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Zur Feststellung der Frage, wann von einem Beeinflussungswillen auszugehen ist, hat der BGH einen Indizienkatalog entwickelt:[267] „Als mögliche Indizien für oder gegen das Ziel, mit dem Vorteil auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren, fließen neben der Plausibilität einer anderen – behaupteten oder sonst in Betracht kommenden – Zielsetzung[268] in die wertende Beurteilung namentlich ein: die Stellung des Amtsträgers und die Beziehung des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben,[269] die Vorgehensweise bei dem Angebot, dem Versprechen oder dem Gewähren von Vorteilen sowie die Art, der Wert (Rn. 105) und die Zahl solcher Vorteile. So können etwa dienstliche Berührungspunkte zwischen Vorteilsgeber und Amtsträger ebenso in ausschlaggebender Weise für eine Unrechtsvereinbarung sprechen wie die Heimlichkeit des Vorgehens.[270] Vorzunehmen ist jedoch regelmäßig eine Gesamtschau aller Indizien.“
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Ein bedeutsames Indiz für einen Beeinflussungswillen ist insbesondere der Wert des Vorteils. In der Rspr. gibt es keine feste Wertgrenze unterhalb derer ein Beeinflussungswillen als fernliegend betrachtet wird. Teilweise wird selbst bei geringwertigen Zuwendungen die erforderliche abstrakte Gefahr der Beeinflussung der Amtsführung angenommen.[271] Betont wird andererseits auch, dass bei dieser Frage die individuellen Vermögensverhältnisse des bedachten Amtsträgers mit in Rechnung zu stellen sind, d.h. dass ein wohlhabender Amtsträger eher straflos Vorteile erhalten darf als ein ärmerer.[272] Als Faustformel wird in der Literatur vorgeschlagen, dass Vorteile mit einem Wert von unter 5 EUR grds. nicht auf einen Beeinflussungswillen schließen lassen. Selbiges gilt für alle Vorteile mit einem Wert von unter 1 000 EUR, die in Bezug auf den betroffenen Amtsträger einen Einkommenstagessatz i.S.v. § 40 StGB nicht überschreiten.[273] Besonderheiten gelten aber bei wiederkehrenden Vorteilsgewährungen (Summierungseffekt).[274]
3. Gründe für den Ausschluss einer gelockerten Unrechtsvereinbarung (Regelkonformität)
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Die Verknüpfung von Vorteil und Dienstausübung ist in bestimmten Fällen ausdrücklich erlaubt, selbst wenn der Geber mit erkennbarem Beeinflussungswillen handelt. In derartigen Fällen einer regelkonformen Beeinflussungszahlung liegt dann gerade keine Unrechtsvereinbarung vor.[275] Als Erlaubnisgründe kommen eine gesetzliche Befugnis (dazu Rn. 107 f.) oder eine vorherige behördliche Genehmigung (Rn. 109–115) in Betracht.
a) Gesetzliche Erlaubnisse
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Sofern eine Rechtsnorm die Leistung eines dienstbezogenen Vorteils an einen Amtsträger oder Dritten ausdrücklich gestattet, fehlt es an der für die Unrechtsvereinbarung notwendigen Regelwidrigkeit des Äquivalenzverhältnisses von Vorteil und Dienstausübung. Das gilt etwa für die Entrichtung gesetzlich vorgesehener Gebühren für bestimmte Amtshandlungen,[276] das Versprechen eines Drittvorteils nach § 153a StPO[277] oder Geschenke an Regierungsmitglieder.[278] Dasselbe gilt für die hochschulrechtlich zulässige Einwerbung von Drittmitteln[279] und grds. auch für gem. § 25 ParteiG zulässige Parteispenden.[280] In Bezug auf Parteispenden ist aber zu berücksichtigen, dass nicht jede parteienrechtlich erlaubte Spende automatisch auch unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsgewährung unproblematisch ist.[281]
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Im PPP- oder Sponsoring-Bereich bildet § 54 VwVfG keine ausreichende Rechtsgrundlage, um öffentlich-rechtliche Verträge per se aus dem Bereich der §§ 331, 333 StGB auszunehmen.[282] Zusätzlich erforderlich ist in jedem Falle eine (weitere) gesetzliche Grundlage für die Leistung an die Behörde (kein Gebührenfindungsrecht)[283] sowie die Beachtung des Koppelungsverbots aus § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG.
b) Vorherige Zustimmung
aa) Allgemeines
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Besteht keine allgemeine gesetzliche Vorteilsgewährungserlaubnis (Rn. 107), kann das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung nach Abs. 1 (nicht: Abs. 2) zudem infolge des Bestehens einer vorherigen[284] Genehmigung entfallen, §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB.[285] Eine Genehmigung kann einzelfallbezogen erteilt sein oder generell, etwa als Bestandteil eines Anstellungsvertrages[286] oder einer Satzung[287] sowie – in der Praxis häufig anzutreffen – einer Antikorruptions-Verwaltungsrichtlinie.[288] Exemplarisch erklärt ein BMI-Rundschreiben für Beschäftigte der Bundesverwaltung die Annahme von „geringfügigen Aufmerksamkeiten bis zu einem Wert von 25,- Euro“ sowie „übliche und angemessene“ Bewirtungen anlässlich bestimmter allgemeiner Veranstaltungen für stillschweigend genehmigt.[289] Allerdings handelt es sich bei den generell genehmigten Vorteilen regelmäßig um solche, deren Zuwendung aufgrund ihrer Bestimmungsungeeignetheit (s. Rn. 99) ohnehin bereits nicht tatbestandlich ist.[290]
bb) Zuständigkeit, Verfahren und Form
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Die Genehmigung muss durch die „zuständige Behörde“ erteilt sein. Das ist die nach dem jeweiligen Dienstrecht für Genehmigungen zuständige Institution,[291] bei angestellten Amtsträgern (Rn. 18 f.) also ggf. auch eine juristische Person des Privatrechts.[292] Die Erteilung muss nicht notwendig ausdrücklich erfolgen; auch eine konkludente Erteilung ist möglich,[293] ggf. sogar durch stillschweigende Duldung der Behörde.[294]
cc) Inhalt und Wirksamkeit der Genehmigung
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Inhaltlich muss die Genehmigung der Vorteilsannahme gerade auch in Bezug auf die Dienstausübung erfolgen.[295] Das ist etwa bei Nebentätigkeitsgenehmigungen nicht ohne Weiteres der Fall.
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Des Weiteren muss die genehmigende Stelle „im Rahmen ihrer Befugnisse“ handeln. Damit verweisen die §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB auf die entsprechenden dienstrechtlichen Vorschriften (z.B. § 71 Abs. 1 S. 2 BBG), die in der Regel einen (weiten) Ermessensspielraum vorsehen.[296] Umstritten ist, ob die Genehmigung auch materiell rechtmäßig sein muss,[297] oder ob formelle Rechtmäßigkeit (d.h. Wirksamkeit i.S.v. § 43 VwVfG) ausreichend ist[298] – mit der Folge, dass auch die ermessensfehlerhafte Genehmigung erlaubend wirkt. Weitgehende Einigkeit besteht aber zumindest insoweit, dass durch Täuschung,[299] Zwang[300] oder Bestechung[301] erlangte Genehmigungen das Unrecht der §§ 331, 333 StGB nicht aufheben. Das ist aber angesichts des Fehlens einer dem § 330d Abs. 1 Nr. 5 StGB entsprechenden Sonderregelung