Trotz der vorzufindenden Formulierungsvielfalt besteht hinsichtlich der materiellen Bedeutung und Aussage der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung weitgehend Übereinstimmung.[1]
Abb. 6: Systematik der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
Grundsatz | Charakterisierung |
---|---|
Dokumentationsgrundsätze | grundlegende Anforderungen an die dem Jahresabschluss zugrunde liegende Buchführung |
Rahmengrundsätze | Prinzipien, die für jede Form betriebswirtschaftlich sinnvoller Informationsvermittlung gelten |
Systemgrundsätze | Basisannahmen für den Jahresabschluss als spezielles Rechnungslegungsinstrument |
Grundsätze der Periodisierung (insbesondere Realisationsprinzip) | Grundsatz der vorsichtigen Gewinnermittlung (Vorsichtsprinzip iwS) |
Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen (Imparitätsprinzip und Grundsatz der Bewertungsvorsicht) |
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Die Dokumentationsgrundsätze formulieren die grundlegenden Anforderungen an die Buchführung. Die Rahmengrundsätze beinhalten darauf aufbauend Prinzipien, die für jede Form der betriebswirtschaftlichen Informationsvermittlung und damit auch für die handels- und steuerrechtliche Rechnungslegung erfüllt werden müssen. Die Systemgrundsätze (Konzeptionsgrundsätze) beziehen sich auf den Jahresabschluss als spezielles Instrument der Informationsvermittlung. Sie repräsentieren die Basisannahmen der externen Rechnungslegung und dienen als Klammer zwischen den Zielen der Bilanzierung und den anderen Teilgrundsätzen.
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Der Grundsatz der vorsichtigen Gewinnermittlung (Vorsichtsprinzip iwS) bildet das wichtigste Element innerhalb des Systems der GoB. Das Vorsichtsprinzip unterteilt sich in die Grundsätze der Periodisierung und die Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen. Zu den Periodisierungsgrundsätzen (Definitionsgrundsätze für den Jahreserfolg) gehören die allgemeinen Regeln der Gewinnermittlung. Sie legen fest, in welchem Wirtschaftsjahr ein Geschäftsvorgang ertrags- oder aufwandswirksam zu erfassen ist.
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Die Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen (Kapitalerhaltungsgrundsätze) ergänzen die Periodisierungsgrundsätze. Durch sie werden Regeln vorgegeben, wie Ausschüttungen und andere gewinnabhängige Zahlungen (insbesondere Gewinnbeteiligungen und Ertragsteuern) durch die Verrechnung von bestimmten Aufwendungen auf den Betrag begrenzt werden, der dem Unternehmen entzogen werden kann, ohne die Erhaltung des bilanziellen Eigenkapitals zu gefährden. Zu den Grundsätzen einer vorsichtigen Gewinnermittlung zählt auch der Grundsatz der Bewertungsvorsicht (Vorsichtsprinzip ieS). Er sieht für die Behandlung von unsicheren Sachverhalten vor, dass eher von einem für das Unternehmen ungünstigen Verlauf auszugehen ist.
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Hinsichtlich ihrer Aufgaben lassen sich die verschiedenen Gruppen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung wie folgt charakterisieren: Die Dokumentationsgrundsätze, die Rahmengrundsätze und die Systemgrundsätze dienen gleichzeitig allen Aufgaben der externen Rechnungslegung, dh der Dokumentations–, Informations- und Zahlungsbemessungsfunktion. Die Periodisierungsgrundsätze stehen primär mit der Informationsfunktion (Rechenschaft) in Zusammenhang, indem sie Regeln formulieren, wie der Erfolg und das Vermögen des Unternehmens zu erfassen sind. Die Zahlungsbemessungsfunktion ist insoweit angesprochen, als durch die Periodisierungsregeln die Grundsätze formuliert werden, nach denen ein Vorgang erfolgswirksam zu erfassen ist. Bei den Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen steht die Zahlungsbemessungsfunktion und damit die Kapitalerhaltungsfunktion im Mittelpunkt.
Anmerkungen
Die folgende Unterteilung lehnt sich weitgehend an Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 14. Aufl., Düsseldorf 2017, S. 116–144 (aufbauend auf Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 7. Aufl., Düsseldorf 1987) sowie an Pittroff/Schmidt/Siegel, Allgemeine Bewertungsgrundsätze, in: Böcking/Castan/Heymann ua (Hrsg.), Beckʼsches Handbuch der Rechnungslegung, München (Loseblattausgabe), B 161, an.
II. Dokumentationsgrundsätze
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Die Dokumentationsgrundsätze enthalten die grundlegenden Anforderungen an die dem Jahresabschluss zugrunde liegende Buchführung. Der Hauptzweck der Dokumentationsgrundsätze besteht darin, zu gewährleisten, dass die Aufzeichnungen der Geschäftsvorfälle zuverlässig, vollständig und systematisch sind und dass eine geeignete Darstellungsform gewählt wird:
– | Grundsatz des systematischen Aufbaus der Buchführung. Die Dokumentation der im Verlauf des Jahres anfallenden Geschäftsvorfälle erfolgt auf der Grundlage eines nach den Prinzipien der doppelten Buchführung aufgebauten Rechnungslegungswerks (Nebeneinander von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung) sowie unter Verwendung eines Kontenplans, in dem die Abgrenzung der verschiedenen Unterkonten festgelegt wird (§ 242 Abs. 3 HGB, H 5.2 EStH). |
– | Grundsatz der Sicherung der Vollständigkeit der Konten. Der Inhalt der Konten ist gegen Verlust oder Manipulation zu schützen. Eintragungen in die Konten dürfen nicht in der Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Nachträgliche Eintragungen sind unzulässig (§ 239 Abs. 3 HGB, § 146 Abs. 4 AO). |
– | Grundsatz der vollständigen und verständlichen Aufzeichnung. Die Geschäftsvorgänge sind vollständig, zeitnah und geordnet nach ihrem zeitlichen Anfall aufzuzeichnen (§ 239 Abs. 2 HGB, § 146 Abs. 1 AO). Die Aufzeichnungen müssen leserlich sein und in einer lebenden Sprache vorgenommen werden (§ 239 Abs. 1 HGB, § 146 Abs. 3 AO). Der Jahresabschluss ist in deutscher Sprache und in Euro aufzustellen (§ 244 HGB). |
– | Beleggrundsatz und Grundsatz der Einzelerfassung. Keine Buchung darf ohne Beleg erfolgen. Umgekehrt gilt auch: Jeder Beleg muss eine entsprechende Buchung nach sich ziehen. Jede Buchung darf nur einen Geschäftsvorfall erfassen, sodass sich die Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen (§ 238 Abs. 1 S. 3 HGB, § 145 Abs. 1 S. 2 AO). |
– | Aufbewahrungsgrundsatz. Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz und Buchungsbelege sind einschließlich der dafür erstellten Arbeitsanweisungen und der sonstigen Organisationsunterlagen zehn Jahre aufzubewahren. Für Handelsbriefe und sonstige für die Besteuerung relevante Unterlagen beträgt die Aufbewahrungsfrist sechs Jahre (§ 257 HGB, § 147 AO). |
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Grundsatz der internen Kontrolle. Die Zuverlässigkeit und Ordnungsmäßigkeit der externen Rechnungslegung müssen durch ein der Art und der Größe des Unternehmens angemessenes internes Kontrollsystem
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