Trents Vater hat mich schon immer auf unangemessene Art und Weise angesehen. Sachen gesagt, die man fehldeuten könnte. Aber er hat mich noch niemals angefasst – bis jetzt.
Ich mache einen Schritt nach vorn, da ich von ihm wegwill. Doch er schlingt einen Arm um meinen Bauch, drückt dabei meinen Ellenbogen an meinen Körper und nimmt auch den anderen gefangen, als er mich rücklings an seine Brust zieht.
Erneut wallt Übelkeit in mir auf, als sich der Beweis seiner Erregung von hinten gegen mich presst. »Diese drei Jungs werden versuchen, durch dich an uns heranzukommen«, sagt er viel zu nah an meinem Ohr. Mit seiner freien Hand wandert er meinen Körper entlang und umfasst eine meiner Brüste.
»Nimm deine Hände von mir!« Ich versuche mich aus seinem Griff zu winden, aber er packt nur noch grober zu und gräbt seine Finger so fest in meine Haut, dass er mit Sicherheit Spuren hinterlässt.
Er begrapscht meinen Busen. »Das hier gehört meinem Sohn.«
Und mir.
Ich höre die unausgesprochenen Worte, die meine Panik so heftig ansteigen lassen, dass ich kurz vor einem Herzinfarkt stehe.
Er lässt meine Brust los und wandert weiter nach unten. Als er durch mein Kleid hindurch meine Pussy umfasst, presse ich die Augen zusammen. »Genau wie diese jungfräuliche Fotze. Sieh zu, dass sie das auch bleibt.« Er reibt seine Nase an meinem Nacken und atmet tief ein. »Du riechst genauso köstlich wie deine Mutter.« Er leckt eine Linie meinen Hals hinauf, als sich eine einzelne Träne aus meinem Augenwinkel löst und sich ganz neue Horrorszenarien einen Weg an die Oberfläche bahnen. »Ich frage mich, ob du auch so schmeckst und dich genauso anfühlst, wie sie es getan hat«, wispert er an meinem Ohr und reibt mit seiner Hand immer wieder über meinen Schritt.
»Nimm deine Hände von mir. Dein Sohn wird nicht gerade glücklich sein, wenn ich ihm hiervon erzähle.« Ich hasse es, wie sehr meine Stimme zittert, aber die Angst hat die Kontrolle über meinen Körper erlangt.
»Du wirst Trent kein Wort sagen«, zischt mein Vater, der in den Raum kommt, als sei es nichts Ungewöhnliches, seine Tochter dabei vorzufinden, wie sie von seinem besten Freund begrapscht wird.
Oscar wiederum hat draußen im Flur den Kopf gesenkt und lässt die Schultern hängen. An seiner Haltung kann ich erkennen, dass er eigentlich eingreifen möchte.
»Du wirst nichts tun, was deine Hochzeit oder deine Familie gefährden könnte. Die Konsequenzen würden dir nicht gefallen.« Vater wirkt gelangweilt und ignoriert mich. Stattdessen sieht er seinen Freund an. »Wir fahren los.«
Als Christian von mir ablässt, falle ich vor Erleichterung fast auf die Knie. Ich stolpere von ihm weg und wische mir meine Tränen fort, damit er sie nicht bemerkt.
»Denk daran, was ich gesagt habe«, warnt er mich und rückt ganz offenkundig die Erektion in seiner Hose zurecht. »Halte dich von diesen Arschlöchern fern. Das ist eine Anordnung.«
»Mach generell nichts, was dem Ruf der Elite schaden könnte«, fügt mein Vater hinzu. »Beweise dich in dieser Angelegenheit, dann können wir darüber diskutieren, dir mehr Verantwortung zu übertragen.«
Ich hebe mein Kinn und setze einen selbstbewussten Gesichtsausdruck auf. »Ich werde mich um die Dinge kümmern, Vater.«
Ohne ein weiteres Wort verlassen die beiden Männer den Raum, und ich warte einigen Sekunden, ehe ich mich auf den Boden kauere und stille Tränen meine Wangen hinablaufen lasse.
Oscar ist in wenigen Augenblicken bei mir und tupft die Tränen mit einem Taschentuch fort. »Es tut mir leid«, flüstert er.
»Das muss es nicht«, wispere ich zurück. »Du kannst in so einer Situation nicht einschreiten. Sie würden dich dafür töten oder deiner Familie etwas antun.« Ich habe genug Unterhaltungen belauscht, um zu wissen, dass mein Vater und seinesgleichen nicht vor Entführung, Folter, Mord und Vergewaltigung zurückschrecken.
»Drew muss mehr tun, um dich zu beschützen«, sagt er leise.
»Wie?« Ich zucke mit den Schultern. »Ihm sind ebenso die Hände gebunden.«
Oscar schüttelt den Kopf. »Drew ist der zukünftige Geschäftsführer von Manning Motors. Dein Vater hat ihn sein ganzes Leben darauf vorbereitet, seinen rechtmäßigen Patz in der Elite einzunehmen. Er könnte Forderungen stellen, und dein Vater würde ihnen zustimmen.«
Das bezweifle ich sehr, aber ich bin nicht in der Stimmung, um zu diskutieren. Stattdessen möchte ich die letzten Minuten aus meinem Gedächtnis löschen und vergessen, was passiert ist. »Ich kann Drew nicht erzählen, was vorgefallen ist. Er würde es Trent erzählen und dieser würde ausrasten.« Andererseits – vielleicht habe ich viel größere Angst davor, dass er genau das nicht tun würde. Dass er vorhat, mich mit seinem Vater zu teilen, sobald wir verheiratet sind und im Haus der Montgomerys leben. Trents Mutter ist schließlich nicht umsonst ein alkoholabhängiges nervliches Wrack, das völlig zurückgezogen lebt.
Trents Kindheit war nicht einfacher als unsere. Das hängt mit dem Zusammenbruch seiner Mutter zusammen, der alles zu viel wurde, nachdem sie ihre beiden besten Freundinnen kurz nacheinander verloren hatte. Mrs Anderson nahm sich das Leben, ein paar Monate später kam meine Mutter bei einem Autounfall zu Tode, wodurch Sylvia allein zurückblieb. Elizabeth Barron, Charlies Mom, kommt von auswärts. Sie hatte nie eine so enge Verbindung zu den anderen Frauen, die zusammen aufgewachsen waren.
Mein Schädel brummt. Ich kann nicht noch länger herumgrübeln. Ich muss meinen Kopf freikriegen, und es gibt nur zwei Sachen, die mir dabei helfen: Tanzen und Laufen. Ich entscheide mich für Letzteres und stehe auf. »Ich muss laufen gehen«, wende ich mich an Oscar, schiebe den schweren Diamantring von meinem Finger und verstaue ihn in der Schublade meines Nachttischs, wo er bleiben wird, bis ich gezwungen bin, ihn wieder anzulegen.
Sofort fühle ich mich leichter.
»Ich hole das Auto, während du dich umziehst.«
»Danke.«
Er drückt mir einen sanften Kuss auf den Scheitel, was erneut Tränen in meinen Augen brennen lässt. Er hat mir immer schon mehr Liebe und Mitgefühl entgegengebracht als mein eigener Vater, und ich frage mich, wie es ist, in einer liebevollen Umgebung aufzuwachsen. Einen Vater zu haben, der dich beschützt, statt dich immer wieder den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen.
Ich renne den abgelegenen Strandabschnitt entlang und treibe meine Beine dazu an, immer schneller und schneller zu werden. Dabei versuche ich, meine Angst auszulöschen und mich an meine Wut zu klammeren.
Scheiß auf Christian Montgomery.
Scheiß auf seinen Sohn.
Und auf meinen Vater.
Sie werden mich nicht kleinkriegen. Sie werden mich nicht für den Rest meines Lebens kontrollieren. Stattdessen werde ich einen Weg finden, um aus dieser Situation auszubrechen. Und niemand wird mich aufhalten.
Ich schwitze heftig, als ich mich schließlich auf den Boden fallen lasse und mich auf der grasbewachsenen Düne ausstrecke, um wieder zu Atem zu kommen. Nach ein paar Minuten setze ich mich auf und hole meine Trinkflasche aus dem Rucksack. Das Wasser ist inzwischen warm geworden, doch das stört mich nicht. Ich schlüpfe aus meinem Lauf-Top und benutze es, um meine Stirn abzutupfen und die Schweißspur zwischen meinen Brüsten fortzuwischen. Dann gieße ich den Rest des Wassers über meinem Kopf aus und lasse es über mein Gesicht, den Sport-BH und meinen überhitzten Körper rinnen. Anschließend lege ich mich wieder auf den Rücken, schließe die Augen und lasse mir das Gesicht von den letzten Strahlen der Abendsonne wärmen.
Die See hat mich immer zu sich gelockt. Vielleicht, weil ich mit dem Strand eine der letzten Erinnerungen an meine