Reisebilder. Erster Teil. Heinrich Heine. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heinrich Heine
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9788726539356
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      fuhren stolz hinab den Rhein,

      und die sommergrünen Ufer

      glühn im Abendsonnenschein.

      Sinnend sass ich zu den Füssen

      einer Dame, schön und hold;

      in ihr liebes, bleiches Antlitz

      spielt das rote Sonnengold.

      Lauten klangen, Buben sangen,

      wunderbare Fröhlichkeit!

      Und der Himmel wurde blauer,

      und die Seele wurde weit.

      Märchenhaft vorüberzogen

      Berg und Burgen, Wald und Au;

      und das alles sah ich glänzen

      in dem Aug der schönen Frau.

      41 Im Traum sah ich die Geliebte,

      ein banges, bekümmertes Weib,

      verwelkt und abgefallen

      der sonst so blühende Leib.

      Ein Kind trug sie auf dem Arme,

      ein andres führt sie an der Hand,

      und sichtbar ist Armut und Trübsal

      am Gang und Blick und Gewand.

      Sie schwankte über den Marktplatz,

      und da begegnet sie mir,

      und sieht mich an, und ruhig

      und schmerzlich sag ich zu ihr:

      Komm mit nach meinem Hause,

      denn du bist blass und krank;

      ich will durch Fleiss und Arbeit

      dir schaffen Speis und Trank.

      Ich will auch pflegen und warten

      die Kinder, die bei dir sind,

      vor Allem aber sich selber,

      du armes, unglückliches Kind.

      Ich will dir nie erzählen,

      dass ich dich geliebet hab,

      und wenn du stirbst, so will ich

      weinen auf deinem Grab.

      42 „Teurer Freund! Was soll es nützen,

      stets das alte Lied zu leiern?

      Willst du ewig brütend sitzen

      auf den alten Liebes-Eiern!

      „Ach! Das ist ein ewig Gattern,

      aus den Schalen kriechen Küchlein,

      und sie piepsen und sie flattern,

      und du sperrst sie in ein Büchlein.“

      43 Werdet nur nicht ungeduldig,

      wenn von alten Schmerzensklängen

      manche noch vernehmlich klingen

      in den neuesten Gesängen.

      Wartet nur, es wird verhallen

      dieses Echo meiner Schmerzen,

      und ein neuer Liederfrühling

      spriesst aus dem geheilten Herzen.

      44 Nun ist es Zeit, dass ich mit Verstand

      mich aller Torheit entledge;

      ich hab so lang als ein Komödiant

      mit dir gespielt die Komödie.

      Die prächtgen Kulissen, sie waren bemalt

      im hochromantischen Stile,

      mein Rittermantel hat goldig gestrahlt,

      ich fühlte die feinsten Gefühle.

      Und nun ich mich gar säuberlich

      des tollen Tands entledge,

      noch immer elend fühl ich mich,

      als spielt ich noch immer Komödie.

      Ach Gott! im Scherz und unbewusst

      sprach ich, was ich gefühlet;

      ich hab mit dem eignen Tod in der Brust

      den sterbenden Fechter gespielet.

      45 Den König Wiswamitra,

      den treibts ohne Rast und Ruh,

      er will durch Kampf und Büssung

      erwerben Wasischtas Kuh.

      Oh, König Wiswamitra,

      oh, welch ein Ochs bist du,

      dass du so viel kämpfest und büssest,

      und alles für eine Kuh!

      46 Herz, mein Herz, sei nicht beklommen,

      und ertrage dein Geschick.

      Neuer Frühling gibt zurück,

      was der Winter dir genommen.

      Und wie viel ist dir geblieben,

      und wie schön ist noch die Welt!

      Und, mein Herz, was dir gefällt,

      Alles, Alles darfst du lieben!

      47 Du bist wie eine Blume

      so hold und schön und rein;

      ich schau dich an, und Wehmut

      schleicht mir ins Herz hinein.

      Mir ist, als ob ich die Hände

      aufs Haupt dir legen sollt,

      betend, dass Gott dich erhalte

      so rein und schön und hold.

      48 Kind! es wäre dein Verderben,

      und ich geb mir selber Mühe,

      dass dein liebes Herz in Liebe

      nimmermehr für mich erglühe.

      Nur dass mirs so leicht gelinget,

      will mich dennoch fast betrüben,

      und ich denke manchmal dennoch:

      Möchtest du mich dennoch lieben!

      49 Wenn ich auf dem Lager liege,

      in Nacht und Kissen gehüllt,

      so schwebt mir vor ein süsses,

      anmutig liebes Bild.

      Wenn mir der stille Schlummer

      geschlossen die Augen kaum,

      so schleicht das Bild sich leise

      hinein in meinen Traum.

      Doch mit dem Traum des Morgens

      zerrinnt es nimmermehr;

      dann trag ich es im Herzen

      den ganzen Tag umher.

      50 Mädchen mit dem roten Mündchen,

      mit den Äuglein süss und klar,

      du mein liebes, kleines Mädchen,

      deiner denk ich immerdar.

      Lang ist heut der Winterabend,

      und ich möchte bei dir sein,

      bei dir sitzen, mit dir schwatzen

      im vertrauten Kämmerlein.

      An die Lippen wollt ich pressen

      deine kleine, weisse Hand,

      und mit Tränen sie benetzen,

      deine kleine, weisse Hand.

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