Die bekanntesten Kinder- & Jugendbücher. Magda Trott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Magda Trott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027221226
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reinkommen und uns etwas nehmen? Wir haben doch so großen Hunger.«

      Pommerle überlegte. »Ich will euch das Brot herausbringen und ein Messer dazu.«

      »Dann bring nur auch noch ein Stück Wurst mit, trockenes Brot ist zu wenig für unseren Hunger.«

      Wieder dachte das gutherzige Kind daran, daß es der liebe Gott doch gerne sah, wenn man den Armen etwas gab. So eilte es kurz entschlossen hinein ins Haus, um für die beiden hungernden Männer etwas Eßbares zu holen. Es machte die Speisekammer auf und schaute sich um, was es wohl geben könnte. Dort standen Gläser mit eingekochtem Gelee, hier eine Schüssel mit Aufschnitt, daneben der Käse. Oben an der Decke hing ein großer Schinken, und auch sonst standen noch vielerlei Vorräte auf den Brettern umher.

      Die beiden Wanderburschen waren leise dem Kinde nachgekommen. Jetzt standen auch sie in der geöffneten Speisekammertür und schauten sich mit begehrlichen Augen um. Ganz besonders der Schinken lockte sie.

      »Wir haben lange keinen Schinken gegessen,« sagte der eine.

      Erschrocken drehte sich Pommerle um. Es hatte nicht gemerkt, daß die beiden Männer hinter ihr dreingekommen waren.

      »Der hängt zu hoch,« sagte das Kind. Aber schon hatte der Wanderbursche den Schinken heruntergelangt und sagte lachend:

      »Ich darf mir doch wohl ein Stück abschneiden?«

      Der zweite hatte die Küchenbank unter dem Tisch hervorgeholt, an den Küchentisch gestellt, und nun rief er seinem Begleiter zu:

      »Bring her, was du gefunden hast. Kleines Fräulein, wir sind sehr müde und dürfen doch hier etwas ausruhen?«

      »Freilich!«

      »Hat die kleine Dame nicht etwas zu trinken?« fragte der andere. Er schnitt jetzt bereits die dritte dicke Scheibe von dem köstlichen Schinken ab.

      »Nein, aber der Onkel hat in seinem Arbeitszimmer einen Schrank mit allerlei Flaschen.«

      »Da wollen wir doch mal nachsehen.«

      Pommerle schüttelte den Kopf. »Nein,« sagte die Kleine energisch, »dort dürft ihr nicht hinein.«

      »Hast du nicht 'ne Zigarre?«

      »Ich habe keine, der Onkel hat welche.«

      »Kannst du uns keine geben?«

      »Das kann ich nicht, der Onkel hat alles zugeschlossen.«

      »Wir könnten doch aufschließen, kleines Fräulein.«

      »Das geht nicht.«

      »Aber wir haben doch solchen Hunger auch auf eine Zigarre, wir kommen so weit her. Wir sind schon um die halbe Erde gelaufen.«

      Das Kind horchte auf. »Wart ihr auch an der See?«

      »Freilich!«

      »Ich bin nämlich auch von der See. – Ich bin aus Pommern. Waret ihr auch in Pommern?«

      »Natürlich, wir waren auch schon in Pommern.«

      Die Kleine wurde immer neugieriger.

      »Waret ihr auch in Neuendorf? Habt ihr unser Haus gesehen?«

      »Du bist wohl aus Neuendorf?«

      »Ja.«

      »Nu sieh mal an, –«

      Die beiden Männer zwinkerten sich zu. Sie kannten zwar den Ort, von dem das Kind sprach, nicht, hofften aber, daß sie noch mehr von dem Kinde bekommen würden, und so begannen die beiden verschlagenen Burschen zu lügen.

      »Natürlich, wir waren lange in Neuendorf. – Wie heißt du denn?«

      »Hanna Ströde.«

      »Nu sieh doch mal an, da ist wohl der Herr Ströde, den ich kenne, dein Vater?«

      Das kleine Mädchen senkte traurig den Kopf. Es hatte endlich von der Tante die Belehrung annehmen müssen, daß der Vater nicht wiederkam, daß er in der Ostsee ertrunken war und im Himmel weilte.

      »Der Vater ist ertrunken,« erwiderte es traurig.

      »Richtig,« meinte der Wandersmann, »aber ich habe ihn gekannt. Ich soll auch jetzt wieder nach Neuendorf zurückkommen. Sollte dir Grüße bestellen. – Soll ich auch von dir grüßen?«

      Pommerle zitterte vor Erregung. »Ja, grüße den Otto Jäger und die Trude Götsch und die Elli Bauer. – Wann gehst du denn wieder hin?«

      Der Mann schaute auf seine Stiefel.

      »Ich würde gleich morgen hingehen, aber ich habe keine Stiefel. Wenn ich neue hätte, ginge ich schon zurück. Dann käme ich bald wieder und würde dir von der Trude und dem Otto viel erzählen.«

      »Ich habe zwei Mark, die will ich dir geben.«

      »Ist recht, kleines Mädchen, ich werde auch in Neuendorf viel von dir erzählen. Aber leider langt das nicht für Stiefel. Hast du nicht noch etwas in deiner Sparbüchse?«

      »Die hat die Tante, aber der Jule hat noch einen Taler.«

      »Hast du vielleicht ein paar Stiefel?«

      »Der Onkel hat viele Stiefel. Wartet, bis die Tante zurückkommt, dann schenkt sie euch ein Paar.«

      »Es wäre uns lieber, wenn wir nicht so lange warten brauchten. Wir möchten recht bald noch Pommern.«

      Der Schinken wurde kleiner und immer kleiner. Die beiden Männer verschmähten das Brot und aßen frisch darauflos Schinken und Wurst, die sie sich eigenmächtig aus der Vorratskammer geholt hatten. Gerade erhob sich der eine der Männer wieder, um auch noch die Schüssel mit dem Aufschnitt zu holen. Da kehrte das Hausmädchen zurück. Es schrie entsetzt auf, als es die beiden Männer so gemächlich schmausend in der Küche sitzen sah.

      »Alle guten Geister, – – Einbrecher, – – Hilfe! Machen Sie, daß Sie hinauskommen!«

      Die Kleine eilte auf das Mädchen zu. »Du, sei still, die kommen von der Ostsee. Sie kennen die Trude und die Elli Bauer und den Otto Jäger!«

      »Der Schinken – – die Wurst! Nein, ist so etwas überhaupt schon vorgekommen? Nun aber marsch hinaus!«

      »Aber, gnädige Frau, Sie werden doch mit hungernden Männern Mitleid haben?«

      Der andere hatte sich bereits zur Tür hingeschlichen, griff jetzt noch hastig nach dem Schinken, um ihn mitzunehmen. Mit zornigem Blick sprang Anna auf ihn zu und riß ihm den Schinken aus der Hand.

      »Auch noch stehlen wollt ihr, ihr Landstreicher? Jetzt schnell hinaus, oder ich rufe die Nachbarschaft herbei!«

      Pommerle war sprachlos. Die Tante hatte doch immer gesagt, man solle den Hungernden etwas geben, und nun machte Anna solchen Lärm und jagte die armen Männer davon.

      »Ich hole sofort die Polizei. – Halt, die Wurst bleibt hier! Herrje – – wo ist denn der Schinken hin?«

      Der zweite der Männer hatte inzwischen wieder nach dem Schinken gegriffen und damit das Weite gesucht. Er war durch den Garten geeilt und lief nun mit der kostbaren Habe die Straße entlang. Das Hausmädchen wollte hinter ihm her eilen, aber erst mußte der zweite Mann aus dem Hause.

      »Hinaus, sage ich!«

      Da hielt es der andere auch für das beste, das Weite zu suchen. Leider war es ihm nicht gelungen, die Wurst mitzunehmen. Aber er hatte sich ja heute recht gründlich sattgegessen.

      »Aber, Pommerle, wie kannst du denn diese Strolche ins Haus lassen?«

      »Sie hatten doch Hunger.«

      »Der schöne Schinken! – Ach, du meine Güte, was wird nur die Frau Professor dazu sagen!«

      »Denke doch mal, sie waren an der See!«

      »Schwindler sind's. Das sind zwei Vagabunden, die nicht arbeiten wollen, die in jedes Haus betteln gehen. So etwas darfst du