Öffentliches Recht im Überblick. Volker M. Haug. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Volker M. Haug
Издательство: Bookwire
Серия: Start ins Rechtsgebiet
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783811492899
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setzt sich fort mit dem Recht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der insbesondere Verstöße gegen das EU-Recht durch andere EU-Organe zum Gegenstand hat (Art. 226 AEUV), – und endet schließlich beim stärksten Instrument parlamentarischer Kontrolle, nämlich beim Misstrauensvotum (Art. 17 VIII EUV, 234 AEUV). So kann das EP gegenüber der Kommission (nur als Ganzes) mit einer 2/3-Mehrheit das Misstrauen aussprechen, was dann zur Amtsniederlegung der Kommission führt.

      Hinzu kommt als indirektes Kontrollinstrument die Möglichkeit des EP, gegen andere Organe vor dem EuGH vorzugehen (Art. 263 UA 2, 265 UA 1 AEUV, dazu s.u., Rn. 168).

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      Vertiefungshinweis:

      Fischer/Fetzer, Europarecht, Rn. 73-79.

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      Diese herausgehobene Stellung des Europäischen Rates kommt auch in einigen zentralen Einzelbefugnissen besonders zum Ausdruck:

So kommt dem Europäischen Rat die Wächterrolle über die grundlegenden Werte der Union (vgl. Art. 2 EUV) zu, indem er schwerwiegende Verletzungen dieser Werte durch einzelne EU-Staaten feststellen und mit Sanktionen belegen lassen kann (Art. 7 II, III EUV).
Außerdem kann er in begrenztem Umfang und mit Zustimmung der Mitgliedstaaten Änderungen der primärrechtlichen Verträge vornehmen (Art. 48 VI, VII EUV).
Ebenfalls zu den Aufgaben des Europäischen Rates gehört eine ganze Reihe hochrangiger Personalentscheidungen. So hat er das Vorschlagsrecht für das Amt des Kommissionspräsidenten (Art. 17 VII UA 1 EUV), was eine empfindliche Einschränkung des entsprechenden Wahlrechts des EP bedeutet. Zudem wirkt der Europäische Rat bei der Besetzung des (Minister-)Rates mit (Art. 236 AEUV) und ist für die Ernennung und Entlassung des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zuständig (Art. 18 I EUV). Auch alle übrigen Kommissionsmitglieder werden vom Europäischen Rat nach Zustimmung des EP mit qualifizierter Mehrheit (s.u., Rn. 132) ernannt (Art. 17 VII UA 3 EUV).

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      Vertiefungshinweis:

      Fischer/Fetzer, Europarecht, Rn. 80-101.

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      Der (Minister-)Rat ist das zentrale Entscheidungsorgan der EU mit legislativen, aber auch exekutiven Aufgaben. Trotz aller Aufwertungen, die das EP in den jüngeren Vertragsrevisionen erfahren hat, ist der (Minister-)Rat als Gesetzgebungsorgan dem EP mindestens ebenbürtig oder teilweise sogar überlegen (s.u., Rn. 135). Man kann den (Minister-)Rat als föderales Gesetzgebungsorgan der EU ansehen und insoweit innerdeutsch mit dem Bundesrat vergleichen. Allerdings ist auf EU-Ebene der (Minister-)Rat (immer noch) stärker als das EP, während in Deutschland dem Bundestag (gegenüber dem Bundesrat) die stärkere Rolle zukommt. Zugleich muss man aber auch hier den weiten Weg anerkennen, den die heutige Organstruktur zurückgelegt hat: Früher war der (Minister-)Rat das einzige Gesetzgebungsorgan und muss diese Funktion nun weitgehend mit dem EP teilen.

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      Dem (Minister-)Rat gehört pro Mitgliedstaat ein nationaler Regierungsvertreter auf Ministerebene an, der für sein jeweiliges Land verbindlich entscheidet und damit auch die Verantwortung dafür gegenüber dem Parlament und der Bevölkerung seines Staates übernimmt (Art. 16 II EUV). Je nach Thema und politischem Sachgebiet variiert die konkrete Besetzung des (Minister-)Rates (Art. 16 VI UA 1 EUV). Denn welcher Minister sein Land im (Minister-)Rat repräsentiert, hängt von der jeweiligen Ressortzuständigkeit ab. Geht es um Finanzfragen, besteht der (Minister-)Rat aus den Finanzministern der EU-Staaten, sind dagegen Umweltthemen betroffen, treffen sich im (Minister-)Rat die nationalen Umweltminister. Insofern tritt der (Minister-)Rat in (derzeit zehn) verschiedenen „Ratsformationen“ als jeweilige Fachministerkonferenz auf. Eine gewisse Koordinierung der verschiedenen Ratsbesetzungen erfolgt durch die Ratsformation „Rat Allgemeine Angelegenheiten“, in den die meisten Staaten ihren Außen- oder Europaminister entsenden (Art. 16 VI UA 2 EUV).

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      Bei Fragen, für die in Deutschland ausschließlich die Länder zuständig sind, wird Deutschland im (Minister-)Rat durch einen fachlich zuständigen Landesminister (den der Bundesrat bestimmt) repräsentiert (Art. 23 VI GG).