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Erwägt die StA nach den durchgeführten Ermittlungen, das Verfahren einzustellen, hat sie die sonst zuständige FinB nach § 403 Abs. 4 AO anzuhören. Nach welcher gesetzlichen Vorschrift die Einstellung erfolgen soll ist für die Anhörung nicht entscheidend. Die Einstellung erfasst sämtliche Arten der Verfahrenseinstellung, d.h. sowohl eine Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts gem. § 170 Abs. 2 StPO als auch solche wegen Geringfügigkeit nach § 398 AO oder § 153 StPO. Auch bei einer Einstellung gegen Erfüllung von Auflagen nach § 153a StPO sowie bei Strafverfolgungsbeschränkungen nach § 154a StPO oder § 154 StPO (Teileinstellung bei mehreren Taten) ist das Anhörungsrecht zu beachten. Es soll der sachkundigen FinB die Möglichkeit gegeben werden, etwaige Bedenken vorzubringen und der StA, die naturgemäß nicht über eine vergleichbare steuerliche Sachkunde verfügt, evtl. nicht bedachte Umstände steuerstrafrechtlicher Art aufzuzeigen.
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Die Nichtbeachtung des Anhörungsrechts macht die Entscheidung der StA jedoch nicht mittels eines förmlichen Rechtsbehelfs anfechtbar.[3] Ebenso wenig führen Verstöße gegen die Beteiligungsrechte nach § 403 AO zur Unverwertbarkeit der Ermittlungshandlungen.[4]
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Nach h.M. ist der FinB auch das Klageerzwingungsverfahren nicht eröffnet, da sie selbst als Strafverfolgungsbehörde zur Wahrung des Legalitätsprinzips verpflichtet ist und eine andere Strafverfolgungsbehörde, die sogar ermächtigt wäre, das Steuerstrafverfahren jederzeit an sich ziehen zu können, nicht überprüfen lassen kann.[5] Der FinB stehen jedoch die Gegenvorstellung und die Dienstaufsichtsbeschwerde zur Verfügung.[6]
Anmerkungen
Franzen/Gast/Joecks § 403 Rn. 6.
Meyer-Goßner/Schmitt § 168c Rn. 5.
Kohlmann/Hilgers-Klautzsch § 403 Rn. 38.
Franzen/Gast/Joecks § 403 Rn. 16; Kohlmann/Hilgers-Klautzsch § 403 Rn. 44; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Hellmann § 403 Rn. 40.
Franzen/Gast/Joecks § 403 Rn. 18; Kohlmann/Hilgers-Klautzsch § 403 Rn. 39 f.
Hübschmann/Hepp/Spitaler/Hellmann § 403 Rn. 41; Franzen/Gast/Joecks § 403 Rn 17.
4. Kapitel Verfahren bei Steuerdelikten › VI. Die Stellung der Finanzbehörde unter der Verfahrensherrschaft der Staatsanwaltschaft › 3. Beteiligungs- und Anwesenheitsrechte der Finanzbehörde im gerichtlichen Verfahren
3. Beteiligungs- und Anwesenheitsrechte der Finanzbehörde im gerichtlichen Verfahren
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Für das gerichtliche Verfahren ergeben sich die Anhörungs- und Mitwirkungsrechte der FinB aus § 407 AO. Auch in diesem Verfahrensstadium ist es sinnvoll, die Sachkunde der FinB einfließen zu lassen. Das Gericht hat der FinB vor jeder Sachentscheidung, mit Ausnahme prozessualer Entscheidungen, die keinen Bezug zur Sachentscheidung haben, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Erwägt das Gericht vor der Eröffnung des Hauptverfahrens, den Verfahrensstand mit den Verfahrensbeteiligten nach § 202a StPO zu erörtern, ist neben der StA, dem Verteidiger und dem Beschuldigten auch die FinB zu beteiligen.[1] Die Anhörung muss nicht nur bei den Einstellungsmöglichkeiten der § 153 (Geringfügigkeit) und § 153a StPO (Geldauflage) erfolgen, sondern auch wenn das Gericht Einstellungen nach § 154 Abs. 2 (unwesentliche Nebenstraftat), § 154a Abs. 2 StPO (Verfahrensbeschränkung), § 205 StPO (Abwesenheit des Angeschuldigten), § 206a StPO (Verfahrenshindernisse), oder nach § 206b StPO (Gesetzesänderung) beabsichtigt. Die FinB kann eine Einstellung jedoch nicht verhindern, indem sie keine Zustimmung erteilt. Einer solchen (prozessualen) Zustimmung bedarf es eben nicht. Die Anhörung ist grds. formfrei. In der Hauptverhandlung erfolgt sie naturgemäß mündlich. Außerhalb der Hauptverhandlung wird i.d.R. eine schriftliche Stellungnahme der BuStra über die StA eingeholt. Dieses Recht wird von der FinB in der Praxis auch sehr ernst genommen und nicht selten folgen sehr ausführliche substantiierte schriftliche Stellungnahmen. Die FinB, genauer gesagt die BuStra, hat nach § 407 Abs. 1 AO ein Recht und nicht die Pflicht auf Anwesenheit und Äußerung in der Hauptverhandlung. Auch hier ist die Steufa aus den bereits genannten Gründen nicht Vertreter der FinB (vgl. Rn. 3, 49 f.). Die Verfahrensbeteiligte FinB, mithin die BuStra, sitzt in der Hauptverhandlung neben der StA. In der Praxis wird eine Nichtteilnahme der BuStra vor der Hauptverhandlung i.d.R. mit der StA abgestimmt (Nr. 94 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 AStBV). Zum einen ist der FinB selbst an einem positiven Ausgang des Verfahrens gelegen und zum anderen ist sowohl die StA als auch der Richter, nicht unbedingt im Sinne einer Waffengleichheit, wohl aber im Sinne einer sachgerechten Entscheidung, dankbar für die Mitwirkung eines Sachkundigen auf dem schwierigen Rechtsgebiet des Steuerstrafrechts. Denn nicht selten wird auf der Seite des Angeklagten ein steuerlich versierter Rechtsanwalt oder neben diesem ein Steuerberater verteidigen. Das Gericht teilt der zuständigen BuStra den Termin zur Hauptverhandlung oder der Vernehmung durch den beauftragten oder ersuchten Richter nach § 407 Abs. 1 S. 3 AO regelmäßig unter Einhaltung der Ladungsfristen nach §§ 214, 217 StPO mit.
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Im Rahmen der Hauptverhandlung und bei Vernehmungen durch den beauftragten oder ersuchten Richter darf der Vertreter der BuStra nach § 407 Abs. 1 S. 5 AO unmittelbar Fragen an den Angeklagten, Zeugen und Sachverständigen richten (§ 240 Abs. 2 S. 1 StPO, Nr. 94 Abs. 3 S. 2 AStBV). Das Gericht wird die Notwendigkeit oder Sachdienlichkeit der Frage i.d.R. nicht überprüfen, ggf. aber von der Zurückweisungsmöglichkeit ungeeigneter oder nicht zur Sache gehörender Fragen durch den Vorsitzenden nach § 241 Abs. 2 StPO Gebrauch machen.
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Ebenso steht der FinB in der Hauptverhandlung sowie bei der Vernehmung durch den beauftragten oder ersuchten Richter ein Stellungnahme-