Woraufhin der 1. Zug von Kp A von demjenigen Fahnenjunker, den man für den wahrscheinlichsten Kandidaten für die Aufgabe des J. U. O. ansah (einen vormaligen Stabsgefreiten der Militärpolizei), in Marsch gesetzt wurde – und der Rest ließ sich auf den Verandas nieder, um zu warten.
»Dafür, dass wir jetzt hier herumsitzen, hätten sie uns nicht so früh aus den Betten holen müssen«, sagte Alister verärgert.
»Hier im Orient«, sagte Peter, »muss jeder früh aufstehen. Es ist ungesund, im Bett liegen zu bleiben.«
»Und wenigstens«, sagte Barry, »können wir hier zusammen rumsitzen.«
Denn so hatte es sich zum Glück ergeben. Bei der Einteilung der Fahnenjunker in Züge war man zum Teil alphabetisch und zum Teil snobistisch vorgegangen, so dass diejenigen, die von Privatschulen kamen und besseren Regimentern angehörten, strikt von ihren weniger begünstigten Kameraden getrennt wurden, weil Brigadegeneral P. de G. Manwood (ungeachtet der offiziellen, genau gegenteilig lautenden Devise) der Meinung war, dass man sich untereinander am wohlsten fühle, wenn man von Menschen mit demselben gesellschaftlichen Hintergrund umgeben sei. Doch bestand auch das Bedürfnis, sich in dieser Angelegenheit zumindest auf dem Papier zu der offiziellen Doktrin zu bekennen, und so war man zu einem wohlüberlegten Kompromiss gelangt, wonach jeder Zug gesellschaftlich eine homogene Einheit bildete, jede Kompanie jedoch, insgesamt betrachtet, eine bunte gesellschaftliche Mischung darstellte – Kp A beispielsweise bestand demnach aus einem Zug mit jungen Männern aus der Oberschicht, einem anderen mit jungen Männern aus nicht so angesehenen Privatschulen und einem mit … was Alister »Proleten« nannte. (Das war der, der eben, angeführt von dem ehemaligen Polizisten, losmarschiert war.) Nun, Peter Morrison, Alister Mortleman, Lord Muscateer und Barry Strange gehörten alle einem alphabetischen Block aus der Oberschicht und der gehobenen Mittelschicht an, die den 2. Zg von Kp C bildete; und so kam es, dass sie, während sie in der Tat das Vergnügen genossen, gemeinsam herumzusitzen, wie Barry gesagt hatte, zudem sehr lange miteinander herumsaßen, weil der 2. Zg der Kp C zwar nicht gesellschaftlich, aber numerisch gesehen ganz hinten stand. Sie saßen tatsächlich immer noch miteinander herum, als ihr Mittagessen (oder genauer gesagt die Lieferung eines indischen Henkelmanns) schon über zwei Stunden zurücklag.
»Ich dachte immer«, sagte Barry, »dass in Indien alle ein Mittagsschläfchen machen.«
»Das wurde 1941 abgeschafft«, erklärte Peter ihm. »Damit wurde zu viel wertvolle Zeit verschenkt, die man für die Ausbildung nutzen konnte.«
»Natürlich. Deshalb stehen wir auch so früh auf – damit wir den wertvollen Teil unserer Ausbildung absolvieren, bevor es zu heiß wird.«
»Hier oben wird es nie zu heiß. Wir befinden uns hier in Klimazone I.«
»Und deswegen meinen die, sie können beides machen«, grummelte Alister, »uns beim ersten Geierfurz wecken und uns den ganzen Nachmittag lang schinden.«
»Offiziere«, erinnerte ihn Peter, »müssen bereit sein, sehr lang am Stück zu arbeiten. Wenn in jemandem ein Gewerkschaftlerherz schlägt, ist er hier fehl am Platz.«
»Außerdem«, sagte Muscateer, der gerne herumsaß, »kannst du nicht behaupten, dass sie uns jetzt gerade besonders schinden.«
»Mich wundert aber schon, dass sie sich nicht irgendetwas Sinnvolles ausgedacht haben, was wir tun könnten«, sagte Peter. »Ich habe keinen Offizier mehr gesehen, seit wir letzte Nacht am Bahnhof angekommen sind.«
(Was Peter jedoch nicht wusste, war, dass alle Offiziere der OS, nachdem eine dringliche Anweisung aus Delhi eingetroffen war, an einer von Brigadegeneral Manwood einberufenen Sonderbesprechung teilnahmen, um die Modernisierung der Ausbildungsinhalte zu besprechen – ob beispielsweise den Offiziersanwärtern die Handhabung des Stocks einexerziert werden sollten oder nicht.)
»Ich frage mich«, sagte Barry, »was für einen Offizier unser Zug wohl bekommt.«
»Auf jeden Fall einen von der Indischen Armee«, sagte Alister.
»Macht das irgendeinen Unterschied?«
»Einer meiner Urgroßväter war bei der Coldstream-Garde«, sagte Muscateer, »und der musste in die Indische Armee wechseln, nachdem es irgendwelche Unannehmlichkeiten gegeben hatte wegen der Ehefrau eines anderen. Normalerweise wurde man nach solchen Streitigkeiten bloß in ein Linienregiment versetzt, damit man aus London raus war. Aber mein Urgroßvater war so ein schlimmer Kerl, dass sie ihn hierhergeschickt haben. Na, klärt das die wichtigsten Fragen?«
»Und was ist dann mit ihm passiert?«
»Er ist in ein Duell geraten, mit einem Radscha. Auf Elefanten. Aber tags darauf wurde bekannt, dass ihm als Erbe der Titel zugefallen war, also wurde das schnell vertuscht. Er hat hinterher immer wieder gesagt, dass die Offiziere der Indischen Armee die schlimmsten Stiefellecker überhaupt sind, wenn man adelig ist. – Aber ein paar von euch haben sich ja die Indische Armee ausgesucht, oder? Tut mir leid und so.«
»Ich bin Offiziersanwärter für die Indische Armee«, sagte Peter. »Aber der Mann, der uns in Kalyan besucht hat, hat mir wenig Hoffnung gemacht.«
»Ich hoffe ja auf die Rifle Brigade«, sagte Alister und zeigte mit einigem Eifer auf sein Mützenabzeichen.
»Und ich gehe zu den Wessex Fusiliers«, sagte Barry stolz. »Da waren schon meine Brüder, wisst ihr?«
»Ja. Verstehe«, sagte Muscateer.
»Zu welchem Regiment gehst du denn, Muscateer?« – das kam von Alister.
»Ich hab es bisher immer mit meinem heimatlichen Haufen gehalten – den Wiltshires.«
»Ich hätte gedacht, jemand wie du geht zur Garde.«
»Da war man von uns seit Urgroßvaters kleiner Affäre nicht mehr sehr angetan. Und mein alter Herr sagt sowieso, ein Mann sollte an der Seite seiner Landsleute stehen. Er sagt, dass die Kerls, die am meisten taugen, das immer schon so gemacht haben, und dass eure vornehmen Regimenter in London bloß ein Haufen Kleinkrämer sind, die andern mit ihrer warmen Lanze gern im Abflussrohr rumstochern.«
»Ziemlich derb, oder?«
»Mein alter Herr drückt sich gern drastisch aus«, sagte Muscateer mit einem trägen, liebevollen Lächeln. »Da kommt der nette Stabsfeldwebel. Ich glaube, jetzt sind wir endlich dran.«
In der Kleiderkammer teilte man jedem von ihnen zu und verlangte dafür eine Unterschrift: fünf neue Khaki-Drillich-Garnituren, deren Stoff von deutlich schlechterer Qualität war als bei den vorherigen; einen Fliegenwedel; ein Fahrrad; drei Paar Pyjamas aus grobem Flanellstoff (ob man sie wollte oder nicht); zehn Paar kurze weiße Unterhosen der Art, die beim Pinkeln nur schwer zu handhaben waren und von denen man Leistenflechte bekam; einen Tropenhut; ein Zelt; ein Feldbett; einen Feld-Waschstand; eine Feldflasche aus Leder zum Umhängen; eine Bibel und ein Gebetbuch (um eine Beerdigungszeremonie abhalten zu können, falls kein Kirchenvertreter verfügbar war) sowie einen Rohrstock. Sie erhielten zudem, wie der mütterliche Stabsfeldwebel angekündigt hatte, je eine schwarze Transportkiste aus Metall, in die alles hineinpasste außer dem Fahrrad. Aus irgendeinem Grund, der ihnen nicht recht klar wurde, mussten sie für all dies selbst zahlen, so der Heereslieferant, und zwar in Raten, die ihnen in den folgenden sechs Monaten vom Sold abgezogen würden (der fortan etwa dem eines Unteroffiziers entsprach). Als alles in Augenschein genommen und verstaut