Der neue Landdoktor Box 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980641
Скачать книгу

      »Dann sollten wir uns Miriam schnappen und sie direkt fragen, ob sie etwas abzugeben hat. Wenn sie Bescheid weiß, wird sie es uns wissen lassen und es so drehen, als sei es ihre Idee gewesen, um sich dann bei passender Gelegenheit damit zu brüsten.«

      »Du hast sie schon gut durchschaut.«

      »Ich durchschaue alle Frauen, die hinter Papa her sind.«

      »Du meinst, du musst ihn vor einer falschen Entscheidung beschützen, richtig?«

      »Wer verliebt ist, der kann nicht klar denken, deshalb muss ich das übernehmen.«

      »Du meinst, er ist in Miriam verliebt?«

      »Keine Ahnung. Wenn es so ist, dann ist es ihm nicht bewusst.« Emilia trank einen Schluck Wasser und fing Annas Blick auf. »Kannst du noch klar denken, was ihn betrifft?«

      »Ich kenne deinen Vater erst ein paar Tage.«

      »Um sich zu verlieben, genügt eine Sekunde.«

      »Du kennst dich aus«, antwortete Anna lachend.

      »Ich bin vierzehn, kein Kind mehr. Ich weiß, dass mein Vater sich eines Tages wieder verlieben wird. Ich wünsche ihm, dass es so kommt, auch wenn es für mich nicht leicht sein wird, ihn mit einer anderen Frau zu sehen. Noch vor ein paar Wochen hat mich dieser Gedanke richtig geschockt.«

      »Was hat deine Meinung geändert?«

      »Opa. Er lebt zwar beziehungsmäßig gesehen allein, aber er ist nicht einsam. Er hat Traudel, die alles für ihn tut, weil sie in ihn verliebt ist, was jeder sehen kann, der sie beobachtet. Papa hat aber keine Traudel, und ich werde eines Tages fortgehen. Ich möchte auf keinen Fall, dass Papa ein einsamer komischer Kauz wird, der sich einen Papagei anschaffen muss, um jemanden zum Reden zu haben.«

      »Ich glaube nicht, dass er so enden wird.«

      »Nein, ich auch nicht, dazu erregt er zu viel Aufmerksamkeit, aber ich denke, noch ist er nicht soweit, um sich auf eine neue Beziehung einzulassen. Er braucht noch ein bisschen Zeit.«

      »Genau wie du«, sagte Anna und streichelte über Emilias Schulter. »Und jetzt machen wir uns auf den Weg zu Miriam.«

      »Unbedingt«, antwortete Emilia unternehmungslustig.

      *

      Das Sägewerk lag am Ortsrand von Bergmoosbach, dort wo der Bach, der aus den Bergen herunterkam, das Dorf teilte und einsame Wiesen sich ausbreiteten. Obwohl eine Lärmschutzwand das gesamte Gelände umgab, war das Kreischen der Sägen schon von weitem zu hören.

      Emilia hielt Nolan an der kurzen Leine, als sie den Hof des Sägewerks betraten. Vor den beiden Hallen, in denen die Verarbeitung stattfand, wurde das Holz gelagert, vom frisch geschlagenen Baumstamm bis zu bereits fertig zugeschnittenem für Wände und Dachkonstruktionen. Der Geruch des Holzes regte die Neugierde des kleinen Hundes an, und er zog kräftig an der Leine, um sich den Stapeln nähern zu können.

      »Nimm ihn lieber hoch«, sagte Anna, als ein Gabelstapler aus einer Halle herausbrauste und ein mit Holz beladener Lastwagen in den Hof fuhr.

      Emilia zögerte nicht lange. Sie hob den Kleinen hoch, der seine Ohren ständig in eine andere Richtung drehte, um all die neuen Geräusche einzuordnen.

      »Wo finden wir Miriam Holzer?!«, rief Anna dem Mann auf dem Gabelstapler zu, der einen grünen Overall mit dem Aufdruck Sägewerk Holzer trug.

      »Was?!«

      »Miriam?!«, schrie Emilia.

      »Büro!« Der Mann deutete auf den Bungalow am Ende des Hofs.

      »Schallschutzfenster und Klimaanlage«, stellte Emilia fest, als sie den Bungalow betraten.

      Auch Anna war zum ersten Mal im Büro der Holzers und sie staunte über die edle Einrichtung. Der Boden mit schwarzen Granitplatten ausgelegt, silberfarbene Tapeten, Schreibtische und Regale aus schwerem Kiefernholz, eine Sitzgruppe mit einem bequemen Sofa und überall Grünpflanzen in Terrakottakübeln.

      Die beiden jungen Mädchen, die auf ihre Computermonitore sahen, blickten kurz hoch, als Anna und Emilia hereinkamen, wandten sich aber gleich wieder ihrer Arbeit zu. Sie überließen es Harald Baumann, der ein wenig abseits von ihnen an einem Schreibtisch saß, sich um die Besucher zu kümmern.

      »Guten Tag, um was geht es?«, fragte er und sah Anna an.

      »Wir möchten mit Miriam sprechen«, antwortete sie und schaute auf die Tür, die zu einem weiteren Raum führte.

      »Haben Sie einen Termin?«

      »Nein, aber wir möchten trotzdem zu ihr.«

      »Sie hat aber leider keine Zeit.«

      »Sagen Sie ihr, dass Emilia Seefeld sie sprechen möchte«, mischte sich Emilia ein.

      »Ich weiß, wer du bist«, entgegnete Harald grinsend.

      »Gut, dann wissen Sie auch, dass sie mich empfangen wird.«

      »Würdest du den Hund zur Ruhe bringen«, forderte er sie auf, als Nolan plötzlich bellte, weil Miriam die Tür zu ihrem Büro öffnete.

      »Kommt rein.« Miriam hatte die beiden bereits im Hof gesehen und war gespannt, was sie von ihr wollten.

      Der Schreibtisch in ihrem Büro war größer als die der anderen, und sie residierte auf einem wuchtigen weißen Lederstuhl.

      »Das ist wohl die Überraschung, von der du neulich gesprochen hast«, stellte sie fest und schaute auf den Welpen, den Emilia im Arm hielt.

      »Richtig, es ging um Familienzuwachs, das ist eine Familienangelegenheit, damit hat sonst niemand etwas zu tun, wenn man von Hebammen einmal absieht«, fügte Emilia mit einem herausfordernden Lächeln hinzu.

      »Nehmt Platz, warum wollt ihr mich sprechen?«, fragte Miriam und überhörte Emilias offene Parteinahme für Anna.

      »Du könntest etwas Gutes tun, Miriam. Ihr habt doch sicher hin und wieder Holz übrig, ich meine, so eine Art Verschnitt, der sich nicht mehr verkaufen lässt.«

      »Verkaufen lässt sich alles, meine liebe Anna, und wenn es als Brennholz für Kamine und Öfen weggeht.«

      »Es geht um Holz, das sich zur Reparatur für Scheunen eignet.«

      »Sprechen wir vom Mittnerhof?«

      »Könnte sein.«

      »Keine Sorge, du verrätst mir kein Geheimnis. Anton hat vor ein paar Monaten Holz bei uns bestellt und dann wieder abbestellt. Als ich gestern im Krankenhaus zufällig mitbekam, was Sabine zu euch gesagt hat, dass das Geld an allen Ecken fehlt, war mir klar, dass sie in Not sind.«

      »Wirst du ihnen helfen?«, fragte Anna nun ganz direkt.

      »Glaube bloß nicht, dass du das Gutmenschentum für dich allein gepachtet hast. Ich hatte längst vor, ihnen zu helfen. Die Lieferung liegt schon bereit. Sobald Sabine aus dem Krankenhaus entlassen wird, lasse ich ihr das Holz bringen, vorher kommt Anton wegen der Kinder ohnehin nicht dazu, seine Reparaturen anzugehen.«

      »Danke, Miriam.«

      »Wie gesagt, es hätte deiner Bitte gar nicht erst bedurft.«

      »Ich wusste gar nicht, dass diese Art von Güte in dir steckt«, entgegnete Emilia und erhob sich von ihrem Stuhl, nachdem auch Anna aufgestanden war.

      »Du kennst mich eben noch nicht. Grüße deinen Vater von mir, Kind.«

      »Ja, mache ich«, antwortete Emilia, ohne richtig hinzuhören, weil sie bereits zur Tür heraus war.

      »Skrupel hast du wohl keine«, fuhr Miriam Anna an, die Emilia folgen wollte.

      »Was bitte meinst du?«, erkundigte sich Anna verblüfft.

      »Du nutzt seine Tochter aus, um dich an ihn heranzumachen.«

      »Lass stecken, Miriam, ich lasse mich nicht benutzen, ich