Öffentliches Recht im Überblick. Volker M. Haug. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Volker M. Haug
Издательство: Bookwire
Серия: Start ins Rechtsgebiet
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783811492899
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im (Minister-)Rat mit.

b) Arbeitsweise

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      Abbildung 15: Mehrheitsbegriffe bei Ratsbeschlüssen (EU)

Mehrheitsbegriff Anforderungen Anwendungsbereich
einfach Absolute Mehrheit der Mitglieder, also 14 bei 27 stimmberechtigten Mitgliedern; Stimmenthaltungen wirken wie Nein-Stimmen.
qualifiziert Mitglieder- und Bevölkerungsquorum (vgl. nachfolgenden Absatz) Regelfall gem. Art. 16 III EUV
einstimmig Keine Gegenstimme (Enthaltungen sind unschädlich, Art. 238 IV AEUV) Besonders wichtige Fragen wie z.B. Mitgliederaufnahme (Art. 49 EUV)

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Zum einen müssen 55 % der Mitglieder (also der Staaten) dafür sein, also bei derzeit 27 Mitgliedern mindestens 15 (Staatenquorum).

      Erfolgt der Beschluss nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Hohen Vertreters der Union für Außen und Sicherheitspolitik, erhöht sich das Staatenquorum auf 72 % der Ratsmitglieder, also auf 20 der 27 Mitglieder (Art. 238 II AEUV).

c) Hauptaufgaben

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      Die Stellung des (Minister-)Rates als „Herzstück“ des EU-Institutionengefüges wird vor allem dadurch erkennbar, dass bei ihm – unbeschadet der übergeordneten Führungsrolle des Europäischen Rates – im „politischen Alltag“ sozusagen die Fäden zusammenlaufen. Denn der (Minister-)Rat ist für die Festlegung und Koordinierung der EU-Politik zuständig (Art. 16 I EUV). Dies gilt nicht nur für die EU-Organe, sondern betrifft auch die Koordination der Wirtschaftspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten (Art. 5 I UA 1 AEUV). Hier liegt eine starke exekutive Tätigkeit des (Minister-)Rates.

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      Die Stellung des (Minister-)Rates bei der Rechtssetzung korrespondiert mit der bereits dargelegten Rolle des EP (s.o., Rn. 109 ff.). So kommt ein Rechtsakt im Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren gem. Art. 289 I AEUV nur durch eine „gemeinsame Annahme“ von (Minister-)Rat und EP zustande, weshalb hier beide Organe gleichgewichtig beteiligt sind (näher zum Verfahren s.u., Rn. 217 ff.).

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      Wie beim EP dargestellt (s.o., Rn. 116 ff.), wird der Unionshaushalt weitgehend gleichberechtigt von EP und (Minister-)Rat verabschiedet. Allerdings hat das EP die Möglichkeit, einen Widerspruch des (Minister-)Rates gegen eine Einigung des Vermittlungsausschusses (an dem der Ministerrat jedoch paritätisch beteiligt ist) mit 3/5-Mehrheit zu überstimmen. Folglich hat hier das EP einen leichten „Geländevorteil“.

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      Zunächst bedarf eine Reihe grundlegender Organisations- und Verfahrensvorschriften der Zustimmung des (Minister-)Rates oder wird von ihm sogar festgelegt. Dies gilt für die Statuten des EP (Art. 223 II AEUV) und des Bürgerbeauftragten (Art. 228 IV AEUV), für die Festlegung der Ausübung des Untersuchungsrechts durch Untersuchungsausschüsse des EP (Art. 226 UA 3 AEUV) und für die Verfahrensordnungen des EuGH und des EuG (Art. 253 f. AEUV).

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      Außerdem obliegt dem (Minister-)Rat die Bildung einiger anderer Unionsorgane.

So entscheidet er über die Annahme der (von den nationalen Regierungen erstellten) Vorschlagsliste zur Auswahl der Mitglieder des Rechnungshofes (Art. 286 II UA 2 AEUV).
Außerdem ernennt der (Minister-)Rat die Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen. In beiden Fällen erfolgt die Ernennung wiederum auf der Grundlage einer Vorschlagsliste, die die Mitgliedstaaten erstellt haben (Art. 302, 305 UA 3 AEUV).

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