Die Besatzung derselben bestand aus einem Obersteuermann, sechs Matrosen, einem Koch und einem Schiffsjungen — Moko, einem Neger von zwölf Jahren, dessen Familie bei einem Ansiedler von Neuseeland schon lange Zeit in Diensten stand. Wir dürfen auch nicht vergessen, einen schönen Jagdhund von amerikanischer Rasse, Phann, zu erwähnen, der Gordon angehörte und seinen Herrn niemals verließ.
Als Abfahrtstag war der 15. Februar bestimmt worden. Inzwischen lag der »Sloughi«, von seinen Sorrtauen2 am Hinterteil gehalten, am äußersten Ende des Commercial-Pier und folglich ganz nahe der Seeseite des Hafens.
Die Besatzung befand sich nicht an Bord, als die jungen Passagiere sich am Abend des 14. Februar einschifften. Kapitän Garnett sollte erst eintreffen, wenn das Schiff die Fahrt antrat. Nur der Obersteuermann und der Schiffsjunge empfingen Gordon und seine Kameraden, da die übrige Mannschaft noch an Land bei einem letzten Glas Whisky saß. Nachdem alle untergebracht und ihnen die Lagerstätten angewiesen waren, suchte auch der Obersteuermann die übrigen Leute noch einmal in der Schänke am Hafen auf, wo er sich der unverzeihlichen Nachlässigkeit schuldig machte, bis zur späten Nachtstunde zu verweilen. Der Schiffsjunge hatte sich bereits im Volkslogis zum Schlafen niedergelegt.
Was nun inzwischen vorging, das wird wohl niemals aufgeklärt werden. Sicher ist nur das, dass die Sorrtaue sich entweder zufällig lösten oder freventlich von dritter Hand gelöst wurden, ohne dass an Bord jemand etwas davon bemerkte.
Tiefdunkle Nacht verhüllte den Hafen und den Golf Hauraki. Vom Land her wehte ein ziemlich starker Wind, und der Schoner, den gleichzeitig die rückströmende Ebbe mit fortzog, wurde nach der offenen See hinausgetrieben.
Als der Schiffsjunge erwachte, schaukelte der Schoner, als werde er von hohlem Seegange umhergeworfen, eine Bewegung, welche mit der durch die gewöhnliche Brandung veranlassten gar nicht zu verwechseln war. Moko sprang eiligst nach dem Deck hinauf … Die Yacht war im Abtreiben …
Auf den lauten Ruf des Schiffsjungen verließen Gordon, Briant, Doniphan nebst einigen anderen ihre Lagerstätten und stürmten die Treppe hinauf. Vergeblich riefen sie um Hilfe! Sie erblickten nicht einmal mehr ein einziges Licht von der Stadt oder dem Hafen. Der Schoner befand sich schon in der Mitte des Golfes, gegen drei Meilen vom Ufer.
Anfänglich versuchten die Knaben, auf den auch vom Schiffsjungen gebilligten Rat Briants hin, ein Segel beizusetzen, um durch Kreuzen nach dem Hafen zurückzugelangen; zu schwer aber, um von ihnen in die passende Lage gebracht zu werden, hatte dieses Segel keine andere Wirkung, als dass es sie durch den Westwind, den es abfing, noch weiter hinaustrieb. Der »Sloughi« umschiffte dabei das Kap Golville, glitt durch die Meerenge, welche dieses von der Insel der großen Barre trennt, und befand sich bald mehrere Meilen von Neuseeland.
Der Ernst dieser Lage ist gewiss leicht zu durchschauen. Briant und seine Gefährten konnten auf Hilfe vom Lande her nicht mehr rechnen. Wenn selbst ein Schiff vom Hafen auslief, sie aufzuspüren, so mussten im günstigsten Fall mehrere Stunden vergehen, ehe es sie einholte — angenommen, dass es überhaupt möglich war, den Schoner bei der tiefen Finsternis zu entdecken. Graute erst wieder der Tag, wie hätte jemand ein so kleines, im offenen Meere verirrtes Fahrzeug wahrnehmen können? Und wie sollte es diesen Kindern gelingen, sich mit eigener Anstrengung aus dieser schlimmen Lage zu befreien? Schlug der Wind nicht bald um, so mussten sie darauf verzichten, das Land wieder erreichen zu können.
Freilich blieb auch die Möglichkeit übrig, einem Schiff auf dem Wege nach einem der Häfen Neuseelands zu begegnen. Trotz der Unwahrscheinlichkeit eines so glücklichen Zufalles beeilte sich Moko doch, eine angezündete Signallaterne am Top des Fockmastes zu befestigen. Jetzt aber hatten sie nichts anderes zu tun, als den Anbruch des Tages abzuwarten.
Die Kleinen, welche von dem Lärmen nicht aufgewacht waren, ließen sie lieber weiterschlafen. Ihr Schrecken hätte an Bord nur Unordnung verursacht.
Immerhin wurden noch mehrere Versuche unternommen, dem »Sloughi« eine günstigere Richtung zu geben. Dieser widerstand aber jeder derartigen Bemühung und trieb mit großer Schnelligkeit immer weiter nach Osten hinaus.
Plötzlich tauchte, etwa zwei bis drei Meilen entfernt, ein Lichtschein auf. Es war ein weißes Licht oben am Maste, das unterscheidende Zeichen eines in Fahrt begriffenen Dampfers. Bald erschienen auch seine beiden Positionslichter, das rote wie das grüne, und da beide gleichzeitig sichtbar blieben, bewies das, dass der Dampfer in gerader Richtung auf den Schoner zusteuerte.
Vergeblich ließen die Knaben laute Hilferufe ertönen. Das Klatschen und Schlagen der Wellen, das Zischen des Dampfes, der durch die Abflussrohre des Steamers ausströmte und der noch weiter aufgefrischte Wind — alles traf zusammen, ihre Stimme ungehört verhallen zu lassen.
Doch wenn sie die Rufe nicht hörten, mussten die wachhabenden Matrosen des anderen Schiffes nicht wenigstens das Signallicht des »Sloughi« erkennen? Das war die letzte Hoffnung.
Unglücklicherweise war durch eine heftige Schlingerbewegung die Leine desselben zerrissen, die Laterne dabei ins Meer gefallen und nichts verriet jetzt mehr die Gegenwart der »Sloughi«, auf den der Dampfer mit einer Schnelligkeit von zwölf Knoten in der Stunde zujagte.
Nach wenigen Sekunden wurde die Yacht angerannt und wäre ohne Zweifel versenkt worden, wenn der Stoß sie rechtwinkelig traf. So betraf die Kollision aber nur den Achter derselben und zerstörte die Planke3 mit dem Namen, ohne den Schiffsrumpf zu beschädigen.
Der Stoß war überhaupt ein so schwacher gewesen, dass der Dampfer den »Sloughi« einfach, trotz drohenden Sturmes, sich selbst überließ und seine Fahrt ruhig fortsetzte.
Sehr