Die bekanntesten Kinder- & Jugendbücher. Magda Trott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Magda Trott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027221226
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ich ungezogen war, – ich schenke es Ihnen, weil Sie sich so sehr geängstigt haben. Ich hab's – – ich hab's mir sauer verdient, aber ich gebe es Ihnen gerne.«

      »Behalte dein Geld, mein Kind, aber versprich mir jetzt fest, daß du unser Pommerle nicht wieder zu solchen Streichen veranlassen wirst. Ein Kind darf nicht davonlaufen, sonst bestraft es der liebe Gott.«

      »Und der Rübezahl!« ergänzte der Knabe. Er dachte an den Schreck, den er beim Auftauchen des Rehbockes bekommen hatte.

      Darauf ließ sich Frau Bender ausführlich erzählen, was der Knabe den ganzen Tag über gemacht hatte. Zerknirscht berichtete Jule alles, aber plötzlich hielt er inne.

      »Mir tut der Kopf so weh,« sagte er, »und vor den Augen fängt es an zu wackeln.«

      »Hast du denn heute schon etwas gegessen, Kind?«

      »Nein.«

      »Ich bringe dich jetzt zu Bett. Ausnahmsweise darfst du heute einmal im Bett frühstücken. Zunächst schläfst du, und wenn das Pommerle gekommen ist, wecke ich dich.«

      So wurde Jule von Frau Bender zu Bett gebracht. Er erhielt ein reichliches Frühstück, dann sank der Knabe erschöpft in tiefen Schlaf.

      Zwei Stunden später fuhr vor dem Hotel ein Wagen vor, dem Professor Bender entstieg. Er trug das kleine Mädchen auf den Armen die Treppe empor. Pommerles Augen waren matt und glanzlos, aber es lächelte glückselig, als es die Tante wiedersah.

      »Bist mir nicht mehr böse, liebe Tante?«

      »Nein, mein geliebtes Pommerle, aber nun bringe ich dich auch zu Bett.«

      »Es wird nötig sein,« sagte der Professor leise, »ich fürchte, die Kleine wird krank.«

      Darauf berichtete Frau Bender, daß auch Jule zurückgekommen sei, aber man weckte den Knaben nicht, weil man erkannte, daß beide Kinder langen Schlaf dringend nötig hatten.

      Rübezahl rächt sich

       Inhaltsverzeichnis

      Während die beiden Kinder sanft schliefen, saßen Professor Bender und seine Frau im Nebenzimmer und besprachen die Ereignisse.

      »Der Jule ist an allem schuld,« sagte der Professor. »Er soll gehörige Strafe haben, aber auch unserem Pommerle müssen wir ein für allemal einschärfen, daß es nicht ohne Erlaubnis fortlaufen darf. Wieviel Kummer und Sorgen haben wir gehabt!«

      »Strafe den Knaben nicht zu hart, lieber Mann,« sagte Frau Bender, »du hättest ihn sehen sollen, wie er ankam. Er hat herzbrechend geweint und war in größter Angst. Ueber das ganze Gebirge ist er gelaufen, um Pommerle zu suchen.«

      »Wie kann der Bengel unser Kind allein lassen? Wie kann er überhaupt die Kleine zu solch einem weiten Matsch verführen? Nein, Strafe muß sein!«

      »Laß ihn wenigstens erst gründlich ausschlafen.«

      »Das wohl, dann aber geht es zurück nach Hirschberg. Ich hatte die Absicht, noch zwei Tage hier zu bleiben, um den Kindern noch mehr Schönheiten des Gebirges zu zeigen. Da sie beide unfolgsam waren, fahren wir heim, noch heute. Und Jule bekommt noch seine Extrastrafe.«

      Frau Bender erwiderte nichts darauf, denn auch sie sah ein, daß der Knabe Strafe verdient hatte. Jule, der das Gebirge genau kannte, hätte wissen müssen, daß zwei Kinder nicht so rasch bis zur Koppe hinaufkamen, außerdem mußte er sich denken, daß Pommerles Pflegeeltern in Angst und Sorgen sein mußten, wenn sich die Kinder für Stunden entfernten. Pommerle wäre gewiß auch nicht mitgegangen, wenn es gewußt hätte, daß die Wanderung hinauf zur Koppe einen vollen Tag in Anspruch nahm. Ganz unverantwortlich aber war es von Jule gewesen, daß er, um sich Geld zu verdienen, auf halbem Wege kehrt gemacht und das Kind allein weitergeschickt hatte.

      Die beiden Kinder schliefen bis mittags. Jule war der erste, der erwachte. Als er sich alles nochmals überlegte, wurde ihm das Herz recht schwer. Was würde der Professor dazu sagen? Er begriff selbst nicht, wie er Pommerle ganz allein hatte weitergehen lassen.

      Sehr langsam kleidete er sich an, dann horchte er an der Zimmertür. Er verspürte rasenden Hunger, wagte aber nicht, hinunter in den Speisesaal zu gehen, obgleich er feststellte, daß die Mittagszeit herangekommen sei.

      Ein Klingelknopf befand sich an der Wand. Daneben stand: einmal drücken dem Hausdiener, zweimal drücken dem Stubenmädchen, dreimal drücken dem Kellner. Jule ging mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den Knopf zu. Er hatte fürchterlichen Hunger. Sollte er den Kellner heraufklingeln und ihn um Kartoffeln und Hering bitten?

      Jetzt stand er unmittelbar vor dem Knopf der Klingel und überlegte lange. Würde sich ein so fein gekleideter Herr von Jule mit den zerrissenen Hosen überhaupt herbeiklingeln lassen? Mit den zerrissenen Hosen durfte er sich dort unten überhaupt nicht zeigen. Die mußte erst repariert werden. – Aber wie? Mit Stecknadeln konnte er den Riß doch unmöglich zusammenstecken.

      Jule suchte im Zimmer umher, fand aber in dem Hotelzimmer nichts weiter als einige Stecknadeln, die die Gardinen zusammenhielten. So entschloß er sich, den Riß mit den vier vorhandenen Nadeln zusammenzuhalten.

      Die Arbeit war bald getan. Jule drehte sich vor dem Spiegel hin und her und fand, daß er wieder sehr fein aussähe.

      Wenn nur der gewaltige Hunger nicht gewesen wäre! Ob er doch in den Speisesaal hinabging? Aber dort wartete der Professor sicherlich auf ihn und würde ihn vor allen den vielen Menschen durchhauen, und das war ihm unangenehm. Wenn er schon Prügel bekommen sollte, war das doch besser, es geschah hier oben im Zimmer ohne Zuschauer.

      Leise klopfte Jule mit dem Finger an die Tür, die zum Nebenzimmer führte.

      »Komm nur herein!« ertönte die Stimme des Professors.

      Jule war es, als fingen ihm die Knie an zu zittern. Dann betrat er furchtsam und sehr langsam das Zimmer. An der Tür blieb er stehen.

      Der Professor schaute den Eintretenden durch seine Brillengläser strafend an.

      »Komm näher!«

      Jule legte beide Hände an die Wangen, weil er fürchtete, daß er jetzt etwas abbekommen werde.

      »Schämst du dich gar nicht, uns solchen Kummer zu bereiten? Wer hat dir erlaubt, solch einen weiten Spaziergang zu machen?«

      Jule blickte schuldbewußt zu Boden.

      »Du bist jetzt fast fünfzehn Jahre alt, daher groß genug, um auf ein achtjähriges Mädchen aufpassen zu können. Statt dessen führst du das Kind tief hinein ins Gebirge, läßt es dann stehen und läufst davon.«

      »Ich habe doch zwei Damen die Rucksäcke getragen.«

      »Du hast das Pommerle mitgenommen und hattest es daher nicht zu verlassen. Das kleine Ding hätte im Gebirge umkommen können, und du wärst dann schuld daran. – Pfui, Jule, ich hatte immer geglaubt, daß du bei all deinen Ungezogenheiten wenigstens ein zuverlässiger Knabe bist. Jetzt aber weiß ich, daß du auf unser Pommerle keinen guten Einfluß hast.«

      »Sie wollte doch so gerne auf die Schneekoppe hinaufgehen.«

      »Das Kind hatte keine Ahnung, wie weit das ist, du aber wußtest es. So hättest du davon abraten müssen. Wir wollten mit euch hinauf zur Koppe gehen. Weil ihr uns aber so großen Kummer gemacht habt, fahren wir heute noch nach Hirschberg zurück.«

      »Ich werde Ihnen morgen keinen Kummer mehr machen, Herr Professor.«

      »Weil du so weit fortgelaufen bist, geht es jetzt zur Strafe heim.

      Und dann – – ich hatte die Absicht, dich im Sommer mit an die See zu nehmen.«

      »Hurra!« schrie Jule auf.

      »Daraus wird jetzt nichts. Wir reisen im Sommer, und du bleibst hier. Ich müßte ja jeden neuen Tag Angst haben, daß du mit Pommerle wieder davonläufst.«