"I"- Achtung Spyware!. Til Erwig. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Til Erwig
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738022308
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Dokumentationen aller Welt bewiesen. Und dennoch ist Don Brandolo eine stattliche Ausnahme Erscheinung. Nicht allein deshalb, weil sein Vater ein Marlon Brando Fan war und Francis Ford Coppolas vielgerühmten ´Paten` mindestens zwei Dutzendmal im eigenen Heimkino gesehen und beweint hatte, was Schlussendlich ein weiterer von zwei Gründen und zugleich ehrenvolle Verpflichtung war seinen Namen zu ändern und den einzigen Sohn und Nachfolger nach dem großen US-Filmstar zu benennen. Das ´lo` am Ende des ´Brando` war eine naheliegende Zugabe, geschuldet seiner zweiten großen Filmliebe, der rassigen wunderbaren total italienischen Gina Lollobrigida, der auf diese Weise ebenfalls die Ehre zu teil wurde in der Ahnentafel des Brandolo Clans ein Plätzchen gefunden zu haben. Seinen traditionellen und echten Namen hatte der Padre des Dons nach reiflicher Überlegung und in Absprache mit den amerikanischen Behörden aus dem New Yorker Geburtenregister tilgen und durch den neuen Namen Brandolo ersetzen lassen. Es wäre besser für ihn, nach seiner aufschlussreichen Aussage vor dem USSC, dem Supreme Court oft the United States, das großzügig angebotene Zeugenschutzprogramm in Anspruch zu nehmen, hatte ihm das FBI zugeflüstert und dann ganz ordnungsgemäß die Ausreise der Familie ins ferne Germany nach Berlin finanziert. Die Umsetzung der staatlichen Hilfe war also schon aufwändig und kostenintensiv genug, weshalb der traditionell bekannte Name an dieser Stelle unerwähnt bleiben soll, denn die Rache der Mafiosi kann fürchterlich sein. Gerade in Zeiten der neuen Autobahnmaut für PKW, die ja schon zu unerhörten baulichen Aktivitäten im Strassenbau der Bundesrepublik Deutschland geführt hat, was wiederum bedeutet, wie jeder einigermaßen belesene Mafia Kenner weiß: Tonnenweise ´Mischbeton` Land auf Land ab! Da ist jeder Schreiberling gut beraten in diesen Geschichten nicht mitzumischen. Ebenfalls nicht mitmischen kann man ohne Zweifel bei den genetischen Vorgaben von Geburt an. Aber da hat der junge Don Brandolo – je nach Sichtweise – Glück gehabt. Er hat genug von seinem Padre im Blut um ebenfalls ein guter Pate im Sinne von Mario Puzo zu sein, dem Ideengeber vom Francis Ford Coppola. Das soll heißen, er kann ganz schön rabiat werden, der Don, wenn es um Familienbelange oder um das große Geschäft geht, gleichzeitig aber charmant und liebevoll sein, genau wie der Pate von Puzo und Coppola. Und da haben wir schon das Problem! Jeder Pate hat nämlich zwei Seiten: Die helle und die dunkle Seite. Das ist übrigens genau wie bei den übrigen Menschen, den Guten und den Schlechten, alle haben sie meist zwei Seiten und ganz wenige drei oder mehr. Insofern ist Don Brandolo eben auch nur ein Mensch. Aber was für einer? Das wird sich schon bald herausstellen. Honi soit qui mal y pense – beschämt sei, wer schlecht darüber denkt. Aber das ist eigentlich altfranzösisch schreibt wikipedia und in Frankreich gibt´ s keine Mafia. Hört man. Darüber hat Don Brandolo im Augenblick auch gar nicht Zeit nachzudenken. Ihm geht anderes, besseres durch den Sinn. Sorgfältig faltet er die Zeitung zusammen und sucht in seinen Taschen nach Streichhölzern für die bei allen Mafiosi gern gerauchten Zigarren aus der weltweit für gute Zigarren bekannten kubanischen Hauptstadt. Der dicke Qualm beflügelt eine Idee, die in seinem sizilianisch edel geformten Paten Kopf Gestalt anzunehmen beginnt.

      *

      In der Polizei Wache meldet der Passant den wachhabenden Polizisten Klaus und Erika seine Begegnung mit einem merkwürdigen Mädchen, das offenbar gesucht wird, wie alle Medien melden. Der Mann demonstriert in großer Erregung die windmühlenartigen Bewegungen dieser Person. Eine Irre vermutlich, eine Wahnsinnige, die unverständliches Zeug redet, sich sexuell belästigt fühlt, ständig telefonieren will, unberechenbar, gefährlich, hundert Pro!

      Polizist Klaus hat inzwischen in aller Ruhe ein Blatt Papier zu Hand genommen und macht sich Notizen. Polizistin Erika versucht den Mann zu beruhigen, sie bietet Kaffee an, obwohl das zu dieser späten Tageszeit nicht unbedingt gesund ist. Außerdem, sagt Erika, wird man nervös von der schwarzen Brühe und Nervosität bei der Polizei ist etwas, das bei den Bürgern der Hauptstadt überhaupt nicht gut ankommt.

      *

      Nervosität kennt Fred, der junge Mann ohne geregeltes Einkommen, anscheinend nicht. Im Waschsalon sitzend döst er in Unterhosen vor sich hin, während seine Wäsche im Trockner rotiert, dessen eintöniges Surren zu einem Nickerchen geradezu auffordert. Dem Kunden gegenüber geht es offenbar genauso. Seine Zeitung ist heruntergefallen und Fred kann mit einem seiner immer müden Augen gerade noch die Titelfotos und die Schlagzeile lesen. Ein Adrenalinstoß ist die Folge. Wie von der Tarantel gestochen springt er auf und wäre beinahe in Unterhosen davon gerannt, wenn nicht eine gerade eintretende neue Kundin bei seinem Anblick vor Schreck den vollen Wäschesack fallen gelassen hätte um ihn mit spitzem Schrei auf seine mangelnde Bekleidung hinzuweisen. Schnell stoppt Fred den Trockner und schlüpft umständlich, auf einem Bein hüpfend, in seine noch halbnassen Klamotten.

      *

      Im Spielsalon langweilen sich ´Bleifuß` Giacomo und ´Seifenhändchen` Carlito vor den stumpfsinnig vor sich hin blinkenden Automaten. Die schlucken die Kohle der Spieler und geben nur ganz selten etwas davon zurück. So sehr sich die beiden Italiener darum bemühen, ihre Tricks bleiben erfolglos. Ein an der Decke aufgehängter Monitor erregt plötzlich ihre Aufmerksamkeit, dort wird ein Fahndungsaufruf der Polizei verlesen und Fahndungen gehen die beiden immer was an, es könnte ja sein, dass man selbst Betroffener ist. So wie kürzlich in der Uralt Sendung Aktenzeichen XY, wo ein Kollege aus einem der verfeindeten Mafia Clans plötzlich im Bild war, wenn auch verfremdet, weil er über einen Bruch in einem Pelzgeschäft aussagen sollte. Carlito und Giacomo wussten genau worum es da ging. Was sie allerdings nicht wussten war, dass bei dem Einbruchdiebstahl der Nachtwächter ums Leben kam. Erschossen von eben dem Mann, der ihnen die geklaute Ware andrehen wollte und der im Fernsehen jetzt als unbeteiligter Zeuge auftrat. Mafiose Arbeitsmethoden, immer schwer zu durchschauen. Aber zum Glück, zu i h r e m Glück, hatte Don Brandolo, der Pate, den richtigen Durchblick und deshalb den Deal nachdrücklich verboten. Einbruch, Diebstahl, Geldwäsche, Drogen, Spielcasinos, Rotlichtmilieu und schöne Mädchen, das ist eine Sache – Mord eine andere. Und die Kleine, nach der im Fernsehen gerade gefahndet wird, ist sowieso außen vor. Die ist auf keinen Fall aus der Branche, dafür haben Carlito und Giacomo einen Riecher.

      So eine hübsche anständige Madonna, nicht vorbestraft, vielleicht sogar unschuldig im wahrsten Sinne des Wortes, und dazu mit dieser einmaligen Begabung ausgestattet jeden Spielautomaten knacken zu können – ist nämlich ein echter Glücksbringer, selbst für abgebrühte erfahrene Mafiosi. „Madonna mia Santa, meine große Love Song“, singsangt Carlito und verdreht dabei temperamentvoll sehnsüchtig seine Augen. Ein Tritt von Giacomo auf den Fuß lässt ihn aufstöhnen. „Keine Namen, idiota!“ zischt er und sieht sich vorsichtig nach heimlichen Zuhörern im Casino um. „Außerdem ist Madonna Lieblingssong von Al Capone! Und du bist nicht Al Capone, du bist idiota Carlito!“

      *

      Am Privateingang des Schnurre Hauses klingelt es. Gleichzeitig ist unmissverständlich ein „Dida dadadadidadaaa“ zu hören. Monika öffnet die Haustür und sieht sprachlos und mit offenem Mund auf den doppelten Auswärtsbesuch. Zum einen Henry, den Japaner vom Flughafen mit den zwei Fotoapparaten quer über der Brust und hinter ihm, in aller Bescheidenheit und immer noch im Nachthemd der Havelstein Klinik: DAS ETWAS, die Schaufensterpuppe. Einigermaßen fassungslos um nicht zu sagen hilflos, steht Monika den Besuchern gegenüber. Crash, der Hund, hat da weniger Probleme, er schnüffelt erstmal neugierig an beiden. Es passiert nichts, ein Zeichen, dass Crash für das Mädchen kompatibel ist, er dankt es ihr schwanzwedelnd. Der Japaner allerdings scheint Crash weniger zu interessieren, denn der ist Sushi-Esser, das heißt er liebt rohen Fisch, und Crash ist ein Hund und keine Katze, die den leichten Fischgeruch den der Japaner ausströmt sicher freudig beschnuppern würde.

      „Ameliiiiie! Schnell!“ schreit die völlig überraschte Monika und fährt stotternd fort „Also … ich weiß jetzt gar nicht … Ameliiiie! Der lächelnde Japaner verstärkt sein Lächeln zu einem Grinsen.

      „Surprise!“ Darauf antwortet Monika.

      „Du bist Henry …?“ Der nickt ausgesprochen fröhlich worauf Monika die Puppe im Nachthemd in Augenschein nimmt.

      „Und du …“ „Yeah, ich bin der Mann von dein´ Sister“, unterbricht der Japaner und hat damit ein großes Geheimnis von Monikas Schwester Rosl gelüftet. Der Japaner ist halt auch Amerikaner oder umgekehrt. Sowas kommt vor im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

      Umso verwirrter ist jetzt