Judentum. Johann Maier. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Maier
Издательство: Bookwire
Серия: Studium Religionen
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846340721
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deutete. Auf dieser Basis wurden in Anlehnung an die biblischen Angaben über die Generationenfolgen schon in der Antike Schöpfungschronologien und die Dauer der Weltzeit überhaupt errechnet. Im Mittelalter wurde eine Zählung üblich, die als ersten Schöpfungstag den 7. Oktober 3760 v.Chr. voraussetzt. Das ergibt als Millenniumsdaten: 1000 = 2760 v.Chr.; 2000 = 1760 v.Chr.; 3000 = 760 v.Chr.; 4000 = 240 n.Chr.; 5000 = 1240 n.Chr.; 6000 = 2240 n.Chr. Weil aber das jüdische Jahr im Herbst beginnt, überlappen sich die beiden Jahre etwas, das Jahr 5768 nach der Schöpfung entspricht also unserem Kalenderjahr 2007/8 (von Herbst zu Herbst). Ab 5000 wird die Jahrtausendangabe meist nicht angegeben (also 767 für 5767), man nennt dies die »kleine Zählung«. Für die Umrechnung jüdischer Jahresdaten stehen eigene Nachschlagewerke zur Verfügung.15

      Der erste, priesterliche Schöpfungsbericht verwendet die Gottesbezeichnung ′älohîm. Das ist ein Plural (von ′ äah), der auch »Götter« heißen kann, zumeist aber wie ′ el für den Begriff Gott allgemein steht. Im Lauf der Zeit wurde ′ älohîm ganz bewusst mit Gottes Schöpferrolle und Richterrolle verbunden, während der Name JHWH (das »Tetragramm«) dem gnädigen Gott gilt, der sich Mose bzw. Israel offenbart hat. Die beiden Bezeichnungen sind aber nur zwei von vielen. Manche antiken Quellen setzen für JHWH die Aussprache mit den Vokalen a – e voraus, was eine Verbalform im Kausativ (jahwäh: ruft ins Dasein, verursacht Seiendes) ergibt. Besser bezeugt ist die Lautfolge a – u (Jahû), die durch alte griechische Übersetzungen sowie durch theophore Namensformen wie Netanjahu/Jehonatan etc. gestützt wird. Schon in den letzten vorchristlichen Jahrhunderten ersetzte man die Aussprache von JHWH durch jene von ′ aDoNaJ »Herr« (Murmelvokal – o – a), griechisch kyrios (artikellos wie ein Eigenname), später auch durch »der Name« oder »der Ewige«. Im Mittelalter wurde JHWH mit den Vokalzeichen von `adonaj (»Herr«) punktiert, was von Christen missverstanden wurde und den Namen Jehovah verursacht hat.

      In Ex 3,14 beantwortet Gott die Frage des Mose nach dem Namen mit ′ähjäh ′ ašär ,ähjäh, wörtlich übersetzt, etwa: »Ich werde sein, der ich sein werde«. Man hat den Nahmen JHWH von diesem Verb hjh (werden, sein) her zu erklären versucht. Und weil es in Ex 3,14 danach heißt: »′ähjäh hat mich zu euch geschickt«, wurde auch ,ähjäh für sich als Gottesname verstanden. In der Kabbalah bezeichnete man damit die erste Sefirah, die erste Wirkungsweise bzw. Seinsstufe, die aus der verborgenen Gottheit emaniert, und aus der wieder alle weiteren neun Sefirot und alles darunter emanieren, während JHWH für die zentrale sechste Sefirah verwendet wurde, ′ el für die vierte Sefirah (absolute Güte) und ′ älohîm für die fünfte h(absolute Strenge), ′ ädonaj (Herr) für die zehnte.

      Der Sündenfall im Paradies führt zum Verlust der Ebenbildlichkeit, die im Gehorsam gegenüber Gottes Willen begründet ist, und darum wird vorausgesetzt, dass die Torah-Offenbarung am Sinai die Ebenbildlichkeit für Israel(iten) potentiell wiederbringt (s. Reader, Nr. 3).

      Der Begriff Ebenbild Gottes setzt aber nicht nur die Gottähnlichkeit des Menschen, sondern auch die Menschenähnlichkeit Gottes voraus, und das verursachte heftige Auseinandersetzungen. Ihre Verfechter wussten sich v. a. durch die prophetischen Visionsberichte in Jes 6 und in Ez 1–3 bestätigt, in denen Gott bzw. die Erscheinung seiner Gegenwart (kabôd, später: šekînah) im Heiligtum als überdimensionale Königsgestalt thront. Doch gab es schon früh Tendenzen, Gottes Übermenschlichkeit und Überweltlichkeit deutlicher hervorzuheben, und biblische Passagen, in denen Gott körperliche und psychische Eigenschaften und Verhaltensweisen (Anthropomorphismen und Anthropopathismen) zugeschrieben werden, als bildliche Rede zu verstehen. Für die Volksfrömmigkeit verbürgte eine solche Redeweise zusammen mit der Vorstellung eines persönlichen Gottes die Gottesnähe. Wann immer aber unter Juden philosophische Bildung zum Zug kam, wurde der Widerspruch zur Vorstellung einer transzendenten Gottheit bewusst und entsprechend thematisiert. Im 13./14.Jh. n.Chr. entbrannten darüber so heftige Kontroversen, dass es fast zu einem Schisma kam. Der Kabbalah des Mittelalters gelang es, diesen Konflikt aufzulösen, indem sie an der absoluten Transzendenz der Gottheit selbst festhielt und die anstößigen biblischen Aussagen auf die aus der transzendenten Gottheit emanierenden zehn Sefirot (Wirkungskräfte der Gottheit) bezog. Damit konnte der Wortsinn der betroffenen Bibeltexte unbeschadet der anderen (drei) Schriftsinne beibehalten werden.