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Die richtige Einreihung der Waren in den Zolltarif kann ein durchaus komplexes Unterfangen darstellen. Grundsatz ist, dass jede Ware in den Zolltarif einzureihen ist, das bedeutet, dass d.h. für die jeweilige Ware die „richtige“ Codenummer und damit der relevante Zollsatz zu ermitteln ist. Die Komplexität ergibt sich aus der umfassenden Gliederung des Zolltarifes. So sind beispielsweise Schuhe nicht gleich Schuhe. Der Zolltarif unterschiedet Schuhe mit Laufsohlen aus Kautschuk, Leder oder rekonstituiertem Leder und Oberteil aus Leder (Pos. FS [00] 6403) oder Schuhe mit Laufsohlen aus Kautschuk, Leder oder rekonstituiertem Leder und Oberteil aus Spinnstoffen (Pos. FS [00] 6404). Diese Positionen untergliedern sich in zahlreiche Unterpositionen, die sich an der jeweiligen (möglichen) Beschaffenheit der Waren orientieren. Je nachdem, wie die letztendliche Einreihung in den Zolltarif erfolgt, also welche Codenummer zum Tragen kommt, bestimmt sich der maßgebliche Drittlandszoll. Die richtige Einreihung ist somit sowohl aus Sicht des Steuerpflichtigen, als auch aus Sicht der richtigen Zollerhebung durch die Zollbehörden elementar wichtig.
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Eine weitere Besonderheit kann sich aus bestimmten Maßnahmen ergeben. Maßnahmen können z.B. Präferenzabkommen zwischen der EU und Drittstaaten sein. Solche Präferenzabkommen können beispielsweise festlegen, dass Waren, die in diesen Drittstaaten (vollständig) produziert und in die EU eingeführt werden (Ursprungspräferenz), einem besonderen Drittlandszoll (z.B. 0 %) unterliegen. Insofern können Präferenzabkommen auch als ein Instrument der Entwicklungshilfe gesehen werden. Andererseits kann aus Sicht der EU auch das Bedürfnis bestehen, den Binnenmarkt vor schädlichen Einflüssen zu schützen. Ein solches Bedürfnis könnte bestehen, wenn beispielsweise Staaten zur Förderung der einheimischen Produktion (z.B. Gewinnung von weltweiten Marktanteilen, mit dem Ziel der Ausschaltung ausländischer Konkurrenz) Waren subventionieren, so dass diese unter den eigentlichen Produktionskosten der Herkunftsländer exportiert werden können. Dies kann schädliche Auswirkungen auf Produzenten im Binnenmarkt haben. Als Instrument zur Abwehr solcher schädlichen externen Einflüsse auf den Binnenmarkt kann die EU-Kommission im Rahmen eines formellen Verfahrens sog. „Anti-Dumping-Zölle“ erheben und hierdurch den Wettbewerbsvorteil dieser ausländischen Produkte wieder abschöpfen. Solche Strafzölle wurden durch die EU-Kommission z.B. auf Stahlimporte aus China erhoben.
Verbrauchssteuern
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Verbrauchssteuern betreffen bestimmte Waren, die zum Zeitpunkt des Entfernens aus dem Steuerlager beim Hersteller oder beim Händler entstehen. Dies sind z.B.:
– | Alkopopsteuer (AlkopopStG), |
– | Biersteuer (BierStG), |
– | Branntweinsteuer (BranntwMonG), |
– | Energiesteuer (EnergieStG), |
– | Kaffeesteuer (KaffeeStG), |
– | Kernbrennstoffsteuer (KernbrStG), |
– | Schaumwein-/Zwischenerzeugnissteuer (SchaumwZwStG), |
– | Stromsteuer (StromStG), |
– | Tabaksteuer (TabStG). |
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Von ihrer Funktionsweise ähneln Verbrauchssteuern den Zöllen. Wie bei Zöllen haftet die Entstehung der Verbrauchssteuern Waren oder wie Waren behandelten Produkten (Energie, Strom) an, wobei das auslösende Moment, von der konzeptionellen Idee her, der Konsum der entsprechenden Ware ist. Wann die Steuer dabei tatsächlich entsteht, hängt von der jeweiligen Steuerart ab. Die Ähnlichkeit bzw. die Verwandtschaft zu den Zöllen lässt sich schön an der Biersteuer zeigen. Die Höhe der Biersteuer hängt nach § 2 BierStG als Volumensteuer von der produzierten Biermenge und dem Alkoholgehalt des Bieres (Platograd) ab. Die Biersteuer entsteht nach § 14 Abs. 1 BierStG zum Zeitpunkt der Überführung des Bieres in den steuerrechtlich freien Verkehr. Dies ist nach § 14 Abs. 2 BierStG z.B. die Entnahme des Bieres aus dem Steuerlager, wobei ein Steuerlager nach § 4 BierStG beispielsweise die Braustätte oder eine Lagerstätte des Bieres sein kann. Die Ähnlichkeiten der hier verwendeten Nomenklatur und Wirkungsweise der Verbrauchssteuern zum Zollkodex sind offensichtlich. Der bedeutsame Unterschied ist, dass hier der Verbrauch dieser Waren im Steuergebiet erfolgt, während Zölle im Rahmen des Im/Exportes aus dem Drittlandsgebiet in oder aus dem Gemeinschaftsgebiet der EU erhoben werden. So unterliegt nach § 1 Abs. 1 BierStG nur Bier der Biersteuer, das sich im Steuergebiet (Bundesrepublik Deutschland ohne das Gebiet Büsingen und die Insel Helgoland) befindet. Verbindungen zu den Zöllen können sich wiederum dann ergeben, wenn Waren in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt und in den freien Verkehr überführt werden. Solche Fälle der Einfuhr werden beispielsweise im BierstG in den §§ 16, 18 BierStG geregelt.
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Bereits aus der Art der Verbrauchssteuern unterliegenden Waren ergibt sich, dass die Anzahl der von diesen Verbrauchssteuern betroffenen Unternehmen endlich bzw. eng umgrenzt ist. Da eine Vielzahl der zu überwachenden Waren im Inland produziert werden bzw. die Überführung in den steuerrechtlichen freien Verkehr im Inland erfolgt, ist zudem die steuerliche Überwachung der Verbrauchssteuern einfacher als bei Zöllen, bei denen bereits die Einordnung der Waren in den Zolltarif, wie oben ausgeführt, eine große Herausforderung darstellt und mit erheblichen Problem und/oder Ermessensspielräumen verbunden sein kann. Vor diesem Hintergrund wird daher auf weitergehende Ausführungen, insbesondere zu Sachverhaltsaufklärungen bei möglichen Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Verbrauchsteuern, nicht weiter eingegangen.
2. Bedeutung der internen Sachverhaltsaufklärung bei Zöllen und Verbrauchssteuern
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Interne Sachverhaltsaufklärungen sind oftmals dann von Bedeutung, wenn es Anhaltspunkte für Verstöße gegen Zollvorschriften im internationalen Güterverkehr gibt. Die Ergebnisse einer Investigation versetzen das betroffene Unternehmen dann in die Lage, Verstöße zu erkennen und sich zu überlegen, wie sie damit umgehen. Außerdem werden durch erkannte Verstöße auch Lücken im Internen Kontrollsystem und Compliance Management System erkannt, die im Rahmen der Remediation Phase geschlossen werden müssen, um eine ausreichende Enthaftung zu erzielen. Wenn sich bspw. herausstellt, dass Güter aufgrund eines vorhandenen Importverbotes und mit der Hilfe von externen Zollagenten in ein Land geschmuggelt werden und dies möglich war, weil es bei der Auswahl der nicht integren externer Zollagenten kein Vier-Augen-Prinzip gab, so muss diese Kontrolllücke umgehend geschlossen werden. Investigations haben daher auch bei Zollverstößen eine signifikante Bedeutung im Zusammenhang mit der Optimierung der Überwachungssysteme, auch wenn dies nicht deren primärer Zweck ist.
3. Beispiel
Sachverhalt
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Aufgrund erheblicher Überkapazitäten ist der Preis für Betonstabstahl in einem südostasiatischen Land erheblich unter Druck geraten, was zu- einem erhöhten Exportdruck geführt hat. Nach Abschluss eines Anti-Dumping Untersuchungsverfahrens wurde durch die EU-Kommission die befristete Einführung endgültiger Strafzölle von zusätzlich bis zu 22,5 % des Zollwerts (=Warenwert) beschlossen. Dies führt zu einer drastischen Verteuerung des Stahls und macht einen Import