Unklar ist ferner, inwiefern die Genehmigung eines vom Amtsträger geforderten (Rn. 57) Vorteils die Strafbarkeit ausschließt. § 331 Abs. 3 StGB erfasst diesen Fall nicht, während eine entsprechende Einschränkung in § 333 Abs. 3 StGB sowie in den dienstrechtlichen Genehmigungsbefugnissen (z.B. § 42 BeamtStG, § 71 BBG) nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Infolge der Akzessorietät des Korruptionsstrafrechts (Rn. 38) kann man den Amtsträger aber nicht für ein dienstlich erlaubtes Verhalten bestrafen, sodass auch die Genehmigung eines geforderten Vorteils erlaubend wirkt.[303] In der Praxis wird sich das Problem aber kaum stellen, da ein geforderter Vorteil beamtenrechtlich ohnehin nicht genehmigungsfähig ist.[304]
dd) Sonderfälle: Mutmaßliche Genehmigung; Annahme unter Vorbehalt
114
Obwohl gesetzlich nicht vorgesehen, anerkennt die ganz h.M. überdies die Möglichkeit einer mutmaßlichen Genehmigung.[305] Voraussetzung dafür ist, dass eine vorherige Genehmigung oder Annahme unter Vorbehalt nicht möglich (z.B. bei Essenseinladungen) oder untunlich (z.B. bei Geschenken im diplomatischen Verkehr) ist und die begründete Erwartung besteht, dass die zuständige Behörde die Annahme des Vorteils genehmigen wird (bspw. infolge bisheriger Übung).[306] Ob eine entsprechende Genehmigung später beantragt oder erteilt wird bzw. im Zeitpunkt der Annahme der Amtsträger eine entsprechende Antragsabsicht hegt, ist unbeachtlich.[307] Soweit es um den (mit dienstrechtlichen Vorschriften häufig weniger gut vertrauten) Geber geht, kann eine mutmaßliche Genehmigung insbesondere auch in Bezug auf vom Amtsträger geforderte (und daher nicht genehmigungsfähige, s. Rn. 113) Vorteile in Betracht kommen.[308]
115
Des Weiteren wird teilweise angenommen, auch ein Angebot bzw. eine Annahme unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer späteren Genehmigung[309] seien erlaubt.[310] Erforderlich sei dann aber in jedem Falle das unverzügliche (vgl. § 121 BGB) Stellen eines Antrags auf Genehmigung und im Versagungsfalle die Ablieferung des Vorteils. Diese Einschränkung kann freilich nur für den Nehmer gelten; der Geber hat keinen Einfluss darauf, ob der Amtsträger der Antrags- und Ablieferungspflicht nachkommt.
4. Treffen der gelockerten Unrechtsvereinbarung (Tathandlungen)
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Hinsichtlich der eigentlichen Tathandlungen – nehmerseitig: Fordern, Sichversprechenlassen und Annehmen (§ 331 StGB); geberseitig: Anbieten, Versprechen und Gewähren (§ 333 StGB) – bestehen keine Unterschiede zu den Vorschriften über die Bestechlichkeit (§ 332 StGB) und Bestechung (§ 334 StGB). Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen (Rn. 57–60).
IV. Subjektiver Tatbestand (Vorsatz und Irrtum)
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Grundsätzlich reicht nehmer- (§ 331 StGB) und geberseitig (§ 333 StGB) einfacher Vorsatz aus.[311] Dieser muss sich, ebenso wie bei den §§ 332, 334 StGB, auf die Amtsträgereigenschaft des Nehmers beziehen (dazu Rn. 63), ferner auf die Bestimmungsgeeignetheit des Vorteils. Eine Besonderheit besteht in Bezug auf § 333 StGB nach neuerer Rspr. darin, dass der Geber bei der (anvisierten) Vorteilszuwendung zudem mit Beeinflussungswillen handeln muss (s. Rn. 103); dogmatisch handelt es sich dabei um eine ungeschriebene überschießende Innentendenz.[312] Auf der Nehmerseite ist diesbezüglich erforderlich, dass der Amtsträger diese Absicht erkennt (bzw. für möglich hält und billigend in Kauf nimmt) oder sich beim (erfolglosen) Fordern vorstellt.[313]
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Hinsichtlich der irrigen Vorstellung über das Bestehen von Tatbestandsausschließungsgründen (gesetzliche Vorteilsgewährungserlaubnisse;[314] Genehmigung[315]) ist nach den allgemeinen Regeln zwischen Tatumstandsirrtum (§ 16 StGB)[316] und Verbotsirrtum (§ 17 StGB) zu differenzieren.
1. Unterlassen
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Eine Tatbegehung durch Unterlassen ist nur schwer vorstellbar. Insoweit wird auf die Ausführungen zu den §§ 332, 334 StGB verwiesen (Rn. 66). Bei mutmaßlicher Genehmigung wird der Tatbestand auch bei nachträglich unterlassener Antragsstellung nicht verwirklicht (Rn. 114). Anderes gilt, sofern der Annahme unter Vorbehalt (Rn. 115) Erlaubniswirkung beigemessen wird.
2. Stadien der Deliktsverwirklichung (Versuch, Vollendung, Beendigung)
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Der Versuch ist nur bei der Vorteilsannahme (nicht: -gewährung) für eine richterliche Handlung strafbar, § 331 Abs. 2 S. 2 StGB. In der Sache geht es dabei entweder um Willenserklärungen, die die andere Partei der Unrechtsvereinbarung gar nicht erst erreichen (Rn. 58) oder um untaugliche Versuche. Zu beachten ist aber, dass es sich auch bei den Tathandlungen des Forderns (§ 331 StGB) bzw. Anbietens (§ 333 StGB) der Sache nach um Versuchsunrecht handelt (unechtes Unternehmensdelikt, Rn. 57).
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Vollendung tritt ein, sobald eine der Tathandlungen – geberseitig: Anbieten, Versprechen, Gewähren (§ 333 StGB); nehmerseitig: Fordern, Sichversprechenlassen, Annehmen (§ 331 StGB) – vollzogen ist (Rn. 67).
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Beendet i.S.v. § 78a StGB ist die Tat erst mit Gewährung/Annahme des Vorteils,[317] es sei denn, die Unrechtsvereinbarung scheitert bereits bei einer früheren Kontrahierungsstufe endgültig.[318] Beendigung tritt nach tradierter Rspr. auch spätestens dann ein, wenn der Amtsträger aus dem Amt ausscheidet.[319] Ob die davon abweichende neuere Rspr. zu § 332 StGB (dazu Rn. 69) auch für die §§ 331, 333 StGB gilt, bleibt abzuwarten.[320]
3. Straffreistellungsgründe
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Eine Rechtfertigung nach allgemeinen Grundsätzen (insbesondere rechtfertigender Notstand gem. § 34 StGB) ist theoretisch möglich, in der Praxis aber kaum denkbar (vgl. Rn. 70). Praxisrelevant ist hingegen die vorherige Genehmigung, die nach hier vertretener Ansicht jedoch bereits auf Tatbestandsebene zu berücksichtigen ist (Rn. 109). Ein Verbotsirrtum (§ 17 StGB) ist insbesondere möglich bei rechtsirrigen Fehlvorstellungen hinsichtlich der Amtsträgerstellung des Zuwendungsempfängers (dazu Rn. 63) und bzgl. des Bestehens einer (wirksamen) Genehmigung.
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