Der erste Platz – noch vor Österreichern und Tschechen – müsste freilich den Bayern gehören, das ist klar. Nirgendwo sonst auf der Welt gilt das tägliche Bier als Menschenrecht, nirgendwo anders identifizieren sich die Eingeborenen so stark mit einer Flüssigkeit. Aber nachdem der Freistaat ebenfalls nicht separat ausgewertet wird, sondern gesamtdeutsch, verzerren die Abstinenzler im protestantischen Norden auch hier massiv die Zahlen.
Ich gebe zu, dass ich mich jedes Jahr richtiggehend auf den öffentlichen Aufschrei freue, wenn in Bayern die Preise für eine Wiesn-Maß bekanntgegeben werden. Na, das gibt immer ein Hallo! Wahrscheinlich könnten an dem Tag die Merkel und der Papst in ihren Privatfliegern zusammenkrachen und es stünde im Münchner Merkur trotzdem nur auf Seite 3.
Freilich ist eine solche Erregung nichts Neues, Bier-Krawalle hat es in Bayern schon oft gegeben, den berühmtesten 1844. Damals ist der Preis für eine Maß von sechs auf sechseinhalb Kreuzer hinaufgesetzt worden. Die logische Folge: zwei Tote, über hundert Verletzte, 33 verwüstete Brauereien. Und das Militär, das ordentlich in den Aufstand hätte dreinfahren sollen, hat sogar den Befehl verweigert – im Endeffekt steckt halt in einer jeden Uniform auch nur ein (durstiger) Mensch.
In Oberösterreich hat es im 19. Jahrhundert ebenfalls einen Bieraufstand wegen einer Preiserhöhung gegeben: Am 1. Mai 1874 hat eine empörte Menge bzw. Gruppe bzw. Grüppchen die Brauerei an der Linzer Donaulände gestürmt und die Einrichtung von zwei Gaststuben durcheinandergebracht. Sicher, im Vergleich zu den Münchnern wirkt das relativ zahm, aber erstens ist dem Bayern das Bier vielleicht halt doch noch ein Eitzerl wichtiger als dem Oberösterreicher, der auch auf den guten heimischen Most ausweichen kann, und zweitens neigt er schon von Haus aus eher zur Rebellion.
Ich bin einmal in einem Zugabteil mit drei bayerischen Grazien im fortgeschrittenen Alter gesessen, und, ich übertreibe nicht, jede Story, die sie sich erzählt haben – und das waren etliche –, haben sie entweder kommentiert mit Da hast recht! oder mit Verboten ghörts! Jede einzelne. Als psychologieinteressierter Mensch erkenne ich darin die permanente Bestätigung der eigenen Gruppe bzw. die tief verwurzelte Skepsis den anderen gegenüber, ob sie jetzt von außen kommen oder oben sitzen. Jedenfalls: Der Bayer/die Bayerin lässt sich nichts gefallen. Von niemandem.
Das eher lethargische Lebensmotto des Oberösterreichers lautet dagegen, wie der Schriftsteller Franzobel einmal ganz richtig festgestellt hat: Des wenn i gwusst hätt! Sprich: Wenn ich rechtzeitig alle Fakten auf dem Tisch gehabt hätte, dann hätte ich selbstverständlich etwas gegen diesen oder jenen Missstand unternommen, aber nachdem ich leidergottes unwissend war, war ich glücklicherweise nicht zum Handeln gezwungen.
Übrigens ist Bayern das einzige Land in Westeuropa, wo Alkohol auf Baustellen noch erlaubt ist, so sehr gilt das tägliche Bier als Lebensgrundlage. Aus demselben Grund gibt es auch beim Schafkopfen – anders als bei unserem Bauernschnapsen – das Konzept des „Brunzkartlers“, also eines fünften Mannes als Einspringer, der übernimmt, wenn von den regulären Spielern einer aufs Klo muss. Sicher hängt das auch mit den überdimensionierten Biergefäßen zusammen, also der bayerischen Maß im Vergleich zum Wiener Krügel bzw. zu unserer Halben. Zumal ja ein doppelt so großes Glasl nicht automatisch bedeutet, dass der Bayer auch eine doppelt so große Blase hat. Eher sogar im Gegenteil, täte ich meinen.
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Pensionsvorsorge Musical
Georg Duschlbauer aus Linz schreibt: „S. g. Herr Austrofred, es gibt schon Musicals mit den Liedern von ABBA, Queen, Tina Turner oder Udo Jürgens. Gedenken Sie auch Ihre Hits zu einem Musical zu formen? Eine seichte, unwichtige Handlung wie bei den anderen Beispielen sollte ja schnell geschrieben sein. […]“
Lieber Georg,
vor einigen Jahren, wie diese Art von Pop-Greatest-Hits-Musical erstmalig aufgekommen ist, ist mir diese Frage schon ein paarmal in Interviews gestellt worden, und ich habe darauf immer ehrlicherund bescheidenerweise geantwortet, dass so was halt nur mit solchen gigantischen Song-Katalogen wie von den Queen, den ABBA oder auch den Bee Gees hinhaut, wo du wirklich 25 Lieder zusammenkriegst, die ein jeder kennt und die dich zu jeder Sekunde der Show vergessen lassen, was für ein Topfen die Handlung ist. Und das ist gar nicht negativ gemeint, weil das geht ja gar nicht anders, klar, die Lieder haben ja nichts miteinander zu tun, die haben keinen sinnvollen Zusammenhang, sondern das sind halt zufällig die 25 erfolgreichsten Bee-Gees-Nummern, da hat ja kein Top-Broadway-Texter feine Charakterisierungen hineingeschrieben. Genauso gut könntest du sagen, du schneidest wahllos fünfzig Artikel aus der Kronen Zeitung aus und das ist dann ein Roman.
Aber vielleicht muss ich da meine Meinung ein bisschen revidieren, weil natürlich ist so ein Musical ein Bombengeschäft, das bestätigt dir ein jeder Busunternehmer. Und nachdem in den letzten Jahren sogar schon Musicals aus den Liedern vom Rainhard Fendrich und vom Wolfgang Petry zusammengepudert worden sind, sollte ich mir das wirklich noch einmal neu überlegen.
Vom Falco gibt es mittlerweile sogar mindestens drei Musicals, und da ist ja die Songauswahl eigentlich nicht sehr groß, weil neben den bekannten Meisterstücken gibt es ja doch nicht wenige äußerst schwachmatische Falco-Nummern, das muss man auch einmal ganz ehrlich sagen. Weil der Falco hat für jeden Kommissar und jedes Vienna Calling auch drei Mal ganz tief in den Gatsch gegriffen. Ich kann es ja überhaupt nicht verputzen, wenn irgendwelche Würstel, die selbst noch nichts geleistet haben, eine Ikone wie den Falco anbrunzen, weil mit was für einer Berechtigung keifen solche Straßenköter den Mond an – aber von Mond zu Mond darf das auch einmal erlaubt sein.
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