Tiefe. Von dieser geht des Volkes allgemeine
Sage, daß Kaiser Friedrich der Rotbart, da er
aus seiner Gefangenschaft in der Türkei gekommen
sei, in Kaiserslautern sich niedergelassen habe. Dort
habe er das Schloß gebaut und dem Weidwerk, wie
der Fischerei in dem schönen See, der noch der Kaiserwerder
heißt, obgelegen. In einem Tiergarten nahe
am Schloß hielt der Kaiser allerlei wunderbarliche
und fremdländische Getiere, und im See fing er einstmals
einen großen Karpfen, dem steckte er einen
güldnen Ring von seinem Finger an eine Flosse: der
Fisch blieb und bleibt hinfüro ungefangen bis auf des
Kaisers Wiederkehr. Endlich kam der Kaiser hinweg,
niemand wußte zu sagen wie, und es ging die Rede, er
habe sich in das tiefe Loch verwünscht auf lange Zeit,
da drunten besserer Zeit zu harren. Im Schlosse blieb
lange noch des Kaisers Bette aufbewahrt, hängend an
vier eisernen Ketten. War es abends wohl gebettet, so
war es morgens verwälzt, so daß man deutlich sah, es
habe jemand darin gelegen. Einst fing man im Kaiserwerder
zwei Karpfen, die waren um die Hälse mit
Ringen und einer güldenen Kette verbunden, zum Angedenken
wurden sie in Stein ausgehauen an der
Metzlerpforte.
Zu einer Zeit fand sich ein Mann, der wollte gern
den Grund der großen tiefen Höhle ergründen, in welche
der Kaiser sich verwünscht haben sollte, und
ward an einem Seil hinabgelassen mit einem Faden,
der oben an eine Schelle reichte. Und kam hinab und
sah den Kaiser sitzen auf güldnem Sessel mit mächtig
großem roten Barte, schaute sich um und erblickte
einen großen weiten Plan, darauf standen viele Wappner.
Der Kaiser nickte ihm zu und bedeutete ihn, nicht
zu reden – und da grausete es dem Mann, und gab
sein Zeichen an der Schelle, und ward also wieder
heraufgezogen, wo er verkündete, was er geschaut.
Um keinen Preis aber wollte er noch einmal hinunter.
Weit über das deutsche Land hin verbreitet ist die
Sage vom verzauberten Kaiser im Bergesschoß. Im
Thüringer Lande ist sie am lebendigsten um den Kyffhäuser,
so auch im Untersberge bei Salzburg und anderorts,
wo es aber auch oft Kaiser Karl der Große
oder auch Karl V. ist, den die Sage hineinbannt und
zu künftiger Wiederkehr aufbewahrt.
42. Die schiffenden Mönche
Zu Speier kam einstmals ein Fischer an den Strand
des Rheinstroms, der stellte seine Garne spät am
Abend und legte seine Reusen und fuhr in seinem
Kahn von einer Uferstelle zur andern. Da kam ein
Mann daher in brauner Mönchskutte, und der Fischer
grüßte ihn. Fischer, sprach der Mönch, ich bin ein
Bote von weitem her und möchte gern überfahren. –
Das kann geschehen, sagte der Fischer und fuhr den
Mönch über. Als er wieder an seinen Strand kam,
standen fünf andere Mönche da und harrten seiner und
sprachen: Fahr über! – Warum reiset ihr so in später
Nacht? Und soll ich nicht für meine Arbeit einen
Lohn von euch verdienen? – Fischer, es treibt die Not,
antworteten die Mönche, die Welt ist uns gram, fahr
uns nur über um Gottes willen.
Der Strom war ruhig und hell der Nachthimmel,
der Fischer nahm die Männer in seinen Kahn und
stieß vom Strande. Schnell ward es dunkel, der Himmel
schwärzte sich, der Strom warf Wellen, es heulte
der Sturm und trieb die schäumenden Wogen über
Bord in das Schiff hinein. Wie geschieht uns? fragte
der Fischer. War doch eben erst der Himmel rein und
klar! Hilf uns, o Gott! – Was heulst und betest du,
statt zu rudern? schalt den Schiffer einer der Mönche,
entriß ihm das Ruder und schlug ihn, daß er niedersank.
Die Mönche ruderten nun selber eilend durch
den Strom, legten am andern Ufer an und verschwanden.
Als der Fischer wieder zu sich kam, grauete
schon der Tag, und kaum vermochte er, wieder überzufahren
und seine Hütte zu erreichen.
Des Weges aber, den die Mönche eingeschlagen,
kam ein Bote, der wollte gen Speier, der sah dieselbigen
Mönche sich entgegenkommen, sie fuhren auf
einem Wagen, der war schwarz überhangen und hatte
nur drei Räder; die Pferde, die ihn zogen, hatten nur
drei Beine, und der Fuhrmann hatte eine Teufelsnase
und eine Flammengeißel, rund um den Wagen her weberte
es von Flammen. Der Bote kreuzte und segnete
sich und zeigte dem Rat zu Speier dies Gesicht an,
aus welchem man auf große Zwietracht unter den
deutschen Fürsten schloß, an der in alten und neuen
Zeiten niemalen ein Mangel.
43. Die Schwabenschüssel
Zu Speier auf dem Domplatz steht auf einem großen
Fußgestelle von Quaderstücken auf drei Staffeln ein
großer, tiefer, runder steinerner Napf, mag wohl ein
Taufbecken sein aus grauen Zeiten, wie eins vor der
Klosterkirchenruine zu Paulinenzelle liegt und anderswo
dergleichen auch gefunden werden – das hat in
seinem Rand eine Schrift, in Messing gegossen, diese
besteht aus lateinischen Versen. Dieses Becken nennen
sie dort die Schwabenschlüssel, niemand weiß,
warum. Sie hatten aber zu Speier damit einen sondern
Brauch, nämlich wenn ein neugewählter Bischof alldort
seinen Einzug halten wollte, so ward er nicht alsbald
in die Stadt gelassen, sondern mußte vor dem
Tore halten bleiben und zuvor geloben, der Stadt
Rechte und Freiheiten nicht anzutasten, vielmehr aufrechtzuerhalten,
und das angeloben mit Brief und Siegel,
dann öffnete der Rat ihm das Stadttor, aber
gleichwohl durften