Beim 6. Pretest wird das Erhebungsinstrument auf Praxistauglichkeit überprüft (Seite 133). Funktioniert es nicht zufriedenstellend, muss es noch einmal überarbeitet werden. Gibt der Pretest das Erhebungsinstrument „frei‟, kann die Datenerhebung (Feldarbeit) starten.
In der Phase der 7. Datenerfassung muss die Kontrolle erfolgen, ob die Vollerhebung wirklich „voll‟ erhoben hat bzw. ob die Stichprobe zufriedenstellenden Rücklauf verzeichnet (Braunecker 20211: 25ff.). Vor allem quantitative Daten müssen vor der Auswertung sehr oft repräsentativ sein (ab Seite 55).
Liegen (dann) Daten vor, folgt deren 8. technische Auswertung (ab Seite 134 und im Detail Braunecker 2021).
Im Zuge der Auswertung finden 9. Ergebnisinterpretation (ab Seite 145), Beantwortung der Forschungsfragen und Hypothesenprüfung (ab Seite 142 und im Detail Braunecker 2021) statt.
Erst dann werden 10. die Ergebnisse möglichst plakativ aufbereitet und derart präsentiert, dass sie möglichst alle Erkenntnisinteressen abdecken und die erforderlichen Antworten auf die Forschungsfragen und Hypothesen geben (ab Seite 145).
Alle Phasen einer Erhebung müssen wie ein Puzzle ineinandergreifen und aufeinander abgestimmt sein. Veränderungen nur einer Phase können – manchmal sogar auch rückwirkend – andere Phasen beeinflussen.
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Empirische Erhebungen sind meist speziell und individuell. Sie folgen in ihrem grundsätzlichen Setting aber immer festlegbaren Kriterien: Die Erläuterungen in allen weiteren Abschnitten dieses Buchs zur Planung, Durchführung, Auswertung und Ergebnisinterpretation von Erhebungen können deshalb sinngemäß auf alle – in Kapitel 2 vorgestellten – Forschungsmethoden umgelegt werden.
Die im Buch angeführten Beispiele zeigen meist nur EINE von vielen Möglichkeiten der Umsetzung. Jedes empirische Vorhaben ist eine „Maßanfertigung‟. Immer stehen individuelle Erkenntnisinteressen, Forschungsfragen und Hypothesen im Vordergrund! Es gibt (fast) immer mehrere Umsetzungsmöglichkeiten.
1 Parallel zu diesem Werk erscheint das Buch Braunecker, Claus (2021): How to do Statistik und SPSS. Eine Gebrauchsanleitung. Wien: facultas. Beide Bände haben das Ziel, den gesamten roten Faden der empirischen Sozialforschung zu spannen – von der ersten Forschungsidee bis zur statistischen Datenanalyse mit der Datenanalysesoftware SPSS. [12]
1 | Thema, Erkenntnisinteresse(n), Forschungsfragen, Hypothesen
... in diesem Kapitel geht's um:
● Thema: Basis für das gesamte Vorgehen • muss neue Detailaspekte beleuchten • darf keine Kopie bereits durchgeführter empirischer Erhebungen sein • nicht zu breit anlegen |
● Erkenntnisinteresse(n): Erhebungsziele kurz und exakt formulieren • Grundlage für Forschungsfragen und/oder Hypothesen |
● Forschungsfragen ‒ sind zu beantworten: müssen VOR dem Erhebungsinstrument festgelegt werden • wie eine „Themenliste“ • neutrales Erkenntnisinteresse in Frageform • Aufteilung in Subdimensionen ratsam • besser „Welcher Zusammenhang ...“ als „Gibt es einen Zusammenhang ...“ |
● Hypothesen ‒ sind zu prüfen: müssen VOR dem Erhebungsinstrument festgelegt werden • wie eine „Prüfliste“ • Annahmen aufgrund von Basiswissen • Wahrscheinlichkeitsaussagen • ungerichtet oder (präziser) gerichtet mit vermuteter Art des Zusammenhangs • Aufteilung in Subdimensionen ratsam • inhaltliche ≠ statistische (für Signifikanzprüfung) Hypothesen • besser „Wenn-Dann“- und „Je- Desto“-Formulierung als ein Aussagesatz |
„Wir brauchen rasch eine Umfrage‟ – und schon wird in der oft schnelllebigen Wirtschaft ein Online-Formular erstellt.
Empirische Sozialforschung sollte nicht unüberlegt starten! Ist Empirie Teil einer wissenschaftlichen Arbeit, darf sie niemals „einfach so‟ beginnen! Zuerst werden alle Details spezifiziert, dann erst kann die konkrete Umsetzung in Form einer Forschungsmethode erfolgen (vgl. Kapitel „2 | Qualitative und quantitative Forschungsmethoden‟ ab Seite 22).
In der Wissenschaft2 erfolgt vor jeder empirischen Erhebung eine exakte, ausführliche Problemdefinition. VOR jeder Erhebung müssen alle interessierenden Details feststehen. Erst dann, wenn alle Erkenntnisinteressen bzw. genauen Fragestellungen vorliegen, kann das konkrete Erhebungsinstrument im konkreten Wortlaut ausformuliert werden (= Operationalisierung).
Nun erst wird ein Fragebogen oder Leitfaden (vgl. Kapitel „7 | Leitfaden, Fragebogen‟ ab Seite 110) erstellt, ein Codierschema (vgl. Abbildung 3 auf Seite 26) entwickelt oder ein Beobachtungsprotokoll (vgl. Abbildung 5 auf Seite 31) entworfen.
1.1 | Thema
Jedes (wissenschaftlich) empirische Vorhaben benötigt zuallererst ein Thema, eine Problemstellung. Das Thema stellt die Basis für das gesamte weitere Vorgehen dar (vgl. [13] HERCZEG/WIPPERSBERG 2019: 71FF.). Dabei ist es wichtig, sich die Erforschung eines neuen Detailaspektes vorzunehmen (ebd.) und nicht bereits vorhandene Empirie zu „kopieren‟.
Das Thema darf nicht zu breit oder zu allgemein angelegt und formuliert werden. Sonst ist es mit vertretbarem Aufwand nicht mehr (empirisch) „behandelbar‟. Drei Beispiele für „gute‟ empirische – jeweils im Rahmen einer Masterarbeit erforschte – Themen:
„Sprache in der internen Veränderungskommunikation. Eine kritische Betrachtung unter linguistischen und kommunikationswissenschaftlichen Gesichtspunkten am Beispiel formeller, schriftlicher Kommunikation in deutschen Industrieunternehmen.‟(Sturm 2019)
„Sponsoring im Spitzensport. Der gegenwärtige Stellenwert von Sportsponsoring in österreich, in Bezug auf die Rolle von Sponsoringagenturen. Eine Fallstudie anhand der Erste Bank Open.‟ (Haas 2018)
„Informationswahrnehmung von Online-Wein-Shoppern: eine Eye-Tracking Studie mit Think-Aloud Technik.‟(Horvath 2015)
1.2 | Erkenntnisinteresse(n), Erhebungsziel(e)
Ist das Thema erarbeitet, müssen im nächsten Schritt die genauen Erkenntnisinteressen bzw. Erhebungsziele definiert werden. Das geschieht am besten einfach, klar, mit wenigen Sätzen (vgl. Herczeg/Wippersberg 2019: 80). Exakt formulierte Erkenntnisinteressen3 sind essentiell für wissenschaftliches Arbeiten – und damit auch für jede empirische Erhebung. Sie stellen die inhaltliche Klammer dar, an der Forschungsfragen und Hypothesen andocken.
1.3 | Forschungsfragen, Hypothesen
Wer (weiterhin) beim Wesentlichen bleiben und das Vorhaben nicht versehentlich an den Erkenntnisinteressen „vorbeilenken‟ möchte, formuliert im nächsten Schritt am besten Forschungsfragen (Programmfragen4) und/oder Hypothesen. Diese stellen vorerst nur eine Art Themenkatalog dar. Sie werden indirekt, also üBER jemanden oder etwas formuliert.
Im Falle z.B. einer Befragung wird zunächst noch keine Frage direkt an die Befragten gerichtet, sondern zunächst z.B. eine Forschungsfrage