»Wenn nur ein Teil dieser Konserven nicht schon verdorben ist!« bemerkte Baxter. »Ist nach unserer Strandung das Meerwasser in den Schiffsrumpf eingedrungen …?«
»Das werden wir sehen, wenn wir die Kisten öffnen, die uns beschädigt erscheinen«, antwortete Gordon. »Wenn man den Inhalt derselben noch einmal aufkochte, könnte man ihn doch vielleicht verwenden.«
»Das soll meine Sorge sein«, ließ sich Moko vernehmen.
»So mach dich recht bald daran«, empfahl ihm Briant, »denn während der ersten Tage werden wir doch gezwungen sein, von dem Proviant des »Sloughi« zu leben.«
»Warum aber«, fiel Wilcox ein, »sollten wir nicht schon heute die Felsen absuchen, welche sich im Norden der Bai erheben, und dort essbare Vogeleier einsammeln?«
»Ja …! Ja …!« riefen Dole und Costar.
»Und warum sollten wir nicht fischen?« fügte Webb hinzu. »Sind denn nicht Angelschnüre an Bord und Fische im Meere? — Wer will mit mir angeln gehen?«
»Ich …! Ich …!« riefen die Kleinen.
»Gut, gut!« sagte Briant. »Aber es handelt sich nicht darum, nur zu spielen, und Angelschnüre erhalten von uns nur ernsthafte Fischer.«
»Beruhige dich, Briant«, versicherte Iverson, »wir werden es als eine Pflicht betrachten …«
»Schon gut, doch lass uns damit beginnen, ein Inventar von allem aufzunehmen, was unsere Yacht enthält«, sagte Gordon. »Wir dürfen nicht allein ans Essen und Trinken denken.«
»Wir könnten einstweilen Schalentiere zum Frühstück einsammeln«, bemerkte Service.
»Nun, meinetwegen!« antwortete Gordon. »Nun auf, ihr Kleinen, drei oder vier von euch mögen gehen. Moko, du wirst sie begleiten.«
»Gewiss, Herr Gordon.«
»Und du gibst hübsch auf sie acht«, setzte Briant hinzu.
»Ängstigen Sie sich nicht!«
Der Schiffsjunge, auf den man sich verlassen konnte, ein sehr dienstwilliger, geschickter und entschlossener Bursche, versprach den jungen Schiffbrüchigen nach besten Kräften Dienste zu leisten. Er fühlte sich vorzüglich zu Briant hingezogen, der seinerseits kein Hehl aus der Teilnahme machte, die er für Moko hegte, eine Teilnahme, über welche seine angelsächsischen Gefährten ohne Zweifel gespöttelt hätten.
»Nun vorwärts also!« rief Jenkins.
»Du begleitest sie nicht, Jacques?« fragte Briant, sich an seinen Bruder wendend.
Jacques antwortete verneinend.
Jenkins, Dole, Costar und Iverson brachen also unter Führung Mokos auf und gingen am Rand der Klippen hin, welche das Meer jetzt ganz trockengelegt hatte. Vielleicht konnten sie in den Zwischenräumen der Felsblöcke eine reichliche Ernte von Schalentieren, Miesmuscheln, Taschenkrebsen oder gar Austern einheimsen, und roh oder gekocht mussten diese Schalentiere eine angenehme Zugabe zu dem Frühstück bilden. Sie sprangen lustig dahin, da sie in diesem Ausflug weniger dessen Nutzen als ein Vergnügen erkannten. Das entsprach ja ihrem Alter, und jetzt fehlte ihnen fast schon jede Erinnerung an die schweren Prüfungen, die sie ausgestanden, ebenso wie die Sorge um die drohende Zukunft.
Sobald die kleine Gesellschaft sich entfernt hatte, gingen die Großen an die Nachsuchungen an Bord der Yacht. Auf der einen Seite nahmen Doniphan, Cross, Wilcox und Webb die Durchsicht der Waffen, des Schießbedarfs, der Kleidungsstücke, Bettwäsche, Geräte und Werkzeuge des Schiffes vor; auf der anderen berechneten Briant, Garnett, Baxter und Service, was an Getränken, Wein, Ale, Brandy, Whisky und Gin, die sich in zehn bis vierzig Gallonen haltenden Fässchen im unteren Raum befanden, vorhanden war. Nach der Aufnahme eines jeden einzelnen Gegenstandes verzeichnete Gordon die Anzahl oder das Maß in sein Notizbuch. Dieses Notizbuch war übrigens schon vorher mit Aufzeichnungen, betreffend die Ausrüstung und Ladung des Schoners, angefüllt. Der methodische Amerikaner — der sich fast von Geburt an für alles verantwortlich zu fühlen schien — besaß schon ein allgemeines Inventarverzeichnis, das bei dieser Gelegenheit nur etwas berichtigt zu werden brauchte.
Zuerst stellte sich hierbei heraus, dass noch eine vollständige Serie von Segeln und Takelwerk aller Art, Leinen, Seile, Taue u. dergl. vorhanden war. Wäre die Yacht noch flott gewesen, so hätte nichts gefehlt, sie wieder in segelklaren Zustand zu setzen. Wenn diese vortreffliche Leinwand, diese neuen Taue nun zwar nicht mehr zu einer Schiffsausrüstung dienen sollten, so versprachen sie doch sehr nützlich zu werden, wenn es darauf ankam, sich häuslich einzurichten. Einige Fischereigerätschaften, Hand- und Grundangeln, sowie Schleppnetze befanden sich ebenfalls unter diesem Inventar, und diese waren höchst schätzbar, vorausgesetzt, dass es im Wasser hier reichlich Fische gab.
Was die Waffen betrifft, so hatte Gordon in sein Notizbuch folgendes eingetragen; acht Zentralfeuer-Jagdgewehre, eine weittragende Entenflinte und ein Dutzend Revolver. Der Schießbedarf bezifferte sich auf dreihundert Patronen für die Hinterladergewehre, zwei Tonnen Pulver von je fünfundzwanzig Pfund und eine große Menge Blei, Schrot und Kugeln. Diese Munition, ursprünglich bestimmt, auf den Jagdzügen verwendet zu werden, wenn der »Sloughi« an der Küste Neuseelands Aufenthalt nahm, versprach hier einem viel nützlicheren Zwecke, nämlich der Beschaffung von Nahrungsmitteln, zu dienen — wenn sie nicht gar gelegentlich zur Verteidigung in Anspruch genommen wurde. Die Pulverkammer enthielt daneben eine große Anzahl Raketen, zu Nachtsignalen bestimmt, und etwa dreißig Kartuschen und Projektile für die beiden kleinen Kanonen der Yacht, von denen Gebrauch zu machen, man hoffentlich nicht zur Abweisung eines Angriffs Eingeborener genötigt wurde.
Was die Toilettengegenstände und das Küchengerät anging, so war hiervon so viel vorhanden, dass es die Bedürfnisse der jungen Schiffbrüchigen deckte, selbst wenn deren Aufenthalt sich unerwartet verlängern sollte. Wenn ein Teil des Geschirrs bei dem Aufschlagen des »Sloughi« zerbrochen war, so war doch mehr als genug für Speisekammer und Tafel