Reisebilder. Erster Teil. Heinrich Heine. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heinrich Heine
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9788726539356
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keine Eil.

      Du hast ja noch die ganze Nacht,

      du Herzallerliebste mein!

      Man kann in solch einer ganzen Nacht

      viel küssen und selig sein.

      71 Und bist du erst mein ehlich Weib,

      dann bist du zu beneiden,

      dann lebst du in lauter Zeitvertreib,

      in lauter Pläsier und Freuden.

      Und wenn du schiltst und wenn du tobst,

      ich werd es geduldig leiden;

      doch wenn du meine Verse nicht lobst,

      lass ich mich von dir scheiden.

      72 Als sie mich umschlang mit zärtlichem Pressen,

      da ist meine Seele gen Himmel geflogen!

      Ich liess sie fliegen, und hab unterdessen

      den Nektar von ihren Lippen gesogen.

      In den Küssen welche Lüge!

      Welche Wonne in dem Schein!

      Ach, wie süss ist das Betrügen,

      süsser als Betrogensein!

      Liebchen, wie du dich auch wehrest,

      weiss ich doch, was du erlaubst:

      Glauben will ich, was du schwörest,

      schwören will ich, was du glaubst.

      73 Auf deinen schneeweissen Busen

      hab ich mein Haupt gelehnt,

      und heimlich kann ich behorchen,

      was dir dein Herz bewegt.

      Es blasen die blauen Husaren,

      und reiten zum Tor herein,

      und morgen will mich verlassen

      die Herzallerliebste mein.

      Und willst du mich morgen verlassen,

      so bist du doch heute noch mein,

      und in deinen schönen Armen

      will ich doppelt selig sein.

      74 Es blasen die blauen Husaren,

      und reiten zum Tor hinaus;

      da komm ich, Geliebte, und bringe

      dir einen Rosenstrauss.

      Das war eine wilde Wirtschaft!

      Viel Volk und Kriegesplag!

      Sogar in deinem Herzchen

      viel Einquartierung lag.

      75 Habe auch, in jungen Jahren,

      manches bittre Leid erfahren

      von der Liebe Glut.

      Doch das Holz ist gar zu teuer,

      und erlöschen will das Feuer,

      Ma foi! und das ist gut.

      Das bedenke, junge Schöne,

      schicke fort die dumme Träne,

      und den dummen Liebesharm.

      Ist das Leben dir geblieben,

      so vergiss das alte Lieben,

      Ma foi! in meinem Arm.

      76 Himmlisch wars, wenn ich bezwang

      meine sündige Begier,

      aber wenns mir nicht gelang,

      hatt ich doch ein gross Pläsier.

      77 Blamier mich nicht, mein schönes Kind,

      und grüss mich nicht unter den Linden;

      wenn wir nachher zu Hause sind,

      wird sich schon alles finden.

      78 Selten habt ihr mich verstanden,

      selten auch verstand ich euch,

      nur wenn wir im Kot uns fanden,

      so verstanden wir uns gleich.

      79 Doch die Kastraten klagten,

      als ich meine Stimm erhob;

      sie klagten und sie sagten:

      Ich sänge viel zu grob.

      Und lieblich erhoben sie alle

      die kleinen Stimmelein,

      die Trillerchen, wie Kristalle,

      sie klangen so fein und rein.

      Sie sangen von Liebessehnen,

      von Lieb und Liebeserguss;

      die Damen schwammen in Tränen,

      bei solchem Kunstgenuss.

      80 Auf den Wällen Salamancas

      sind die Lüfte lind und labend;

      dort, mit meiner holden Donna,

      wandle ich am Sommerabend.

      Um den schlanken Leib der Schönen

      hab ich meinen Arm gebogen,

      und mit selgem Finger fühl ich

      ihres Busens stolzes Wogen.

      Doch ein ängstliches Geflüster

      zieht sich durch die Lindenbäume,

      und der dunkle Mühlbach unten

      murmelt böse, bange Träume.

      „Ach Señora, Ahnung sagt mir:

      Einst wird man mich relegieren,

      und auf Salamancas Wällen

      gehn wir nimmermehr spazieren.“

      81 Kaum sahen wir uns, und an Augen und Stimme

      merkt ich, dass du mir gewogen bist;

      stand nicht dabei die Mutter, die schlimme,

      ich glaube, wir hätten uns gleich geküsst.

      Und morgen verlasse ich wieder das Städtchen,

      und eile fort im alten Lauf;

      dann lauert am Fenster mein blondes Mädchen,

      und freundliche Grüsse werf ich hinauf.

      82 Über die Berge steigt schon die Sonne,

      die Lämmerherde läutet fern;

      mein Liebchen, mein Lamm, meine Sonne und Wonne,

      noch einmal säh ich dich gar zu gern!

      Ich schaue hinauf, mit spähender Miene —

      leb wohl, mein Kind, ich wandre von hier!

      Vergebens! Es regt sich keine Gardine; —

      sie liegt noch und schläft, und träumt von mir.

      83 Zu Halle auf dem Markt,

      da stehn zwei grosse Löwen.

      Ei, du hallischer Löwentrotz,

      wie hat man dich gezähmet!

      Zu Halle auf dem Markt,

      da steht ein grosser Riese.

      Er hat ein Schwert und regt sich nicht,

      er ist vor Schreck versteinert.

      Zu Halle auf dem Markt,

      da steht eine grosse Kirche.

      Die Burschenschaft und die Landsmannschaft,

      die haben dort Platz zum Beten.

      84 Schöne, wirtschaftliche