Ich zucke mit den Schultern. »Wahrscheinlich wäre ich weitergegangen.« Hätte dem Meer erlaubt, mich mitzureißen, wie ich es ursprünglich vorgehabt hatte, als ich Oscar, meinem Bodyguard, entwischt und hergefahren bin.
»Wer bist du? Wie heißt du?«
Ich umfasse sein Gesicht und entscheide mich erneut für die Wahrheit. »Ich bin niemand. Ich bin unsichtbar. Ich existiere nicht, sondern bin nur da, um ihre Befehle zu befolgen.«
Eine leichte Falte bildet sich zwischen seinen Brauen. »Wenn du in Schwierigkeiten steckst, wenn …«
»Nicht«, unterbreche ich ihn. »Ich möchte nicht darüber reden.«
Stille umgibt uns für einige Augenblicke. »Was möchtest du dann?«, fragt er und senkt dabei die Stimme ein wenig. Sein Tonfall klingt plötzlich verführerisch, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das beabsichtigt ist.
»Ich möchte etwas Echtes fühlen«, antworte ich ohne jegliche Unsicherheit. »Ich möchte mich von diesen Ketten befreien, die meinen Körper fesseln. Mich so fühlen, als hätte ich die Kontrolle, auch wenn es nur eine Illusion ist.« Noch immer haben sich unsere Blicke nicht voneinander gelöst, und Elektrizität knistert in der Luft.
Er lässt seinen Blick über meinen Körper wandern und dieser bleibt schließlich auf meinen Brüsten haften, was meine Nippel hart werden lässt. Kurz betrachtet er meinen Mund, ehe er sich über die Lippen leckt und mir wieder in die Augen sieht. Schmetterlinge breiten sich flatternd in meiner Brust aus, während mein Herz immer schneller schlägt und sich mein Körper auf eine ganz neue Weise erhitzt. »Dabei kann ich dir behilflich sein.«
Dieses Mal gibt es keinen Zweifel an seiner Absicht. Meine Mitte zieht sich vor Verlangen zusammen, und ich gebe ihm mit meinem Blick meine Erlaubnis.
Langsam nickt er, ehe er mich auf seinen Schoß zieht und seine Arme um meine Taille legt. »Bist du dir sicher?«
Ich nicke ebenfalls. »Bitte sorg dafür, dass ich mich lebendig fühle. Dass ich mich wie ich selbst fühle. Erinnere mich daran, warum ich leben sollte.«
Das ist verrückt.
Ich kenne ihn nicht.
Er kennt mich nicht.
Dennoch fühle ich mich in diesem Moment lebendiger als all die Jahre davor.
Er kommt meinem Gesicht ganz nah und streift sachte mit dem Mund über meinen. Fast schon erleichtert sackt mein Körper in sich zusammen, und ich schließe kurz die Augen, ehe ich die Arme um seinen Nacken lege. Erneut treffen seine sinnlichen Lippen auf meine. Sein Mund bewegt sich gemächlich und verlockend, ganz ohne jede Hast.
Der Kuss ist anders als jeder Kuss, den ich bisher erlebt habe. Er kommt einer Verehrung gleich.
Trent küsst mit jahrelang aufgestauter Wut und Aggression. Seine Lippen fühlen sich bestrafend an, geben mir das Gefühl, innerlich tot zu sein. Die zärtlichen Küsse dieses Fremden entwirren die Knoten, die für gewöhnlich mein Innerstes umschlingen. Sie brechen durch die Mauern um mein Herz und machen es möglich, dass Wärme und Verlangen jeden einzelnen Teil von mir erfüllen.
Ich lasse zu, dass meine Lippen und mein Körper förmlich mit den seinen verschmelzen, und keuche auf, als ich seine harte Erektion gegen meine Weiblichkeit drängen spüre. Er bewegt sein Becken gekonnt und bedächtig vor und zurück, bis ein Verlangen in mir explodiert, das sich über jegliche Logik und Warnung meines gesunden Menschenverstandes hinwegsetzt.
Ich sollte das hier nicht mit einem Typen tun, den ich nicht kenne.
Es würde meinen Vater, meinen Zwillingsbruder Drew, und meinen Verlobten Trent zur Weißglut bringen, wenn sie mich hier so sähen, doch der Gedanke daran spornt mich nur noch mehr an und festigt meine Entschlossenheit.
Mich noch immer an sich gepresst, steht der Fremde auf, und ich klammere meine Beine um seine Hüften, als er mit mir auf sein Schlafzimmer zugeht. Unsere Münder trennen sich keine Sekunde, auch nicht, als er mich auf das Bett legt, und wir beginnen, uns gegenseitig auszuziehen.
Ich habe mich noch nie vor einem Mann entblößt. Trent versucht regelmäßig, mich auszuziehen, aber ich genieße es, ihm diese Sache zu verweigern. Nun spreize ich ohne jegliche Anzeichen von Nervosität oder Verletzlichkeit die Beine für diesen wild anmutenden, schönen Fremden, und bewundere seinen Wahnsinnskörper, als er ein Kondom aus der Schublade seines Nachttischs hervorholt und es über die beeindruckende Länge seines Glieds streift.
Wir sprechen nicht miteinander, aber Worte sind auch völlig überflüssig. Er kniet sich zwischen meine Schenkel und nähert sich mit seinem heißen Mund meiner Pussy. Verwöhnt mich mit seiner Zunge und seinen Fingern und bringt mich beinahe dazu, vom Bett abzuheben. So etwas hat bisher noch nie jemand bei mir gemacht. Die lustvollen Empfindungen, die durch meinen Körper jagen, sind völlig neu für mich.
Als ich schließlich nach dem besten Orgasmus meines Lebens wieder zu mir komme, hat sich der Fremde bereits über mir positioniert. Er streichelt über meine kleinen Brüste und küsst mich leidenschaftlich. Raue Finger liebkosen meine Nippel, als würde er an den Seiten einer Gitarre zupfen. Geschickt rollt er sie zwischen seinen Fingern hin und her, bis sie sich zu harten Knospen aufgerichtet haben. Es dauert nicht lang, bis ich mich erneut vor Verlangen unter ihm winde.
Dann spüre ich ihn an meinem Eingang. Kurz verharrt er und sieht mich an. »Bist du sicher, dass du das hier möchtest?«, fragt er, und ein weiterer Splitter des Eisblocks, der mein Herz umfängt, schmilzt dahin.
Niemand hat sich je darum gekümmert, mich zu fragen, was ich brauche oder möchte. Als ich seine aufrichtige Besorgnis erkenne, schießen mir Tränen in die Augen. »Ja, ich möchte das hier mit dir tun.«
Sein Blick ist unverwandt auf mich gerichtet, als er langsam in mich eindringt. Auf halbem Weg hält er inne und streicht mir über die Wange. »Du bist so wunderschön«, sagt er und schiebt sich weiter in mich. »Und so eng.« Er spannt seine Kiefermuskeln an, und ich erkenne, dass er um Zurückhaltung ringt. Als er ein weiteres Stück in mich eindringt, schießt ein kurzer, scharfer Schmerz durch meinen Körper, und ich zucke zusammen.
Er reißt die Augen auf und hält in seiner Bewegung inne. Schock spiegelt sich auf seinem Gesicht. »Du bist noch Jungfrau?«, fragt er überrascht.
Ein Lächeln legt sich um meinen Mund. »Das war ich.«
»Fuck.« Er beugt sich vor und küsst mich auf eine süße Weise, dass ich glaube, gleich losweinen zu müssen. »Das hättest du mir sagen sollen.«
Damit du dann deine Meinung geändert hättest? Wohl kaum.
Die Vorstellung, meine Jungfräulichkeit an diesen Psychopathen Trent zu verlieren, war einer der Hauptgründe, der mich heute Abend ins Wasser trieb. Ich halte meinen Verlobten seit Jahren auf Abstand, doch angesichts der immer näher kommenden Hochzeit werde ich das nicht mehr lang tun können. Ihm diesen Sieg vereitelt zu haben, lässt diesen Moment umso wertvoller erscheinen. Und dennoch geht es hier um viel mehr als darum, Trent zu hintergehen.
Ich möchte diesem tollen Fremden meinen Körper schenken. Möchte diese eine Nacht genießen und mir etwas nur für mich nehmen, ehe ich in den goldenen Käfig zurückkehre, in dem ich lebe.
»Es ist nicht wichtig«, sage ich und drücke ihm ermutigend mein Becken entgegen. »Ich möchte das. Mit dir. Und zwar genau jetzt. Es hat für mich schon lange nichts mehr so viel Sinn ergeben, wie das hier.«
Er betrachtet mich für einen langen Moment. Ich befürchte bereits, dass er sich wieder aus mir zurückziehen und seine Meinung ändern wird. Doch dann dringt er gänzlich in mich ein und ich muss einen Schmerzensschrei hinunterschlucken.
Liebevoll verteilt er kleine Küsse auf meinem Hals bis hinunter zu meinem Schlüsselbein, knetet sanft meine Brüste und bewegt sich sachte in mir. »Ich behalte einen langsamen Rhythmus bei, bis es nicht mehr wehtut«, flüstert er an meiner überhitzten Haut. »Und wenn du möchtest, dass ich aufhöre, werde ich das tun.«
»Ich möchte