen sowas übrigens ´Holsten Geschwür` nach dem beliebtesten und meistgetrunkenen Gerstensaft der Freien und Hansestadt Hamburg. Den immer gleichen Scherz macht Erika immer wieder gern und Kamerad Klaus tut immer wieder so, als würde er sich sehr darüber ärgern. Was er in Wahrheit natürlich auch tut und sich deshalb in einem der Fit-fit-fit Studios angemeldet hat, klammheimlich, denn niemand auf dem Revier und schon gar nicht Erika darf davon wissen.

      „Was hat er hier gemacht, mitten in der Nacht, der Onkel?“ Erika bleibt di enstlich, bisher ist es noch niemandem gelungen, sie bei der Arbeit aus der Ruhe zu bringen. Obwohl, Monikas Antwort lässt sie zumindest aufhorchen. „Die haben sich umgezogen.“ „Wer die?“ Erika wird noch eine Spur amtlicher. „Der Henry und die … die … unser Besuch halt“. Das klingt verdächtig für Erika. Ein Onkel und ein weiblicher Besuch haben sich mitten in der Nacht im Geräteschuppen umgezogen! Sie wirft dem Kollegen Klaus einen kurzen Blick zu, aber der ist beschäftigt und schreibt trotz schlechter Lichtverhältnisse auf seinem Block mit. Also führt Erika das Gespräch, oder ist es schon ein Verhör, auf ihre kurze und trockene Art weiter. „Name?“ „I“! springt jetzt Amelie ihrer Mutter bei und Polizist Klaus notiert umgehend die zweite Zeugin. Erika aber glaubt sich verhört zu haben „Aaai …?“„Ist Englisch“, sagt Amelie, „typisch englischer Mädchenname“. „Aha, englische Ausländerin. Nachname?“ Jetzt mischt sich Monika wieder ein, freundlich und lieb und in der festen Überzeugung die Ermittlungen tatkräftig zu unterstützen. „Die Sache ist die, Frau Mann“. „Der Klaus heißt Mann“, korrigiert die Beamtin, „ich bin die Erika“. „Der Nachname ist Pad“, schaltet sich Amelie wieder ein in dem Gefühl, dass mit der Aufdeckung von „Is“ Identität am Ende irgendwas schief laufen könnte. Auch wird Erika jetzt langsam ungeduldig, besonders als sie Klaus dabei erwischt, wie er hinter seinem Notizblock verstohlen gähnt.

      „Also, wie jetzt: i-Pad, oder was?“ „Ja“, sagt Amelie und tut eingeschüchtert. Erika holt tief Luft, Klaus blättert seinen Block um. „Also, ist Ausländerin und heißt auch so: i-Pad! Klaus wollen wir mit ihr sprechen!?“ Polizist Klaus schreckt hoch aus seinen Notizen, gleichzeitig kommt Mick in den Schuppen. Clever wie er ist, überreißt er sofort die angespannte Situation und sagt ehrfürchtig zu den Beamten. „Sie kenn´ ich – vom Fernsehen!“ „Nee, bestimmt nicht, wir sind echt“, antwortet Erika um gleich darauf von Mick, dem Profi Schauspieler ein erstauntes „Echt?!“ zu hören. Erika, inzwischen mehr genervt, antwortet schroff mit einem nicht geschauspielerten „Echt!“, schließt aber sogleich eine Frage an. „Also, was ist der Grund für den Aufenthalt von Fräulein Pad hier in der Bundesrepublik Deutschland?“ „Austausch-Schülerin. Spitzenfrau. Krass intelligent!“ Mick hat kaum ausgeredet, da mischt sich Klaus ein, vielleicht hat er Hunger oder wie sein Blick auf die Uhr zeigt, ist bald Feierabend. „Jetzt reicht‘ s, Erika. Lass sie morgen auf’ s Revier kommen, zusammen mit dem Mädchen“. „Ist auf jeden Fall besser. Reisepass mitbringen. Auch vom Onkel. Wir machen dann ein Protokoll und falls der … der“

      „… der Henry“, hilft Amelie aus, froh dass die Prozedur vorbei ist und „Is“ Anonymität weiterhin gewahrt bleibt. Erika fährt unbeirrt fort „ … der Henry nicht bis dahin wieder aufgetaucht ist, geben wir ´ne Fahndung raus, okay?“ „Die Polizei – dein Freund und Helfer! Der Spruch gilt immer noch, wie schön.“

      Monika ist spürbar erleichtert. Sie sind noch mal davon gekommen. Nur Mick kann sein freches Mundwerk wieder nicht halten und säuselt verständnisvoll tuend „Genau wie im Fernsehen!

      *

      Im Gästezimmer des Schnurre Hauses steht „I“ bewegungslos und starrt aus dem Fenster. Es hat aufgehört zu regnen, zwischen den Wolkenfetzen sieht der immer und ewig bleiche Mond hervor. „I“ fixiert ihn und sofort laufen im Tickertape Daten auf. Entfernung 363.300 KM / Beleuchtungsstärke bei Vollmond 0,2 Lux / Mittlerer Durchmesser 3474,2 KM / Exosphäre aus Helium, Neon, Wasserstoff / Alter 4527+/-10 Millionen Jahre. Unbeweglich steht die Puppe, die sie jetzt „I“ nennen. Niemand könnte sagen, ob sie emotional berührt ist, ob sie eventuell weiß, wie viele Dichter den Anblick des Trabanten schon früh beschrieben haben: ´Der Mond ist aufgegangen, die goldenen Sternlein prangen am Himmel, hell und klar …`

      Der Streifenwagen von Erika und Klaus hält an einer Verkehrsampel die ROT zeigt. Klaus spielt nervös mit dem Gaspedal, er ist verärgert über die „Ermittlungen“ bei Familie Schnurre. Seine Kollegin kann das gut nachvollziehen. Einsatz Polizisten wie sie haben genug andere Dinge zu tun, als sich um die merkwürdigen - das Kind kann man beim Namen nennen - äußerst merkwürdigen wenn nicht sogar unglaubhaften Darstellungen einer Familie Schnurre zu kümmern, bei denen offenbar einiges durcheinander geht,

      wie die unterschiedlichen, sich teils widersprechenden Aussagen zum Fall ´Onkel Henry` eindeutig bewiesen haben. Ein Fall, so klar wie dicke Tinte!

      Normalerweise macht sich Erika lustig über die