Setzen sich die durch die Hypothese angesprochenen „Anforderungen‟ aus vier Dimensionen zusammen – z.B. persönliche (subjektive) Wahrnehmung, formale Aspekte, inhaltliche, und anwendungsbezogene Aspekte, wären folgende Detaillierungen möglich:
H IV .1 : Wenn Personen [...], dann haben sie in Bezug auf ihre persönliche bzw. subjektive Wahrnehmung [...].
Frage 4 und Frage 6, Items 6.1, 6.4 und 6.9
H IV.2: Wenn Personen [...], dann haben sie in Bezug auf formale Aspekte [...].
H IV.3: Wenn Personen [...], dann haben sie in Bezug auf inhaltliche Aspekte [...].
H IV.4: Wenn Personen [...], dann haben sie in Bezug auf anwendungsbezogene Aspekte [...].
Generell müssen bzw. sollten Hypothesen – wie bereits weiter oben erwähnt – als „Wenn- Dann‟- oder „Je-Desto‟-Regeln formuliert werden.12 Der Vorteil dieser Wordings liegt vor allem auch in der größeren Klarheit für die spätere Datenanalyse zur Hypothesenprüfung (vgl. überblicksmäßig die Kapitel „6.2 | Messniveaus (Skalenniveaus) und Datenanalyse‟ ab Seite 97 sowie „8.1.3 | Datenanalyse forschungsfragen-/hypothesenkonsistent planen‟ ab Seite 142 und im Detail bei Braunecker 2021: 191ff.).
Hypothesen formulieren allgemein und können deshalb niemals vollkommen verifiziert werden: Die vorhandenen Daten erlauben es höchstens, sie „momentan zu stützen‟, vorläufig zu verifizieren (vgl. Herczeg/Wippersberg 2019: 94): Denn niemals könnten alle dazu notwendigen denkbaren Möglichkeiten der überprüfung weltweit, in allen Zielgruppen und JEDEM Zusammenhang – also sämtlichen je existierenden Fällen – durchgeführt werden.
Häufig werden zu Beginn der Auseinandersetzung mit einem wissenschaftlichen Thema einfach Annahmen als Hypothesen formuliert – z.B.:
österreichische Jugendliche kaufen Fachbücher lieber im Versandhandel.
75% der österreichischen Jugendlichen kaufen Fachbücher lieber im Versandhandel. [20]
Österreichische Jugendliche im Alter von 18 bis 25 Jahren kaufen Bücher mehrheitlich lieber im Versandhandel.
Um derartige Behauptungen „wissenschaftstauglich‟ zu machen, sollten sie unbedingt einer methodischen „übersetzung‟ zugeführt werden. Eine bessere Formulierung, mit Einbeziehung zumindest zwei dazu benötigter Merkmale (vgl. Herczeg/Wippersberg 2019: 92; Karmasin/Ribing 2019: 90), könnte lauten:
Wenn in österreich lebende Jugendliche im Alter von 18 bis 25 Fachbücher kaufen, dann kaufen sie diese eher lieber im Versandhandel als im stationären Handel.
Wie soeben erläutert, weisen Thema, Erkenntnisinteresse(n), Forschungsfrage(n) und/oder Hypothesen der (den) am effizientesten einzusetzenden qualitativen oder quantitativen Forschungsmethode(n) (vgl. Kapitel „2 | Qualitative und quantitative Forschungsmethoden‟ ab Seite 22) den Weg.
Zusatzinformationen und weiterführende Literatur zu diesem Kapitel:
[21]
2 Die Ausführungen in diesem Kapitel basieren auf Anleitungen zum wissenschaftlichen Arbeiten. Dabei liegt der Fokus auf „Wissenschaftlichkeit‟ in Verbindung mit empirischer Sozialforschung.
3 Karmasin/Ribing 2019: 25f. bezeichnen bereits das Erkenntnisinteresse als „Forschungsfrage‟.
4 In der Literatur werden Programmfragen auch als Vertiefung (Konkretisierung) von Forschungsfragen beschrieben (vgl. Brosius/Haas/Koschel 2016: 96): Sie verfolgen den Zweck, Erkenntnisinteressen zu präzisieren – wie die Detaillierung einer zentralen Forschungsfrage in mehrere Sub-Forschungsfragen. Nützliche Tipps zu den Möglichkeiten, Forschungsfragen zu formulieren, finden sich bei Karmasin/Ribing 2019: 25ff. Detaillierter gehen Herczeg und Wippersberg auf Forschungsfragen (vgl. Herczeg/Wippersberg 2019: 85ff.) und Hypothesen (ebd.: 91ff.) ein.
5 vgl. dazu die Kapitel „6.2 | Messniveaus (Skalenniveaus) und Datenanalyse‟ ab Seite 97, „7 | Leitfaden, Fragebogen‟ ab Seite 110 sowie „8.1.3 | Datenanalyse forschungsfragen-/hypothesenkonsistent planen‟ ab Seite 142.
6 Der Beispielfragebogen dieses Buchs stellt keinen Anspruch auf „echte‟ Wissenschaftlichkeit: Die Formulierung der Fragen ergab sich NICHT aus zuvor erfolgter Literaturrecherche. Ihre Erstellung erfolgte „frei‟ durch den Autor – wenn auch unter Einbeziehung willkürlicher schriftlicher Basisbefragungen von Studierenden verschiedener Studienrichtungen und Fortschritts-Phasen im Studienplan. Der Fragebogen ist aus unterschiedlichen empirischen Blickwinkeln zu betrachten: Er dient der möglichst praxisnahen Veranschaulichung von (technischer) Operationalisierung von Forschungsfragen bzw. Hypothesen, Skalenniveaus, Arten der Frageformulierung sowie möglichst vielen Formen der Datenanalyse. Als Grundlage der BUCHdaten bildet er auch die Basis aller datenanalytischen Ausführungen bei Braunecker 2021. Fragebogen und BUCHdaten sind unter „Downloads‟ auf howtodo.at bzw. bei utb-shop/de verfügbar.
7 Ab dieser Stelle wird in diesem Kapitel zur Demonstration technisch und nicht real theoriegestützt argumentiert.
8 Mit „Leseaffinität‟ ist hier „Hinwendung, Neigung zum Lesen‟ (= „gerne lesen‟) gemeint.
9 Darin unterscheiden sich sozialwissenschaftliche Fragestellungen von naturwissenschaftlichen: Dort werden oft deterministische Hypothesen („in 100% aller Fälle‟, z.B. physikalische Gesetze) aufgestellt: „Wenn eine Person ein (unverpacktes) Buch ins Wasser fallen lässt, dann wird es nass.‟
10 Grundsätzlich setzt jede der hier angeführten Formulierungen eine vorangegangene (Literatur-)Recherche voraus, aus der die jeweilige hypothetische Annahme abgeleitet werden kann. Zur leichteren Lesbarkeit wird in den folgenden Beispielen auf die Präzisierung, auf WEN (z.B. österreichische Wohnbevölkerung) sich die jeweilige Hypothese bezieht, verzichtet. Diese (wiederholte) Präzisierung ist in der Realität einer wissenschaftlichen Arbeit aber ratsam.
11 Die theoretischen und datenanalytischen Grundlagen zur überprüfung statistischer Hypothesen werden im Detail bei Braunecker 2021: 77ff. behandelt.
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