Die Seele des Zauberlehrlings. Betty Kay. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Betty Kay
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960895053
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annehmen, du wärest wegen irgendetwas beunruhigt. Dabei ist das mit Sicherheit nicht der Fall.«

      Ich wende mich Elevander zu und bemühe mich um ein Lächeln. Mein bester Freund ist aus der Reihe seiner Truppe getreten, um mit mir sprechen zu können. »Natürlich nicht. Tut mir leid, wenn meine Gedanken abgeschweift sind. Der heutige Ritt war ziemlich anstrengend. Ich will mir nicht vorstellen, wie erschöpft du sein musst.«

      Er zuckt mit den Schultern. »Mein Los habe ich mir selbst ausgesucht, als ich mich für diese Einheit entschieden habe.«

      »Wir beide wissen, weshalb du diese Wahl getroffen hast.« Mir ist nichts anderes übriggeblieben, als in direkter Nähe zu unserem Fürsten zu reiten. Das gilt allerdings nicht für meinen besten Freund.

      Elevander wollte mich nicht allein lassen. Er besteht darauf, mich im Auge zu behalten. Nicht, weil er mir nicht vertrauen würde. In seinen Augen kann ich nichts falsch machen. Er versucht, auf mich aufpassen, damit ich in meiner Unsicherheit keinen Fehler begehe. Wie immer glaubt er unerschütterlich an mich. Er wird dafür sorgen, dass ich den Respekt der Soldaten oder gar unseres Anführers nicht verliere, wenn sich so wie jetzt meine Anspannung auf meinem Gesicht zeigt.

      Womit habe ich einen treuen Freund wie ihn verdient?

      »Ich bin froh, dass ich hier vorne marschieren kann«, erklärt Elevander. »Wie viel Staub die Soldaten weiter hinten wohl schlucken müssen? Seit Tagen haben wir uns alle ein vernünftiges Bett gewünscht. Doch die Männer, die am Ende unseres Trupps gehen, haben noch ein härteres Schicksal. Wir brechen in den Morgenstunden als Erstes auf und erreichen den Rastplatz auch wieder vor den anderen. Die Männer hinten müssen mit uns zum Abmarsch bereit sein, stehen dann aber sinnlos herum, bis sie an der Reihe sind. Am Abend sind sie die Letzten, die ihr Lager errichten.«

      »Beschwer dich nur nicht zu laut«, warne ich ihn. »Man könnte deine Worte als Tadel verstehen.«

      Er wirft einen Blick über seine Schulter. Die Männer, neben denen er diesen Berg bestiegen hat, tragen reglose Masken. Sie haben Erfahrung darin, ihre Gedanken zu verbergen. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie nicht bemerken, was rund um sie herum vorgeht. Dann ist da noch Janifik, der als mein Diener abgestellt worden ist und sich ständig in meiner Nähe aufhält. Wie oft ich erschrocken bin, weil er plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht ist. Unter Umständen berichten die Männer oder Janifik meine Worte und Kritik direkt an den Fürsten, dabei möchte ich, dass er eine gute Meinung von mir hat.

      Verfolgungswahn kann ich nicht gebrauchen. Ich sehne mich nach jemandem, dem ich blind vertrauen kann. Zum Glück habe ich Elevander, der mir zur Seite steht. Die Soldaten verstärken meine Unsicherheit noch.

      Elevander macht einen Schritt zurück, bis er sich wieder nahtlos in seine Reihe fügt. »Ich weiß zu schätzen, wo ich bin«, sagt er mit einem Tonfall, der seinen Worten eine geheime Bedeutung gibt.

      Erleichterung macht sich in mir breit, als er wieder zu einem von vielen wird, als er mit der Masse verschwimmt und dadurch nicht in Gefahr gerät, für ein unbedachtes Wort bestraft zu werden. Elevander will mich nur beschützen. Doch ich will auch auf ihn aufpassen.

      Der Fürst brüllt einen Befehl. Sofort setzen sich die Männer wieder in Bewegung. Hastig schließe ich zu meiner Gruppe auf. Wir reiten wieder direkt in einer Reihe, haben aber auf dem jetzt breiteren Pfad genug Platz, um mehr Abstand nebeneinander zu halten. Der Weg schlängelt sich den Berg hinunter. Bis in das Moor, in dem Umock lebt, werden sie mir nicht folgen. Ich bin nicht in der Lage, den Schutzzauber für sie alle zu sprechen.

      Die Serpentinen sind eine Herausforderung für Reiter und Tier, weshalb wir nur langsam vorwärtskommen. Auch der steile Abfall des Berges bremst uns. Hat zu Beginn des Abstiegs die Sonne gerade den Horizont berührt, schiebt sie sich jetzt gnadenlos tiefer. Nicht mehr lange, und die Dunkelheit senkt sich über die Umgebung. Wir müssen uns beeilen, wenn wir rechtzeitig ein provisorisches Lager errichten wollen.

      Als sich endlich vor uns der Weg weitet und wir auf einer kleinen Ebene einlangen, fühle ich Erleichterung. Der Gedanke, nach Sonnenuntergang unterwegs sein müssen, hat mich mit Sorge erfüllt. Wir haben uns auch beträchtlich dem Sumpf genähert. Ein Fußmarsch von vielleicht einer Viertelstunde trennt uns von den ersten Ausläufern der nebelverhangenen, abgestorbenen Baumlandschaft. Ich bin nicht böse, wenn wir dazu nachts reichlich Abstand halten.

      Unser Fürst gibt den Befehl, einige Sträucher am Wegesrand auszureißen, um Platz für unsere Männer zu machen. Dann wendet er sich an mich. »Seid Ihr mit diesem Lagerort zufrieden?«

      Ich schließe die Augen, stelle eine Verbindung zu meinem Großvater her. Tagsüber habe ich ihm, wie sonst auch immer wieder, Informationen über den Verlauf unserer Reise zukommen lassen. Er weiß also, wo wir uns befinden. Das ermöglicht es ihm, in den Zeiten zwischen unseren stummen Unterhaltungen Erkundigungen einzuholen. Jetzt sendet er mir Bilder, durch die ich die Gunst des Fürsten für mich gewinnen kann.

      Mit einem vorsichtigen Lächeln wende ich mich an den Mann, der mich neugierig beobachtet. »Ich denke, er ist nahezu ideal. Allerdings sollten wir uns ein paar Armlängen in den Wald schlagen. Dort finden wir eine Lichtung, die für unsere Zwecke geeignet ist.«

      Wir werden keinen anderen Wanderern begegnen. Hier kommt nur vorbei, wer eine Abkürzung erhofft oder Umock um die Erfüllung eines Wunsches bitten will. Ich weiß nicht, ob der König der Nebelseelen tatsächlich im Austausch für die Seele des Bittstellers dessen Träume wahr werden lässt. Wer würde schon seine Seele vor seinem Tod verschachern, nur um lächerlichen Tand zu erhalten, den er nicht in die Anderswelt mitnehmen kann? Ich könnte mir nichts vorstellen, wofür ich die Reinheit meiner Seele opfern würde.

      »Seid Ihr sicher, dass es eine Lichtung mitten im Wald gibt?«, fragt der Fürst nach. »Es führt kein Pfad dorthin. Wir müssten Bäume abholzen, damit die Reitechsen hindurch können.«

      »Die Lichtung befindet sich direkt vor uns. Nur ungefähr zehn Armlängen in diese Richtung. Schickt Botschafter aus, damit sie meine Aussage bestätigen. Es werden uns nicht viele Bäume im Weg sein. Das versichere ich Euch.«

      Der Blick des Fürsten ruht noch einmal mit unangenehmer Intensität auf mir. Dann nickt er und gibt die Befehle weiter. Zum Glück sind die Aussagen meines Großvaters genau. Ich bin ein weiteres Mal der Enthüllung als Scharlatan entkommen.

      Es dauert ungefähr eine Stunde, bis alle Männer auf der Lichtung angekommen, die Reitechsen versorgt und die Zelte für die Truppen aufgestellt sind.

      In der Mitte der Lichtung hat man Lagerfeuer entzündet. In deren Nähe und damit gut beleuchtet und gewärmt, steht das Zelt, das der Fürst bewohnen wird. Daneben übernachten seine Ratgeber. Mir wird wieder eine Sonderstellung eingeräumt. Mein Zelt steht weder bei diesen wichtigen Männern, noch ist es Teil des Ringes von auf dem Boden ausgerollten Decken, der das Lager umgibt. Dort werden die Soldaten sich zur Ruhe begeben, um den Fürsten vor Angriffen zu schützen, während ich zehn Armlängen von den anderen in einem Zelt nächtigen werde. Es ist deutlich kleiner als die der Ratgeber. Ich muss allerdings meinen Kopf nicht direkt auf das Gras betten und habe ein Dach über dem Kopf. Viel mehr kann ich nicht verlangen.

      Überall, wo ich meine Hilfe anbiete, werde ich abgewiesen. Jeder bedenkt mich mit einem vorsichtigen Blick, als könnte ich versehentlich Decken in Brand stecken oder die Reitechsen verschrecken. Ich komme mir wieder einmal überflüssig vor und bin froh, dass ich zumindest heimlich mit einem Zauber einen Krug heilmachen kann, der während der Reise zerbrochen ist. Wieso muss ich immer der Außenseiter bleiben?

      Als es schließlich den Anschein hat, als wäre alles für die Nacht vorbereitet, nähere ich mich den Feuern in der Mitte des Lagers. Über den Flammen werden Schwimmechsen gebraten. Der Duft steigt mir sofort in die Nase und erinnert mich daran, dass ich seit Stunden nichts zu mir genommen habe. Die Soldaten haben große Exemplare dieser Flussbewohner erlegt. Ihr Geschmack erinnert an den von Hähnchen, aber viel würziger. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Ob die fast eine Armlänge großen Tiere dieser Gegend ähnlich lecker sein werden?

      Ich nähere mich den Feuern. Bevor ich mich erkundigen kann, wie lange es noch dauert, bis ich vom Fleisch