Der neue Landdoktor Box 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980641
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du mir deine Handynummer gibst, schicke ich dir ein Foto.«

      »Ja, gern«, sagte sie und gab ihm ihre Telefonnummer, bevor sie beide auflegten. »Du siehst wirklich aus wie ein kleiner Kämpfer.« Anna musste lächeln, als sie das Foto des kleinen flauschigen Hundes mit den schwarzen Augen und den stämmigen Beinchen betrachtete.

      Sie stellte sich vor, wie Sebastian mit dem Welpen über die Wiesen lief, und das war ein ganz rührendes Bild. Bevor sie sich wieder an ihre Arbeit machte, speicherte sie erst einmal Sebastians Handynummer auf ihrem Festnetz und auf ihrem Handy unter seinem Namen. Wenn er das nächste Mal anrief, würde sie gleich wissen, dass er es war.

      Eine Stunde, bevor er sie abholen wollte, zog sie das weiße Kleid mit dem zarten Rosenmuster und den schmalen Trägern an, dazu die Schuhe mit den roten Riemchen und dem Korkabsatz. Sie betonte ihre grünen Augen mit einem schwarzen Kajalstift, nur ganz wenig, sodass es kaum auffiel, benutzte einen zartrosa Lippenstift und ließ ihr hellbraunes Haar offen.

      Als sie kurz vor zwei Uhr das Haus verließ, hielt der Geländewagen mit Sebastian am Steuer vor der Apotheke an, und Sebastian stieg aus. Obwohl sie sich vorgenommen hatte, ganz ruhig zu bleiben, so als ginge sie zu einer geschäftlichen Verabredung, konnte sie das Kribbeln in der Magengrube, das sie bei seinem Anblick überfiel, nicht ganz unterdrücken.

      Er sah unglaublich elegant aus, in der hellen Hose, dem hellen Hemd und der dunklen Seidenweste.

      »Hallo, Anna, Bastian hat eine gute Wahl getroffen«, sagte er und hielt ihr die Beifahrertür auf.

      »Was hat er sich ausgesucht?«

      »Eine bildhübsche Patentante«, antwortete er und betrachtete sie mit einem bewundernden Lächeln.

      »Ich glaube, dem Kleinen ist mein Aussehen noch herzlich egal«, entgegnete sie und wich seinem Blick aus.

      »Vielleicht, aber deshalb ist es trotzdem wahr«, sagte er und streifte sie mit einem kurzen Blick, bevor er die Wagentür hinter ihr schloss.

      »Wir sollten noch Blumen für Sabine besorgen, und für Bastian müssten wir uns ein ordentliches Geschenk einfallen lassen«, nahm Anna das Gespräch gleich wieder auf, nachdem er um den Wagen herumgelaufen war und sich hinter das Steuer setzte. Sie wollte über das, was er gerade gesagt hatte, nicht weiter nachdenken. Er hatte ihr nur ein Kompliment gemacht.

      »Wir könnten nach dem Besuch im Krankenhaus darüber nachdenken. Wie wäre es, wenn du mit zu mir kommst? Du könntest zum Abendessen bleiben.«

      »Ob Traudel das gefällt? Der Sonntag ist ihr Familientag.«

      »Ich denke, das kann ich in deinem Fall verantworten«, entgegnete er lächelnd.

      *

      Die Klinik, die für Bergmoosbach zuständig war, war die Uniklinik Kempten. Ein moderner Bau vor der malerischen Kulisse der Alpen. Mit großer Mühe ergatterten sie einen Parkplatz und schlossen sich den anderen Besuchern an, die auf den Eingang zuströmten. Sebastian trug den Strauß gelber Rosen, die sie unterwegs gekauft hatten, und Anna die Karte mit den Glückwünschen zur Geburt, die sie beide unterschrieben hatten.

      Nachdem sie herausgefunden hatten, in welchem Zimmer Sabine lag, stiegen sie in den Aufzug und fuhren in die Geburtsstation hinauf. Sabine lag allein in einem hellen Zweibettzimmer mit Blick auf die Alpen. Das Gitterbettchen mit Bastian stand neben ihr.

      »Hallo, Sabine, wie geht es dir?«, fragte Anna, als sie und Sebastian das Zimmer betraten.

      »Gut, die Ärztin meint, ich kann in zwei Tagen nach Hause, wenn ich ihr verspreche, dass ich mich noch schone«, antwortete Sabine, die noch ein wenig blass um die Nase war.

      »Daran solltest du dich auch halten«, sagte Sebastian, der eine leere Vase, die auf dem Fensterbrett stand, mit Wasser füllte und die Rosen hineinstellte.

      »Wir haben vier Kinder und die Arbeit auf dem Hof. Ich kann Anton nicht alles allein überlassen, jetzt erst recht nicht. Vielen Dank, die sind wunderschön«, sagte sie und schaute auf die Rosen, die Sebastian auf den Tisch am Fußende ihres Betts gestellt hatte.

      »Was heißt jetzt erst recht nicht?«, hakte Anna nach.

      »Wollt ihr euch nicht zuerst einmal euer Patenkind ansehen?«, lenkte Sabine die Aufmerksamkeit der beiden auf den Jungen, der mit rosigen Bäckchen in seinem Bettchen lag und schlief.

      »Er ist ein Prachtbursche«, stellte Anna fest und streichelte dem Baby sanft über den Bauch.

      »Das hat er heute Nacht schon bewiesen, er hat es uns ganz leicht gemacht«, sagte Sebastian.

      »Ich bin so froh, dass ihr bei uns wart, und ich kann nicht einmal…«

      »Was kannst du nicht?«, wollte Anna wissen, als Sabine innehielt. Sie setzte sich auf den Stuhl neben ihr Bett, während Sebastian sich den zweiten Stuhl holte, der vor dem leeren Bett stand.

      »Was soll das denn?«, fragte er erstaunt, als er den Stuhl hinstellte und aus Versehen einen Brief herunterschubste, der auf Sabines Nachttisch lag. Es war die Rechnung für den Hubschraubereinsatz der letzten Nacht.

      »Sie haben sie heute Vormittag vorbeigebracht«, antwortete Sabine und wich seinem Blick aus.

      »Damit du sie an die Krankenkasse weiterleitest? Warum tun sie das nicht selbst, sie haben doch sicher deine Versicherungsdaten.«

      »Das wollte ich euch doch gerade sagen. Wir haben keine Krankenversicherung mehr«, gestand Sabine ihnen nun ein, und die Tränen liefen ihr über das Gesicht.

      »Seit wann seid ihr nicht mehr versichert?«

      »Seit drei Monaten.«

      »Was ist passiert?«, fragte Sebastian mitfühlend.

      »Wir hatten zwei schlechte Ernten, die Heizung im Haus musste erneuert werden, das Scheunendach ist undicht, die Wasserleitungen müssen ausgetauscht werden. Das Haus ist alt, und wir haben die Reparaturen viel zu lange hinausgezögert, hinauszögern müssen.«

      »Warum habt ihr euch keine Hilfe geholt? Euch steht doch sicher irgendeine Form der Unterstützung zu.« Sebastian schaute zu Anna, weil sich diese Art der Hilfe von der in Kanada sicher unterschied und er sich damit noch nicht auskannte.

      »Natürlich haben sie Anspruch auf Hilfe«, stimmte Anna ihm zu.

      »Anton möchte aber keine Hilfe, er geht nicht betteln, sagt er. Er schämt sich, weil es ihm nicht gelingt, uns gut zu versorgen. Aber er wird eure Rechnungen und die vom Krankenhaus bezahlen, hat er gesagt. Er wird niemandem etwas schuldig bleiben, und wenn er Tag und Nacht dafür arbeiten muss. Wisst ihr, ich habe solche Angst um ihn, er ist doch auch nicht gesund.«

      »Was ist mit ihm?«, wollte Sebastian wissen.

      »Er denkt, ich merke es nicht, aber er muss fürchterliche Rückenschmerzen haben, manchmal bricht ihm regelrecht der Schweiß aus.«

      »Schicke ihn zu mir, Sabine, ich sehe mir das mal an.«

      »Er wird nicht kommen.«

      »Ich werde ihm keine Rechnung stellen.«

      »Das lässt sein Stolz aber nicht zu.«

      »Hör zu, Sabine, Bergmoosbach ist zu klein, um eure Lage auf Dauer geheim zu halten. Ich bin sicher, dass es einige Leute gibt, die euch gern helfen würden. Von sich aus, ganz unbürokratisch.«

      »Ich denke auch, es wäre besser, offen­ zu den Leuten zu sein, aber Anton will nun einmal nicht, dass die Leute im Dorf von unserer Lage erfahren.«

      »Dann versuche, Anton wenigstens zu bewegen, dass er sich von mir untersuchen lässt. Wie soll es denn bei euch weitergehen, wenn er vielleicht ganz ausfällt?«

      »Du hast ja recht.«

      »Schon gut, ich lasse mir etwas einfallen«, beruhigte er sie, als sie erneut mit den Tränen kämpfte.

      »Das Geld fehlt halt an allen Ecken und Enden«, seufzte Sabine.

      »Hallo,