– | Gründung der Gesellschaft (wie lange existiert der potentielle Geschäftspartner schon?), |
– | Alter der Geschäftsführer (besonders junge oder besonders alte Geschäftsführer dürften als ungewöhnlich eingestuft werden), |
– | Wohnsitz der Geschäftsführer in weit vom Sitz der Gesellschaft entfernten Regionen. |
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Wichtige Hinweise könnten sich im Rahmen der Investigation auch ergeben, wenn zwar solche Risikoindikatoren identifiziert wurden, jedoch das zuständige Management der B im Rahmen einer Einzelfallentscheidung veranlasst hat, dass diesen Risikoindikatoren nicht weiter nachgegangen werden soll.
139
Über die Nutzung der im Unternehmen vorhandenen Information hinaus empfiehlt sich außerdem die Durchführung einer Hintergrundrecherche über den Lieferanten A und den Kunden C, um über den Handelsregisterauszug hinausgehende Informationen in Erfahrung zu bringen, z.B. wesentliche Kennzahlen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und mögliche negative Pressemeldungen, falls über den A oder C bzw. deren Geschäftsführer oder Gesellschafter bereits in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Wirtschaftskriminalität berichtet wurde. Außerdem könnte mit Hilfe einer Hintergrundrecherche eine potenzielle direkte oder indirekte Beziehung zwischen dem A und dem C aufgedeckt werden. Ferner könnte festgestellt werden, ob einzelne Mitarbeiter des B direkte oder indirekte Beziehungen mit Mitarbeitern des A und/oder B unterhielten.
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Grundsätzlich sollte z.B. organisatorisch festgelegt werden, dass vor der Ausführung von Bestellaktivitäten an Kunden innerhalb der EU auch die entsprechenden Umsatzsteueridentifikationsnummern vorab abgefragt und zumindest ab gewissen Bestellvolumina über eine qualifizierte Anfrage beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) verifiziert wurden. Da in dem Beispielsfall B keine direkten Auslandslieferungen getätigt hat, dürften entsprechende Untersuchungshandlungen jedoch wenig erfolgversprechend sein.
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Zur Verschleierung der Zahlungswege könnten der Lieferant A und der Kunde C ihre Bankverbindungen in regelmäßigen Abständen wechseln. Das häufige Wechseln der Bankverbindungen kann Hinweise auf Risiken geben. Dies kann vom Risiko des Forderungsausfalls (der Kunde hat Zahlungsschwierigkeiten und braucht daher immer wieder neue Geschäftsbanken) bis hin zum möglichen versuchten Betrug (Verschleierung der Rückverfolgung der Zahlungswege) reichen. Daher haben Großhändler typischerweise Prüfroutinen implementiert, die im Falle häufig wechselnder Kontoverbindungen ihrer Kunden nähere Prüfungen durch eine unabhängige Stelle (z.B. durch die Interne Revision) vorsehen. Wenn im Beispielsfall entgegen den vorgesehenen Prüfroutinen trotz eines mehrfachen Wechsels der Bankverbindungen diese internen Untersuchungen nicht durgeführt wurden, weil z.B. das zur Einleitung zuständige Management dies verhindert hat, könnte dies ebenfalls im Rahmen einer Investigation Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten geben.
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Weiter wird erhoben, inwieweit regelmäßig Weiterbildungen der Mitarbeiter zu den Risiken stattfinden bzw. stattgefunden haben. Im Rahmen einer Investigation wird schließlich auch die Frage, ob im Unternehmen vordefinierte Verfahrensweisen für das Verhalten, im Falle des Kontakts mit der Steuerfahndung, vorhanden sind, eine wichtige Rolle spielen.
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Insgesamt wird es bedeutend sein mit Mitarbeitern des Unternehmens, die aufgrund ihrer Funktion möglicherweise Kenntnis von dem Umsatzsteuerkarussell gehabt haben könnten, Interviews zu führen, um solche Umstände in Erfahrung zu bringen. Denn es kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass nicht doch einzelne Mitarbeiter des Unternehmens B von dem Umsatzsteuerkarussell Kenntnis hatten. Sollten sich entsprechende Verdachtsmomente durch die Interviews oder auch die vorgenannten Untersuchungshandlungen erhärten, kann unter Abwägung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit eine computerforensische Auswertung der Daten verdächtiger Mitarbeiter mit der Zielsetzung erfolgen, ob kritische Informationen mit Mitarbeitern des A oder C ausgetauscht wurden. So könnte die Geschäftsführung der B in die Lage versetzt werden, Maßnahmen gegen Mitarbeiter zu ergreifen, die kollusiv gehandelt haben, und mögliche Schwachstellen im Internen Kontrollsystem, die zu kriminellen Handlungen führten, für die Zukunft zu schließen.
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Da im vorliegenden Sachverhalt die Ware nicht existent ist, müssen die entsprechenden Frachtpapiere über den Transportweg von A an C im Rahmen des Streckengeschäftes gefälscht sein. In den Fokus einer Investigation gerät neben A und C somit auch der Transportweg. Wenn sich A für den Transport eines vermeintlichen Frachtführers bedient hat, würde sich im Rahmen der Investigation ebenfalls eine Hintergrundrecherche anbieten. Zudem wären die Frachtpapiere auf ihre Authentizität hin zu überprüfen. Wenn leicht erkennbar ist, dass die Frachtpapiere gefälscht sein müssen, stellt sich grundsätzlich die Frage, warum dies bei B nicht aufgefallen ist bzw. wer ggf. veranlasst hat, dass keine weiteren Untersuchungen hinsichtlich der Echtheit der Logistikkette angestellt wurden.
1. Hintergrund
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Zunächst lässt sich grundsätzlich feststellen, dass wirtschaftliche Aktivitäten in Steueroasen und/oder das Betreiben von Briefkastenfirmen für sich selbst gesehen keine steuerrechtlichen Vergehen darstellen und somit keine steuerlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Steuerliche Risiken können sich aber aus der Art der Aktivitäten ergeben, die in der Steueroase und/oder durch die Briefkastenfirma entfaltet wird. Bei der Frage, ob solche Aktivitäten steuerlich als kritisch einzustufen sind, wird nachfolgend beispielhaft auf §§ 7 ff. AStG sowie § 42 AO eingegangen, wobei sich die Rechtsfolgen in der Anwendung erheblich unterscheiden. Wegen der großen Komplexität der Regelungen im AStG sowie in § 42 AO sollen hier nur Grundzüge und sich hieraus ergebende grundlegende Probleme dargestellt werden. Hierbei ist insbesondere der Begriff der Basisgesellschaft von Bedeutung, der in der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentierung oftmals verwendet wird. Dabei wird die Basisgesellschaft gelegentlich auch mit der Zwischengesellschaft i.S.d. § 8 Abs. 1 AStG gleichgestellt.[44] Die Rechtsprechung hat sich nicht dazu durchringen können, den Begriff der Basisgesellschaft zu definieren. Den Versuch einer Definition findet man beispielhaft bei Schaumburg, der Basisgesellschaften als eine Auslandsgesellschaft bezeichnet, durch „deren Einschaltung Einkünfte und Vermögen der inländischen Besteuerung entzogen werden sollen.“[45]
146
§ 7 Abs. 1 AStG umfasst Fälle, in denen unbeschränkt Steuerpflichtige (inländische Gesellschafter) zu mehr als der Hälfte an einer ausländischen Gesellschaft (i.S.d. KStG) beteiligt sind, wobei die ausländische Gesellschaft weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland hat und damit nicht unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtig ist. Hieraus ergibt sich eine Reihe von Fragestellungen, wie z.B. die Frage, was eine Beteiligung zu mehr als der Hälfte begründet.[46] Es darf nicht davon ausgegangen werden, dass ausländische Kapitalgesellschaften stets wie deutsche Kapitalgesellschaften funktionieren. So ist es durchaus möglich, dass Stimmrechte im deutschen gesellschaftsrechtlichen Sinne nicht bestehen. Dann wird nach § 7 Abs. 2 S. 3 AStG hilfsweise auf die Beteiligung am Vermögen der ausländischen Gesellschaft abgestellt.
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Damit die Rechtsfolgen des § 7 AStG eintreten können, muss die ausländische Gesellschaft eine Zwischengesellschaft sein. Eine ausländische Zwischengesellschaft liegt nach § 8 Abs. 1 AStG vor, wenn sie passive Einkünfte erzielt, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen. Was passive Einkünfte sind kann aus dem Umkehrschluss des § 8 Abs. 1 AStG geschlossen werden, da § 8 Abs. 1 AStG alle Einkünfte als passive Einkünfte definiert, die nicht aus den dann aufgeführten Einkunftsarten stammen. Der Katalog der aktiven Einkünfte ist umfassend, aber teilweise auch auslegungsbedürftig, da es bei der Abgrenzung zwischen aktiven