Europäische Urbanisierung (1000-2000). Dieter Schott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dieter Schott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846340257
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(S. 41), 5 (S. 89) und 6 (S. 125) wird der Verlauf der europäischen Urbanisierung im Mittelalter und der frühen Neuzeit nachgezeichnet, gegliedert nach den bereits erwähnten großen ökonomisch-demografischen Konjunkturen. Dies erfolgt einerseits auf der Ebene einzelner, jeweils als Beispiel für bestimmte Entwicklungen dienender Städte, andererseits auf [<<22] der Ebene des europäischen Städtesystems insgesamt. Um dieses Gesamtbild zu konkretisieren, werden für jede Großperiode eine oder mehrere Städte mit Kurzporträts näher vorgestellt, die durch ihr Profil und ihre Funktion für diese Periode und für das Städtesystem insgesamt besonders wichtig und repräsentativ waren. Kapitel 4 (S. 65) „Stadt – Umland – Hinterland: Die Versorgungskreise der mittelalterlichen Stadt“ durchbricht dieses chronologische Schema; hier werden generelle Muster der Versorgung und des Stoffwechsels der vormodernen Stadt entwickelt, die nicht nur für eine der chronologischen Großperioden zutrafen. Mit Kapitel 7 (S. 157) „Die neue Dominanz der Hauptstädte nach 1500“ wird die neue Qualität der Hauptstädte als Konzentrationspunkte der neuen Nationalstaaten auf allgemeiner Ebene beschrieben und am Beispiel der wichtigsten Hauptstädte London und Paris veranschaulicht. Kapitel 8 (S. 193) zeigt die Wirkungsmacht der Industrialisierung auf städtischer Ebene am Beispiel von Manchester auf und betont zugleich, wie fremdartig und schockierend die neuen baulichen und gesellschaftlichen Muster auf die Zeitgenossen wirkten. Die überragende Bedeutung von Hygiene und Hygienisierung ist zentrales Thema von Kapitel 9 (S. 223), das herausarbeitet, wie die Gesellschaften des 19. Jahrhunderts, allen voran Großbritannien, auf die Herausforderungen durch Massenarmut, hohe Sterblichkeit und Epidemien mit einer gesundheitsbezogenen Ordnungskonzeption für den städtischen Raum reagierten, die zugleich sozial pazifizierend wirken sollte. Der von der „Public-Health“-Bewegung angestoßene Umbau der Städte hatte auch tief greifende Veränderungen des materiellen Stoffwechsels der Städte, insbesondere für Wasser und Abfall, zur Folge. Kapitel 10 (S. 253) „Die ,Haussmannisierung‘ von Paris: Die Erfindung der modernen Metropole“ untersucht, wie die französische Hauptstadt Mitte des 19. Jahrhunderts unter besonderen politischen Rahmenbedingungen radikal umgebaut wurde, wobei letztlich das global für das späte 19. und auch noch frühe 20. Jahrhundert bestimmende Leitbild einer modernen, wohlgeordneten und lebenswerten Metropole entstand. Die von den Zeitgenossen als existenzbedrohend wahrgenommene Krise der europäischen Stadt um 1850 und die beiden darauf gefundenen Antworten stehen in Kapitel 11 (S. 275) im Mittelpunkt: einerseits die „Vernetzung der Stadt“ durch eine Vielzahl von Infrastrukturnetzen, die eine Überwindung materieller Krisensymptome (z. B. hohe Mortalität) durch Verlagerung und Externalisierung negativer Umweltwirkungen ermöglichte, andererseits die Stadtplanung als zunehmend professionalisierte und verwissenschaftlichte Praxis räumlichen Ordnens von Stadt und städtischer Funktionen. Dabei wird auch herausgestellt, wie sich mit veränderndem Problemhorizont der Fokus der Planung vom Streben nach der assanierten, sauberen Stadt im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zur Wohnungsfrage als der für zentral erachteten Dimension der sozialen Frage in der ersten [<<23] Hälfte des 20. Jahrhunderts wandelte. Kapitel 12 (S. 329) schließt den Bogen von den Tendenzen europäischer Stadtentwicklung in der Nachkriegszeit, insbesondere der Motorisierung und Suburbanisierung bis hin zu den aktuellen Problemen eines Umbaus von Städten im Zeichen „nachhaltiger Entwicklung“. [<<24]

      1 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: „Wieczorek-Zeul: Wir sind im urbanen Jahrtausend angekommen!“, 6. Oktober 2008, <http://www.service-eine-welt.de/partnerschaftsinitiative/2008-10-01*2008-12-31/standard-weltsiedlungstag2008.html>, abgefragt 17.02.2014.

      2 Vgl. David Blackbourn: The Culture and Politics of Energy in Germany. A Historical Perspective, (= RCC Perspectives 2013/4), München 2013. Zwar wirkte die Berechnung der britischen Kohlevorräte in den 1860er-Jahren durch Stanley Jevons, der die Verfügbarkeit von Kohle beim damals absehbaren Verbrauchsmuster auf 110 Jahre ansetzte, in der wissenschaftlichen Gemeinschaft verstörend, aber konkurrierende Gutachten und Prognosen schoben die zeitliche Grenze erheblich weiter hinaus. Politische Konsequenzen zeitigte die Debatte letztlich nicht, vgl. Rolf Peter Sieferle: Der unterirdische Wald. Energiekrise und Industrielle Revolution, München 1982, S. 252–260.

      3 Daran ändert auch die zeitliche Streckung der Ressourcen durch neue, recht problematische Extraktionsverfahren wie das „Fracking“ nichts Grundsätzliches.

      4 Vgl. Institute for Sustainability. Hintergrund Energie und Städte, <http://www.4sustainability.de/energie-undstaedte/hintergrund.html>, Zugriff: 12.09.2013.

      5 Fachleute beziffern den kurz- und mittelfristigen Finanzaufwand für die Instandhaltung des bundesdeutschen Kanalisationsnetzes auf über 50 Mrd. Euro, vgl. Klaus Hans Pecher: Entwicklung des Kanalnetzes in Deutschland und Ansätze zur wirtschaftlichen Optimierung der notwendigen Netzsanierung. (Vortrag gehalten auf dem Abwasserforum 2009, Entsorgungsverband Saar) <http://www.entsorgungsverband.de/fileadmin/evs_web/images/Infomaterial/tagungsunterlagen_vortraege/Abwasserforum_2009/Entwicklung%20des%20Kanalzustandes%20in%20Dtschland.pdf>, Zugriff: 05.09.2013.

      6 Vgl. Klaus Wisotzky/Michael Zimmermann (Hrsg.): Selbstverständlichkeiten. Strom, Wasser, Gas und andere Versorgungseinrichtungen: die Vernetzung der Stadt um die Jahrhundertwende, Essen 1997; Dieter Schott: Wege zur vernetzten Stadt – technische Infrastruktur in der Stadt aus historischer Perspektive, in: Informationen zur Raumentwicklung, H. 5.2006, S. 249–257.

      7 Vgl. Jeffrey Diefendorf: In the wake of war. The reconstruction of German cities after World War II, New York 1993, S. 20, der die prägende Wirkung des Straßenrasters und der Infrastrukturnetze für den Wiederaufbau betont. Christoph Bernhardt bezeichnet die städtische Infrastruktur der deutschen Städte nach 1945 als „strukturkonservierendes Rückgrat“, vgl. Christoph Bernhardt: Umweltprobleme in der neueren europäischen Stadtgeschichte, in: Ders. (Hrsg.): Environmental Problems in European Cities in the 19th and 20th Century/Umweltprobleme in europäischen Städten des 19. und 20. Jahrhunderts, Münster u. a. 2001, S. 5–23, hier 15. Für Naturkatastrophen zusammenfassend Dieter Schott: Resilienz oder Niedergang? Zur Bedeutung von Naturkatastrophen für Städte in der Neuzeit, in: Ulrich Wagner (Hrsg.): Stadt und Stadtverderben. 47. Arbeitstagung in Würzburg, 21.-23. November 2008 (= Stadt in der Geschichte, Veröffentlichungen des Südwestdeutschen Archivkreises für Stadtgeschichtsforschung Band 37), Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2012. S. 11–32, bes. S. 31–32.

      8 Zur Entwicklung des Konzepts vgl. Raymund Werle: Pfadabhängigkeit, in: Arthur Benz (Hg): Handbuch Governance. Theoretische Grundlagen und empirische Anwendungsfelder, Wiesbaden 2007, S. 119–131. Der amerikanische Ökonom Paul David hatte 1985 untersucht, warum sich die amerikanischen Schreibmaschinen-Tastatur QWERTY langfristig durchsetzte, obwohl andere, effizientere