Die Seele des Zauberlehrlings. Betty Kay. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Betty Kay
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960895053
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ist minimal. Verschwendung von Reserven vermeide ich, wie es mir mein Großvater gezeigt hat. Deshalb geht bei mir auch nichts zu Bruch.«

      Sein Blick bleibt skeptisch. »Dann weiß ich einen Raum«, sagt er.

      Mit einem aufmunternden Lächeln versuche ich ihn und mich gleichermaßen zu beruhigen. »Schließt die Augen, um die Verbindung nicht zu verlieren. Den Rest erledige ich.«

      In Gedanken gehe ich die Worte des Zaubers durch, sage sie stumm vor mich her und konzentriere mich auf die Magie, die uns alle umgibt. Ich sauge die Energie aus der Luft, bis sie mich mit Wärme ausfüllt. Mit einem Flirren entlädt sie sich wieder, wobei mein Herz kurz aussetzt. Eine Sekunde später stehen wir nicht mehr auf dem Hügelkamm.

      Dunkelheit umgibt uns. Elevander stößt einen unterdrückten Schrei aus.

      Sikiwer räuspert sich. »In dieser Kammer hält sich niemals jemand auf. Deshalb gibt es auch kein Licht.«

      Ich murmle nochmal ein paar Worte. Ein Lichtball entsteht auf meiner Handinnenfläche. Jetzt kann ich das Innere des Raums erkennen, in den Sikiwer uns geschickt hat. Holzvertäfelung bedeckt die Wände, filigran geschnitzt und reich verziert. Es existiert hier kein Fenster, was die absolute Dunkelheit erklärt. Die Kammer ist völlig leer. Was für eine Platzverschwendung! Dieser Raum ist größer als der Schlafraum, den wir uns zu viert teilen. Wozu der Raum wohl genutzt wird?

      »Danke für die Beleuchtung«, sagt der Zeremonienmeister und greift nach dem Türknauf.

      »Wartet. Es wäre vielleicht besser, wenn Ihr nicht erwähnen würdet, dass wir Zauber verwendet haben, um schneller vorwärtszukommen.« Auch wenn ich die Erlaubnis erhalten habe, würde mein Großvater die eigenmächtige Anwendung von Magie ohne seine Anwesenheit nicht gutheißen.

      Mit zusammengekniffenen Augen mustert Sikiwer mich. Einen Moment scheint es, als würde er mir widersprechen. Er hebt eine Augenbraue, bevor er nickt. »Ihr habt mir bereits genug Schwierigkeiten bereitet.«

      Er tritt nach draußen und sieht sich nach beiden Seiten um. Dann bedeutet er uns, ihm zu folgen. Elevander und ich marschieren hinter Sikiwer den Gang entlang und können unser Staunen nur schwer verbergen. Ein glänzendes Material ist auf Teile der Wandverkleidung angebracht worden. Es ist mir völlig fremd. Doch auch das Holz im Schloss hat eine ganz andere Beschaffenheit als das, welches wir in unseren einfachen Hütten verwenden. Es muss sich um edle Materialien handeln, derer wir nicht würdig sind.

      Wir gelangen an einen kreuzenden Gang und wenden uns nach links. Wieder ist niemand zu sehen. Es ist gespenstisch leise. Beiläufig frage ich mich, weshalb all dieser Raum nicht ausgenutzt wird. Die Bewohner des Dorfes kennen nur Enge und Einfachheit. Aber das hier …

      Ich ziehe bei der Größe und des Prunks den Kopf ein. Elevander verringert den Abstand zwischen uns. Dabei streifen sich unsere Finger. Ich greife danach. Elevander schiebt seine Hand in meine. Unsere Handinnenflächen sind feucht. Nein, wir fühlen uns beide hier nicht wohl.

      Sikiwer hält an. Vor uns beginnt eine mit einem hochflorigen, golddurchwirkten Teppich ausgelegte Treppe. Sie führt zu einer doppelflügeligen Tür aus massivem Holz mit eleganten Ornamenten. Einige der Linien sind mit Gold ausgelegt. Der Zeremonienmeister wendet sich an Elevander. »Weiter kann ich dich nicht mit uns kommen lassen.«

      Ich drücke die Finger meines Freundes fester. »Er begleitet mich überall hin.«

      »Deine Aufsässigkeit habe ich jetzt lange genug toleriert«, sagt Sikiwer mit gefährlich ruhiger Stimme. Sein Blick ist drohend. »Sollte dieser Wicht mit dir vor dem Fürsten erscheinen, ohne dass seine Anwesenheit gefordert worden ist, kann alles passieren. Es sind schon wichtigere Männer in den Kerkern des Schlosses verschwunden, weil sie sich dem Willen des Fürsten nicht gebeugt haben.«

      »Damit könnt Ihr mich nicht einschüchtern.« Leider hört man meinem hohen Tonfall an, dass es sich dabei um eine Lüge handelt. »Ich weiß nicht, was man von mir will. Trotzdem bin ich Euch hierher gefolgt. Elevander mag nicht als meine Begleitung geplant gewesen sein, doch dadurch hat er sich keines Fehlers schuldig gemacht.«

      »Du hast keine Ahnung, welche Regeln es in den Hallen der Macht gibt«, erinnert mich Sikiwer. »Folge lieber meinen Ratschlägen.«

      Elevander schüttelt den Kopf, als ich neuerlich widersprechen will. »Schon in Ordnung, Lesithder. Ich warte hier vor der Tür.«

      Ohne ihn will ich nicht vor den Fürsten treten. Nur in seiner Gegenwart kann ich Selbstbewusstsein vortäuschen. Doch ich möchte Elevander auch nicht der Gefahr aussetzen, den Unwillen unseres Herrschers auf sich zu ziehen. »In Ordnung. Ich werde dich nicht zurücklassen, auch wenn man mich durch einen anderen Weg aus dem Schloss bringen will.«

      »Es gibt nur diese Tür in den Audienzsaal des Fürsten«, mischt der Zeremonienmeister sich ein.

      »Ich dachte, Ihr kennt meinen Großvater. Ihn hindern solche Details nicht daran, sich neue Wege zu schaffen.« Außerdem zweifle ich an seinen Worten. Es wäre viel zu gefährlich, keine Fluchtmöglichkeit für den Fürsten einzuplanen. Widerstrebend lasse ich die Hand meines besten Freundes los und stelle meinen Fuß auf die erste Stufe.

      Neben mir holt Sikiwer tief Luft. Warum hat so ein hoher Herr Angst vor unserem Fürsten?

      Mein Herz wird bang, als ich die Treppe erklimme. Bevor Sikiwer an der Tür klopfen kann, schwingen die beiden Flügel auf und gewähren einen ersten Blick auf den riesigen Saal dahinter. Ich erkenne einen Thron auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Mein davor stehender Großvater könnte die Spitze des Kopfteils nicht erreichen, wenn er auf den Schultern eines anderen Mannes stehen würde. Er sieht mir mit ernster Miene entgegen.

      Während ich weitergehe, hebe ich den Blick zu der überwältigend hohen Decke. Muster bilden den Nachthimmel ab. Unzählige Sterne in Gold tanzen über unseren Köpfen. Das Firmament muss aufgrund seiner Detailgenauigkeit von jemandem zum Leben erweckt worden sein, dessen Hände durch Magie geführt wurden.

      Hinter mir fallen die Türen mit einem dumpfen Knall ins Schloss. Ich zucke zusammen und kann die Anspannung nicht länger unterdrücken. Sikiwer bleibt stehen, weshalb ich es ihm gleichtue. Zehn Armlängen von uns entfernt steht ein fünf Armlängen hoher Thron, auf dem ein überraschend junger Mann in edler Kleidung sitzt. Er trägt eine Toga wie ich. Auf seinen Schultern befindet sich allerdings ein weiter mit Goldfäden durchwirkter Umhang mit pelzverbrämter Kapuze. Der leichte Stoff bauscht sich um unseren Anführer, als er sich erhebt.

      Seine prächtige Kleidung unterstreicht seine Position. Beeindruckendere Wirkung hat allerdings sein respektgebietender, erhabener Gesichtsausdruck auf mich. In seinen Augen lese ich Härte und Ungeduld. Verärgerung flackert über seine kantigen, doch hübschen Züge. Sein Erscheinungsbild reicht aus, um mich in die Knie zu zwingen. Von Ehrfurcht ergriffen sinke ich nieder und beuge den Kopf. Die Magie, die der Fürst ausstrahlt, macht jeden Atemzug schwer. Sie vibriert in jedem Molekül der Luft. Sie schwirrt wie unzählige Libellen über mir.

      »Mein Enkel, Lesithder«, stellt mich mein Großvater vor. Seine Stimme klingt angespannt. Erwartet mich ein Tadel oder eine Aufgabe?

      Rascheln von Stoff erklingt. Gedämpfte Schritte sind zu hören. Der Fürst verlässt den Thron und kommt auf mich zu. Meinen Blick wage ich nicht zu heben, doch ich sehe den Saum seines Umhangs direkt vor mir. Die Magie verrät mir, dass unser Herrscher frustriert ist. Die Enttäuschung, die von ihm ausgeht, senkt die Temperatur in dem Raum um mehrere Grad.

      »Er ist doch ein Kind!«, poltert er. »Was soll ich mit einem Nichts wie ihm?«

      »Entschuldigt, wenn ich Euch nicht vorgewarnt habe, edler Fürst«, sagt mein Großvater. »Wir haben uns über die möglichen Zeitabläufe unterhalten. Er wird so weit sein, wenn er benötigt wird.«

      Verwirrt versuche ich die Bedeutung hinter diesen Worten zu entschlüsseln. Haben Sie etwas mit meiner geplanten Ausbildung zum Zauberer zu tun? Werde ich jetzt endlich lernen, mit meinen Kräften umzugehen?

      Obwohl es verboten ist, hebe ich den Kopf und suche den Blick meines Großvaters. Seine Stirn ist verkniffen. Seinen letzten