Der neue Landdoktor Box 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980641
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ich bin bei dir in guten Händen«, sagte Sabine mit schwacher Stimme und versuchte ein Lächeln.

      »Es geht alles gut, das verspreche ich dir.« Er schaute sie noch einmal voller Zuversicht an, bevor er ihr die Narkosespritze setzte.

      »Das Telefon funktioniert wieder, Anton versucht die Rettungsleitstelle zu erreichen. Trotzdem war das eben ein riskantes Versprechen«, flüsterte Anna, als Sabine eingeschlafen war.

      »Ich werde es halten.« Wenn du dich einmal entschieden hast, einen lebensrettenden Eingriff durchzuführen, dann darfst du keine Sekunde an dieser Entscheidung zweifeln, sonst habt ihr beide verloren, dein Patient und du. Das war der erste Satz, den er von seinem Vater nach seinem bestanden Examen gehört hatte. Es war ein guter Ratschlag.

      »Die Herztöne des Kindes werden wieder schwächer.« Anna, die genau wie Sebastian Handschuhe und Mundschutz trug, überwachte den Zustand des Kindes, während er sich auf den Eingriff vorbereitete.

      Sebastian nahm zwar wahr, was sie sagte, aber er konnte nicht darüber nachdenken, es gab ohnehin kein Zurück mehr. So wie er es gelernt hatte, setzte er den Schnitt an, ganz ruhig, ohne das geringste Zittern oder Zögern.

      »Da ist es«, flüsterte Anna er­leichtert, als sie den Kopf des Kindes sah.

      »Gleich hast du es geschafft«, sagte Sebastian und kurz darauf holte er den kleinen Jungen ins Leben.

      Bevor Anna das Kind übernahm, tupfte sie Sebastian den Schweiß von der Stirn, und sie sah die Erleichterung in seinen Augen. Sie sind grau, grau wie heller Granit, dachte sie und nahm das Kind entgegen, das laut aufschrie, nachdem Sebastian die Nabelschnur durchtrennt hatte. Sie legte den Jungen auf ein sauberes Kissen, das auf dem Bett lag, und versorgte ihn, während Sebastian Sabines Operationswunde schloss.

      »Was ist mit dem Kind?«, fragte er, ohne aufzuschauen.

      »Die Herztöne sind im Normbereich, Fieber hat er auch keines.«

      »Gut.«

      »Das ist alles, was Sie dazu sagen? Gut?«

      »Verzeihung, aber ich gebe mir gerade große Mühe, dass Sabine mich nicht für meine Nähkunst hasst.«

      »Ich denke, Sie muss sich keine Sorgen machen«, versicherte ihm Anna, nachdem sie ihm über die Schulter geschaut hatte.

      »Danke.« Sebastian konnte sich noch nicht wirklich entspannen. Erst wenn Mutter und Kind auf dem Weg ins Krankenhaus waren, konnte er die Verantwortung für sie abgeben.

      Wenig später kam Sabine wieder zu sich. Er hatte die Narkose so knapp wie möglich bemessen, um sie und das Kind nicht zusätzlich zu schwächen.

      »Ist alles gut gegangen?«, fragte sie.

      »Ja, Sabine, das ist es. Du hast einen kleinen Jungen.« Behutsam berührte er ihre Stirn. Das Fieber war gesunken, was ihm auch das Thermometer gleich bestätigte.

      »Dann müssen wir nicht ins Krankenhaus?«

      »Doch, ich möchte, dass ihr euch gründlich untersuchen lasst, damit wir sicher sein können, dass alles in Ordnung ist.«

      »Aber es geht uns doch gut. Oder nicht?«

      »Bitte, Sabine, ich bestehe darauf.«

      »Waren der Kleine und ich schlecht dran? Sag mir die Wahrheit, Sebastian.«

      Aus denAugenwinkeln heraus sah er, dass Anna ihn beobachtete.

      »Es sah nicht gut aus.« Einem Patienten vor einem notwendigen Eingriff Mut zu machen, bedeutete, seine Lage weniger dramatisch darzustellen, als sie in Wirklichkeit war. Wenn alles überstanden war, kam die Stunde der Wahrheit.

      »Das heißt, ihr beide habt uns das Leben gerettet.«

      »Nachdem ich die Fahrt auf dem Traktor mit Anton überstanden hatte, war alles andere ganz leicht«, entgegnete Sebastian lächelnd.

      »Er hat dich mit dem Traktor geholt?«, wunderte sich Sabine.

      »Offensichtlich hast du einiges verpasst.«

      »Darf ich mein Kind sehen?«

      »Aber ja.« Anna hatte den kleinen Jungen inzwischen gewaschen, gewickelt und ihm einen grünen Strampelanzug angezogen, der schon ein bisschen abgetragen war.

      »Hallo, kleiner Mann.« Sebastian betrachtete das Neugeborene, das gesunde rosige Haut hatte und tiefschwarze Haare.

      »Er heißt Bastian«, verkündete Sabine, als Anna ihr das Kind in die Arme legte. »Ich wünsche mir, dass ihr die Paten von Bastian werdet«, sagte sie und sah ihre beiden Retter an.

      »Sehr gern.« Obwohl Anna schon vielen Babys auf die Welt geholfen hatte, eine Patenschaft hatte ihr noch nie jemand angeboten.

      »Bastians Geburt war die erste, die ich in Bergmoosbach erlebt habe, ich werde gern sein Pate«, erklärte sich auch Sebastian einverstanden. »Komm rein!«, rief er, als es vorsichtig an der Tür klopfte.

      »Der Hubschrauber ist gleich da.« Anton, der nun ein sauberes Hemd und eine saubere Hose trug, betrat das Zimmer.

      »Ich gratuliere dir zu deinem Sohn«, sagte Sebastian.

      »Ich gratuliere auch«, schloss sich Anna an. »Dein Sohn wird sicher ein kleiner Abenteurer werden, kaum auf der Welt, unternimmt er bereits einen Ausflug mit einem Hubschrauber.«

      »Vielleicht wird er Pilot«, sagte Anton und betrachtete das Neugeborene in den Armen seiner Frau.

      »Begleitest du uns, Anton?«, fragte Sabine, als sie den Hubschrauber hörten, der schnell näherkam.

      »Ja, das mache ich. Ich sage Markus Bescheid, dass er sich um die Kleinen kümmert.«

      Ein paar Minuten später war der Hubschrauber gelandet. Während Sebastian den Notarzt, der zur Besatzung gehörte, über den Verlauf des Eingriffs informierte, packten die Sanitäter Mutter und Kind auf eine Liege und trugen sie mit viel Geschick durch das enge Treppenhaus. Kurz darauf hob der Hubschrauber wieder ab, und Anton, der noch nie zuvor geflogen war, schaute ein wenig verängstigt aus dem Fenster.

      »Was kostet denn so ein Transport?«, fragte Markus, ein hoch aufgeschossener Teenager mit weißblondem Haar und schmalem Gesicht.

      Er und die sechsjährigen Zwillinge Senta und Benjamin, beide ebenso blond wie ihr großer Bruder, standen in der Haustür und sahen dem Hubschrauber nach.

      »Das kommt auf die Dauer des Einsatzes an«, sagte Sebastian. Er und Anna hatten ihre Sachen inzwischen gepackt und wollten sich nun auf den Nachhauseweg machen.

      »Mehr als 500 Euro?«

      »Um einiges mehr, aber du musst dir darüber keine Gedanken machen. Der Einsatz war unabdingbar, deshalb wird die Krankenkasse die Kosten übernehmen.«

      »Hm«, murmelte Markus und schaute zu Boden.

      »Wann kommt unsere Mama mit unserem Bruder wieder nach Hause?«, wollte Senta wissen.

      »In ein paar Tagen, mein Schatz«, antwortete Anna dem Kind.

      »Dann haben wir ja noch ein bisschen Ruhe, bevor das Babygeschrei anfängt.«

      »So laut wie du und Benjamin ist der Kleine bestimmt nicht, und jetzt gehen wir schlafen, ihr Zwerge.« Markus nahm seine Geschwister an die Hand und trat zur Seite, damit Sebastian und Anna das Haus verlassen konnten.

      »Du schaffst das mit deinen Geschwistern?«, fragte Anna, als sie ihr Fahrrad nach draußen schob.

      »Sie sind nicht so frech, wie sie tun«, antwortete er lächelnd.

      »Na dann, gute Nacht, Markus.«

      »Gute Nacht, Frau Bergmann, gute Nacht, Herr Doktor Seefeld«, sagte er und schloss die Haustür.

      »Und wir beide haben nun einen Gang durch die Nacht vor uns«, sagte Sebastian und sah auf den aufgeweichten Feldweg, der nach Bergmoosbach zurückführte.

      »So