Lieber Heli,
zuallererst musst du einmal das Gespräch mit deiner Mitbewohnerin suchen und offen mit ihr die Problematik diskutieren. Das bringt zwar in diesem Fall überhaupt nix, aber es gehört sich halt heutzutage. Leider fällt durch das Gespräch dann auch die Gift-Variante weg, weil da wärst du dann natürlich der Tatverdächtige Nummer eins.
Wobei ich diese Gift-Idee, ehrlich gesagt, schon von Haus aus nicht sehr gut finde, weil ich bin ein großer Freund von Katzen beziehungsweise überhaupt allgemein von Lebewesen. Und nachdem du mir auch schon davon geschrieben hast, müsste ich dich eigentlich dann auch anzeigen.
Vielleicht solltest du die ganze Geschichte einfach nicht zu persönlich nehmen. Du schreibst ja, die Katze hat dir auf die Bücher geschissen – hat sie zufällig öfter mit dem Literaturbetrieb zu tun? Ich nämlich schon, und wenn das bei besagter Katze auch so ist, dann tät ich sagen, ist ihre Aktion in einem gewissen Ausmaß durchaus verständlich.
Am besten fände ich ja, nachdem wir uns in einem Rechtsstaat befinden, ein geordnetes gerichtliches Vorgehen gegen die Katze. Leider gibt es so etwas aber nicht beziehungsweise nicht mehr. Vor kurzem habe ich beim Zahnarzt in einer Zeitschrift einen super Artikel gelesen, laut dem zum Beispiel im 15. Jahrhundert in Frankreich eine Sau wegen Mordes an einem Kind am Galgen aufgehängt worden ist. Sie ist, während die Eltern auf dem Feld waren, ins Haus gerannt und – ich kann wörtlich zitieren, ich habe mir die Zeitschrift nämlich gefladert, weil bei meinem Zahnarzt trifft es eh keinen Armen – „aß das Gesicht und den Nacken“ des Säuglings aus der Wiege. So ist das in den Gerichtsakten gestanden.
Die angeklagte Sau war aber kein Einzelfall, sondern solche Verfahren hat es zu Hunderten gegeben. Ebenfalls in Frankreich ist zum Beispiel ein Rudel Ratten vor Gericht geladen geworden, weil sie die Gerstenernte in ihrem Dorf vernichtet haben. Sie sind dann allerdings nicht zur Verhandlung erschienen, weil, wie ihr Pflichtverteidiger überzeugend dargelegt hat, die Anreise wegen der wachsamen Katzen zu riskant gewesen wäre. Auch ein Hahn, der wider die Natur ein Ei gelegt hat, ist verurteilt worden, sowie eine Sau, die eine geweihte Hostie gefressen hat, was sich auch nicht gehört.
Jetzt darf man nicht glauben, dass die Leute damals so dumm waren im Vergleich zu uns weltklassemäßigen 21.-Jahrhundert-Menschen. Im Gegenteil, vielleicht war dieser Umgang sogar gescheiter als unser heutiger, wo ein jeder Hund, der einmal einen Nordic Walker in den Hintern zwickt, sofort eingeschläfert wird. Damals hat er zumindest einen ordentlichen Prozess gekriegt. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass das zum Beispiel für die Eltern, wo die Sau das Kind zerbissen hat, psychologisch leichter zu verarbeiten ist, wenn das einen gerichtlichen Gang geht und die Sau gescheit bestraft wird. Sicher ist sie da auch ein bisschen ein, sag ich einmal: Sündenbock, aber wahrscheinlich brauchen die Eltern genau so einen.
Im Fernsehen war einmal ein Bericht über einen Prozess gegen einen Lkw-Fahrer, der im Sekundenschlaf einen Unfall mit mehreren Toten verursacht hat. Da hat man gesehen, wie die Mutter von einem Opfer zu dem Mann hingegangen ist und ihm ins Gesicht gespuckt hat. Zuerst hat mir der Mann leidgetan. Ich meine, der arme Hund wird eh sein Leben lang mit dieser Riesenschuld zu kämpfen haben, nur weil er getan hat, was Millionen Lastwagenfahrer jeden Tag tun, nämlich viel zu lange am Stück hinter dem Lenkradl sitzen. Gleichzeitig hat mir auch die Frau leidgetan, klarerweise, weil wie soll die mit dem Verlust von ihrem Sohn denn auch umgehen? Dass der einfach ein Pech gehabt hat, das kann einen in so einer Situation nicht befriedigen. Für sie muss der Lkw-Fahrer von Grund auf böse sein, und er muss bestraft werden, damit sie das verarbeiten kann.
Der Mensch ist, wenn man es sich genau überlegt, wirklich ein armseliges und bedürftiges Wesen. Wir sollten ihm gegenüber gnädig sein, wann immer wir mit einem Exemplar dieser Gattung zu tun haben.
PS: Ah ja, wegen der Katze noch: Ich würde die offene Konfrontation vermeiden, weil ihr werdets ja noch länger zusammenwohnen und euch über Raumsauberkeit und Fernsehprogramm verständigen müssen. Am besten, du spendierst ihr mal eine Schachtel Kitekat, dann weiß sie: Aha, der Heli ist mein Haberer, der kauft mir Qualitätsfutter, dem scheiß ich nicht mehr auf die Literatur.
8
Bettenfrage
Martin Schraml fragt auf charmant knappe Art: „Bettdecke immer mit der zu öffnenden Seite zu den Füßen?“
Lieber Martin,
diese Frage lässt sich mit einem klaren Ja beantworten, weil wenn man halbwegs ein sensitiver Mensch ist, dann geht einem das einfach auf den Sack, wenn man die ganze Nacht einen Knopf oder einen Reißverschluss im Gesicht hat. Aus dem professionellen Trankler- und Alkoholikerbereich, mit dem ich passiv immer wieder einmal in Berührung komme, ist mir zwar bekannt, dass es auch Leute gibt, die die offene Seite gerne beim Kopf haben, damit sie im Bedarfsfall in den Innenbereich der Tuchent hineinspeiben können, aber für den Normalbürger, sage ich einmal, ist das weniger relevant, zumal man sich selber ja relativ einfach abduschen kann, ein gutes Schafwollprodukt kann nach dem Angespiebenwerden aber schon einmal zum Wegschmeißen sein, weil der Geruchs-Mix aus Bio-Wolle und Erbrochenem, der ist nicht schön. Ein bisschen, wie wenn dir ein ausgewachsener Schafbock direkt ins Gesicht rülpst, worauf du sagen wirst, ja Fred, ist dir das gar schon passiert, worauf ich sage, was mir schon alles passiert ist, das willst du gar nicht wissen.
9
Schuhberatung
Lex aus Wien fragt: „S. g. Herr Austrofred, eine persönliche Frage. Habe Jogging High gekauft. Welche Staberl tu ich am besten rein? Rot, blau, weiß, und in welcher Kombination? Gibts quasi eine Sommer-/Winterreifen-Guideline bzw. Stage- vs. Reallife-Empfehlung? Bitte um Experteneinschätzung.“
Lieber Lex,
meiner bescheidenen Erfahrung nach macht es überhaupt keinen spürbaren Unterschied, welche Dämpfungsstäbchen du dir in die Sohle von deinen Jogging High hineinschiebst. Ich halte das eher für einen Schmäh der Firma Adidas und täte dir von dem her empfehlen, die Staberl nach deinen eigenen Kriterien zu stecken, z. B. an Nationalflaggen angelehnt. Mit Blau, Rot und Weiß kannst du schön die Länderfarben von Frankreich, Kroatien oder den USA stecken, auch die von Polen und Österreich natürlich. Oder du lässt dich einfach von deinem ästhetischen Empfinden leiten, wie ja schon beim Kauf dieses zeitlos-formschönen Sportschuhs.
Bei der vor einigen Jahren kurzzeitig erhältlichen Wiederauflage des Schuhs waren die Staberl übrigens nicht herausnehmbar, wobei ich das persönlich aber jetzt gar nicht hundertprozentig bestätigen kann, weil ich wollte mich zwar eindecken damit, habe dann aber ein Angebot von einer Sportartikelfirma gekriegt, dass sie ein Foto von mir machen wollen, für Werbezwecke, und dafür kriege ich dann zwanzig Paar Jogging High für mich und meine Fans gratis zur Verfügung gestellt. Ich braves Oberösterreicherlein habe meinen Teil dieser Abmachung natürlich prompt und brav eingehalten, was sich aber leidergottes von besagter Sportartikelfirma nicht behaupten lässt. Der Mitter Klaus, meine linke Hand, hat oftmalig nachgefragt, bitte, was ist mit unseren Schuhen, aber nichts, die haben uns anrennen lassen. Wie ich dann endlich gecheckt habe, dass die mich nach Strich und Faden verarscht haben, war der Schuh schon wieder ausverkauft.
Es ist wirklich mit das Oascheste, was es gibt, wenn man grundsätzlich die höchsten Ideale hat, und dann wäre man ein einziges Mal im Leben ein kleines bisschen käuflich, und dann kriegt man aber die Kohle nicht.
Ganz ehrlich: Footwear verkaufen ohne Handschlagqualität – das geht für mich nicht zusammen.
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Senile Bettflucht
Thomas Huber aus Waidhofen (an der Ybbs, nicht Thaya) fragt: „Mich würde interessieren, wie Sie sich Ihr Leben in der Pension vorstellen. Weil wenn ich mir so einen Bob Dylan oder Mick Jagger anschaue, die mit ihren gefühlten