Das Reisebuch Europa. Jochen Müssig. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jochen Müssig
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9783734321962
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Denkmal ist die slowenische National- und Universitätsbibliothek an der Straße Turjaška mit der auffallenden Ziegelsteinfassade. Doch selbst Jože Plečnik konnte nicht jede Idee umsetzen, sein Entwurf für ein neues Parlamentsgebäude schaffte es aber immerhin auf die slowenischen 10-Cent-Münzen.

       WEITERE INFORMATIONEN

       www.visitljubljana.com/de

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       Die Fassade der Bibliothek von Jože Plečnik.

      image WIEN – LEBENSQUALITÄT UND LIFESTYLE

       Reiche Vergangenheit und pulsierende Gegenwart

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       Die Donaumetropole wird seit über zehn Jahren immer wieder zur »lebenswertesten Stadt« gekürt. Reisende finden hier ein einzigartiges Event- und Freizeitangebot vor: Dutzende Museen und Kirchen, 22 000 Hektar Grünfläche innerhalb der Stadt und eine Küche, die wirklich schmeckt. Besser könnte es gar nicht gehen.

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       Das Treppenhaus des Kunsthistorischen Museums könnte einem monumentalen italienischen Palazzo entsprungen sein.

      Das internationale Beratungsinstitut Mercer zeichnet Wien seit 2009 immer wieder als »lebenswerteste Stadt der Welt« aus. Was Wien so spitze macht, sind seine vorteilhaften wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, sein exzellentes medizinisches Versorgungssystem und sein gutes öffentliches Verkehrsnetz, seine vielfältigen Freizeitangebote sowie sein unvergleichlicher Wald- und Wiesengürtel.

      Die Wiener können also zu Recht stolz auf ihre Stadt sein. Sie selbst nehmen aber auch an jedem Detail im urbanen Leben Anteil. Ob das Blumenbeet auf dem viel befahrenen Gürtel wirklich gut gejätet ist, checken sie beim Vorbeisausen. Und wenn die Auslagenscheiben am Graben nicht richtig gut geputzt sind, fällt ihnen das auch auf. Ihre eigene Stadt lässt sie einfach nicht los: Zwei Damen ziehen da zum Beispiel im Schwimmbecken die Runden und unterhalten sich über eine gar knifflige Frage im Kreuzworträtsel: »Stadtviertel im 8. Bezirk, 13 Buchstaben.

      Wie könnte das denn heißen?« Hin und her überlegen sie, gehen in Gedanken den ganzen Bezirk ab, vom Rathaus die Josefstädter Straße hinauf, vorbei am Theater, über den Jodok-Fink-Platz, einen der schönsten Plätze von Wien mit der imposanten Maria-Treu-Kirche. Der Name für das »Grätzl« lässt sich jedoch nicht und nicht finden. Vielleicht fällt er ihnen erst dann ein, wenn sie selbst durch die verwinkelten Gässchen der historisch gewachsenen Vorstadt gehen und in der »Alten Backstube« aus dem Jahr 1701 auf einen Millirahmstrudel mit Vanillesoße einkehren.

       Wiens »Grätzeln« möbeln auf

      Vom Freihaus- zum Karmeliterviertel, vom Franziskaner- zum Schleifmühlviertel ziehen diese ursprünglich alten Dörfer vor den Toren der historischen Innenstadt Reisende wie auch Besucher von anderen Bezirken an. »Grätzeln« umfassen manchmal nur einige Häuserblöcke und haben fließende Grenzen. Sie werden deshalb populär, weil in ihren Hinterhöfen nette Lokale, Galerien und Bars aufsperren.

      Wien schlummerte bis in die frühen 1980er-Jahre im Dornröschenschlaf dahin. Zu schwer lastete der eine Stunde vor der Stadt beginnende Eiserne Vorhang auf der Donaumetropole. Aber dann kam die »Waldheim-Affäre«, und die Stadt stellte sich ihrer Vergangenheit. Der Eiserne Vorhang wurde 1989 ebenfalls hochgezogen. Wien begann, sich punktuell als »Event City« zu positionieren. Das »Bermudadreieck« um die Ruprechtskirche, Wiens ältestes Gotteshaus, und die Synagoge in der Seitenstettengasse verschlang jedes Wochenende Tausende von Jugendlichen, die auf der Suche nach gutem Bier und cooler Musik hier gekentert waren. Und auf einmal wurden sich die Wiener bewusst, welch großen Nachholbedarf sie hatten. Das Donauinselfest entlang dem neu geschaffenen Entlastungsgerinne startete im Jahr 1983 als musikalischer Versuchsballon. Mit fast drei Millionen Besuchern avancierte es zum größten Freiluftspektakel in ganz Europa.

      Mit der Neujahrsnacht verhielt es sich ähnlich. Als Bürgermeister Helmut Zilk den Jahreswechsel 1989/90 in Wien verbrachte, musste er mit Schrecken feststellen, was die Stadt ihren Gästen zu Silvester bot: »Nur Hunger und Glasscherben.« Alle Restaurants ließen nach Weihnachten ihre Rollläden herunter. Wenn Reisende also an Mitternacht das Neue Jahr mit dem Klang der Pummerin am Stephansplatz einläuten wollten, fanden sie erstens nichts zu essen und zu trinken und zweitens mussten sie aufpassen, dass sie nicht auf den Scherben von Flaschen ausrutschten, die fidele Wiener ins Stadtzentrum mitgebracht und dann fallen gelassen hatten. So entstand die Idee, einen Silvesterpfad durch die Innere Stadt anzulegen. Die Punschhütten hatten schon in der Adventszeit heiße Schwipsgetränke ausgeschenkt. Und nach und nach erkannten auch viele Gastbetriebe in der Inneren Stadt, dass sich bei 700 000 Besuchern ein beachtlicher Umsatz machen lässt. Da Musik im urbanen Leben eine zentrale Rolle spielt, stellte man auch zehn Bühnen an den besten Plätzen der Innenstadt auf.

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       Der Zuschauerraum der Wiener Oper hat eine tadellose Akustik.

      Im Jahr 2001 kam dann noch das Museumsquartier dazu: 60 000 Quadratmeter für die Kunst in unmittelbarer Nähe vom »Kunsthistorischen« und »Naturhistorischen« und der Hofburg. Institutionen wie das Leopold Museum eröffneten hier, das die weltweit größte Egon-Schiele-Sammlung birgt, sowie das Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig, in dem die besten Werke österreichischer Nachkriegskunst ein Heim gefunden haben. Aber Besucher schätzen das Museumsquartier nicht nur wegen seines kulturellen Angebots. In der warmen Jahreszeit werden die Innenhöfe zum verlängerten Wohnzimmer.

       In Wien tut sich jeden Monat etwas

      Kaum eine Woche verstreicht, in der nicht irgendeine Veranstaltungsreihe stattfindet: von »wean hean«, dem Wiener-Lied-Festival, bis hin zu den Tanzwochen, dem Jazz-Fest und den großen Wiener Festwochen, in denen ein wahres Feuerwerk an Theater- und Musikproduktionen über die Stadt hereinbricht.

      Als die Habsburgermonarchie in Einzelstaaten zerfiel, galt Wien in den Bundesländern als Wasserkopf, dem Agrarprodukte zugeliefert werden mussten. Das Bild des Wasserkopfes mag auf den ersten Anblick vielleicht erschreckend wirken, doch der Kopf eines Landes kann nicht groß genug sein. Denn ein Hirn braucht ja viel Platz zum Denken. Im 21. Jahrhundert versuchte sich Wien, auch als Zentrum für Wissenschaft und Forschung zu positionieren, als Plattform für kreatives Schaffen. Das »Institute of Science and Technology«, Österreichs erste Eliteuniversität, machte im Jahr 2008 im gleich vor der Stadt gelegenen Ort Gugging seine Pforten auf.

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       Die Konfiserie »Dürnberger« in der Neubaugasse fertigt ihre eigenen Rumpastillen.

      Die Eliteuni liegt im Wienerwald, in der grünen Lunge der Stadt. Auf 105 645 Hektar rankt er sich im Westen und Süden um die Stadt. Wer hier jemals spazieren ging und dann zum Beispiel eine Wanderung in den Green Mountains im amerikanischen Bundesstaat Vermont antrat, wird sich schmerzlich nach Wien zurücksehnen. Nach einer halben oder Dreiviertelstunde bergauf und bergab gibt es allerlei Leckerbissen, die den durch die Sauerstoffzufuhr verursachten Hunger schnell stillen: Leberknödelsuppe, Bauernschmaus, Apfelstrudel und ein Viertel Weiß gespritzt machen auch die müdesten Knochen wieder munter.

      »Eine Stadt kann man nicht essen«, sagt die Psychotherapeutin